Hatten die Stadträte der Linksfraktion da nur einen falschen Eindruck? Oder stimmen die Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung nicht? Jedenfalls scheint das Gefühl, dass die Wartezimmer in Leipzig immer voller werden, zu trügen. Jedenfalls klingt die Antwort so, die die Linksfraktion jetzt auf ihre Anfrage im Stadtrat bekommen hat.

Die Fragestellung jedenfalls klang dramatisch: „Zunehmend volle Wartezimmer bei den Haus- und Fachärzten, lange Wartezeiten auf einen Facharzttermin sind Anzeichen dafür, dass die medizinischen Versorgungsstrukturen an ihre Belastungsgrenze stoßen. Verschärfend kommt hinzu, dass nach Aussage eines Gutachtens, welches die Sächsische Staatsregierung in Auftrag gegeben hat, bis zu 75 % der Hausärzte 50 Jahre oder älter sind und bis 2030 in Rente gehen. Die wachsende Leipziger Bevölkerung ist ebenfalls ein Tatbestand, der in diesem Zusammenhang zu beachten ist. Wie schätzen Sie die wohnortnahe medizinische Versorgungslage in Leipzig ein?“

Dazu hat das Sozialdezernat jetzt Stellung genommen und ganz und gar keine eigene Feststellung getroffen. Denn für die Ärzteausstattung im Land ist die Kassenärztliche Vereinigung zuständig. Was das Dezernat auch betont: „Die Sicherstellung einer flächendeckenden und ausreichenden ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ist Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen und erfolgt durch das gesetzlich vorgegebene Instrument der Bedarfsplanung. Grundlage hierfür ist die vom Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen erlassene Bedarfsplanungs-Richtlinie, die bundesweit Gültigkeit besitzt.“

Und gerade für die Großstadt Leipzig scheint alles in bester Ordnung zu sein.

„Im Planungsbereich ‚Leipzig, Stadt‘ besteht laut der Kassenärztlichen Vereinigung bei allen Fachgruppen ein Versorgungsgrad von mindestens 110 %. Der Versorgungsgrad in den einzelnen Arztgruppen gibt derzeit aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung kein Anlass für eine Gefährdung der medizinischen Versorgung in der Stadt Leipzig.“

Was jetzt tatsächlich als Aufgabe vor der Stadt steht, ist die Suche nach Ärzten, die auch mit der zunehmenden kulturellen Vielfalt in der Stadt umgehen können.

„In Leipzig besteht ein steigender Bedarf an Ärzten mit Fachkenntnissen im Hinblick auf kulturell beeinflusstes Gesundheits- und Krankheitserleben. Der Beigeordnete für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule der Stadt Leipzig hat sich bei der Kassenärztlichen Vereinigung dafür eingesetzt, dass im Rahmen von Nachbesetzungsverfahren vertragsärztlicher Kassensitze in der Ausschreibung besondere Versorgungsbedürfnisse benannt werden.“

Aber wie sieht das mit der drohenden Überalterung bei den Hausärzten aus, die auch die Landesregierung schon konstatiert hat?

Damit, so das Sozialdezernat, könne Leipzig sogar ganz gut fertig werden: „Das Durchschnittsalter der Hausärzte der Stadt Leipzig fällt mit 53,2 Jahre günstiger als der Bundesdurchschnitt von 55,1 Jahre aus. Der Anteil der Altersgruppe ‚59 Jahre und älter‘ liegt bei 34,4 % und ist damit auch geringer als in vielen anderen Planungsbereichen des Freistaates Sachsen. Eine Wiederbesetzung von Hausarztstellen in der Stadt Leipzig im Zuge von Nachbesetzungsverfahren konnte bislang aufgrund der ausreichenden Zahl von Interessenten nach Aussage der Kassenärztlichen Vereinigung stets gesichert werden.“

Rein zahlenmäßig ist also in Leipzig alles in bester Ordnung. Was aber, wenn der Eindruck der Linksfraktion trotzdem nicht trügt, was dann? Oder als Anfrage an die Stadtverwaltung: „Ist vorgesehen, ausgehend von einer Analyse der Versorgungssituation eine Bedarfsplanung für Leipzig zu erarbeiten?“

Aber dafür fühlt sich das Sozialdezernat nicht zuständig: „Die Bedarfsplanung wird vom Landesausschuss Ärzte und Krankenkassen durchgeführt. Dieser setzt auch die daraus resultierenden Maßnahmen um. Eine zusätzliche Bedarfsplanung ist für die Stadt Leipzig nicht vorgesehen.“

Die Antwort des Sozialdezernats in voller Länge.

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