Am Samstag, 10. September, war Weltsuizidtag. Es gab wieder die üblichen Mahnungen und die Statements der Verbände, die davor warnen, das Phänomen medial auszuschlachten. Aber nach wie vor differieren die Zahlen zu Suiziden in Deutschland. Das könnte sehr viel mit Politik und auch Armut zu tun haben, vermutet Susanne Schaper, gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag.

„Die Zahl der Selbsttötungen in Sachsen betrug (nach den Daten des Statistischen Landesamtes) 643 im Jahr 2014. Davon waren fast 75 Prozent (480) Männer. Zwar waren das 21 Suizide weniger als noch 2013, doch mit 15,9 pro 100.000 Einwohner lag die Suizidrate in Sachsen weit über dem Bundesdurchschnitt von 12,6“, stellte die Landtagsabgeordnete fest. „Damit nimmt Sachsen weiterhin einen der traurigen Spitzenplätze ein. In der Altersgruppe 35 bis 55 gab es mit 182 Selbsttötungen 24 mehr im Vergleich zum Vorjahr und somit den größten Anstieg.“

Statistiken verraten freilich nicht, aus welchen Motiven heraus Menschen gehandelt haben. Nicht mal die Mittelwahl verrät es. Und nicht einmal der Monat. 2014 stach der September heraus und man müsste wahrscheinlich tief in den meteorologischen Archiven wühlen, um herauszufinden, ob da nun das Wetter aufs Gemüt drückte. Im Jahr 2015 war es dann der August. Der Dezember übrigens, dieser Weihnachtsmonat, sorgt keineswegs für höhere Zahlen, wie manchmal kolportiert wird.

Das Alter spielt eine Rolle. Das steht fest.

„Die meisten Suizide wurden mit 223 (im Jahr 2013: 245) in der Altersgruppe 55-75 Jahren begangen“, liest Schaper aus den Zahlen. „Bei dieser Altersgruppe ist wohl die Angst vor Altersarmut oder Vereinsamung als Ursache denkbar. Insgesamt sind die Gründe für Selbsttötungen vielfältig. Meist jedoch sind psychische Erkrankungen der Grund, welche durch Leistungsdruck, Existenzängste und Stress ausgelöst oder verstärkt werden. Die Betroffenen sehen dann oft im Suizid den einzigen Ausweg.“

Und – ganz Politikerin – findet sie, dass die Regierung jetzt mehr in die Prävention investieren müsste.

„Dass die Staatsregierung etwas dagegen unternehmen will, muss sich demnach auch im Doppelhaushalt 2017/18, gerade im gemeindepsychiatrischen Dienst widerspiegeln“, fordert Schaper. „Wenn die Wartezeit für einen Ersttermin bei einem Psychotherapeuten im Jahr 2011 mit 13,9 Wochen über dem Bundesdurchschnitt von 12,5 Wochen lag, muss das Angebot zwingend ausgebaut werden. Präventions-, Früherkennungs-, Beratungs- und Behandlungsangebote müssen zudem besser vernetzt werden, um Wartezeiten bei dringenden Fällen zu verkürzen. Wer suizidgefährdet ist, braucht sofort Hilfe.“

Aber dann schaut man sich die Zahlen genauer an – jetzt mal nach der Verteilung im Land, dann fällt schon auf, dass die Suizidrate – wer hätte das gedacht – eine Menge mit Wirtschaft und Prosperität zu tun hat. Natürlich haben wir nach Leipzig geschaut und finden die Stadt mit 64 Fällen eher unauffällig unter den sächsischen Kreisen. Aber man muss ja die Zahl auf die Einwohnerzahl umrechnen. Dann ändert sich das Bild. Dann hat Leipzig – ja, genau dieses von Armut und Wachstum gleichzeitig gebeutelte Städtchen – sachsenweit mit 11,6 Fällen je 100.000 Einwohner die niedrigste Rate. Da kommt weder Dresden mit 15,0 mit, noch Chemnitz mit 16,3.

Von den Landkreisen sowieso keiner, da liegen die Werte alle über 13. Am höchsten mit 21,8 in Mittelsachsen, gefolgt von 19,4 im Vogtlandkreis und 18,8 in Zwickau.

Was dann ganz andere Vermutungen ergibt. Einerseits die, dass eine jüngere und wachsende Region auch den Alten guttut und den Mut am Leben stärkt. Andererseits auch die, dass auch die demografische Entwicklung sich in den Zahlen spiegelt. Denn so hoch sind die Werte ja im Vergleich der Landkreise vor allem aufgrund des deutlich höheren Altersdurchschnitts. Wirklich gegensteuern kann ein Land eigentlich nur, wenn es wieder deutlich mehr Regionen zu Wachstumsregionen macht. Eine echte Herausforderung. Breitbandausbau ist dabei wahrscheinlich nicht die richtige Antwort.

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