LeserclubDa musste auch Leipzigs Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) zumindest nicht lange nachdenken, als die Linksfraktion anfragte, ob die Stadt Leipzig selbst es vielleicht hinbekommt, eine Gesundheitskarte für Asylbewerber auszuhandeln. Denn auf Landesebene klemmt das ja bekanntlich, wie die Grünen-Angeordnete Petra Zais im Dezember feststellen musste.

Diskutiert wird schon eine Weile. Vor allem, weil die Asylbewerber zumeist behandelt werden wie Menschen 2. und 3. Klasse. Eine Gesundheitskarte würde ihnen endlich auch den barrierefreien Zugang zu ganz normalen Behandlungen ermöglichen. Aber die sächsische Staatsregierung hat noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob auch im Freistaat Sachsen Gesundheitskarten für Asylbewerberinnen und Asylbewerber eingeführt werden. Das teilte Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) auf eine Mündliche Anfrage der Landtagsabgeordneten Petra Zais in der Landtagssitzung am 18. Dezember mit.

Aber auch zwischen Bund und Ländern bewegt sich nichts. Obwohl es in den Bundesländern Bremen und Hamburg schon funktionierende Vorbilder gibt.

“Die Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden muss verbessert werden. Das derzeitige Verfahren, das vor dem Arztbesuch die Abholung eines Krankenscheins beim Sozialamt voraussetzt, ist sowohl diskriminierend als auch bürokratisch. In ländlichen Regionen bedeutet dies oftmals, dass Asylsuchende von einer zeitlich angemessenen Gesundheitsversorgung ausgeschlossen sind. Medizinische Versorgung ist aber ein Menschenrecht und keine Ware”, beschrieb Zais im Januar die Umständlichkeit des jetzigen Verfahrens, das für die Betroffenen einfach keinen Sinn macht und nur den bürokratischen Aufwand steigen lässt. “CDU und SPD dürfen sich den guten Erfahrungen, die in Bremen und Hamburg gemacht worden sind, nicht verschließen. Die Einführung der Gesundheitskarte wäre nicht nur Ausdruck einer humanen Flüchtlingspolitik. Sie ist sogar billiger.”

In Hamburg wurden 2014 Kosten für 14 Sachbearbeiter eingespart. Die Behandlungskosten der Asylbewerberinnen und Asylbewerber verbleiben weiterhin beim Staat.

Aber Sachsens Regierung mauert weiter

Auch bei diesem Thema der eh schon zusammengeschusterten Asylpolitik. Also stellte die Leipziger Linksfraktion den Antrag, das Thema jetzt einfach mal für Leipzig zu klären.

“Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, ob und auf welche Art und Weise die Stadt Leipzig auf vertraglicher Ebene mit einer Krankenkasse die Übernahme der Krankenbehandlung von Leistungsberechtigten nach den §§ 1, 1a des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) durch die Ausgabe von Versichertenkarten gewährleisten kann”, lautete ihr Antrag.

Und auch hierbei können die Stadtstaaten Bremen und Hamburg als Vorbild dienen.

“Seit 2005 erhalten Asylsuchende mit Anspruch auf Leistungen nach § 4 AsylbLG (oder hilfsweise § 6 AsylbLG) in Bremen eine Krankenversicherungschipkarte (der AOK, sog. „Bremer Modell”). Dieses Modell hat auch Hamburg seit dem 1. Juli 2012 übernommen. Die Stadt Rostock hat die Einführung der Chipkarte im Jahr 2013 ebenfalls beschlossen. Die Prüfung des hiesigen Rechtsamtes hat die Machbarkeit dieses Modells auf kommunaler Ebene bestätigt”, heißt es in der Begründung der Linksfraktion. “Auch in Leipzig wäre die Einführung von auf die Gültigkeit des Aufenthaltstitels befristeten Krankenversicherungskarten für Asylsuchende sinnvoll. Damit könnten die Kosten und der Verwaltungsaufwand für Sozialbehörden, Ärztinnen und Ärzte erheblich gesenkt werden. Grundlage dafür wäre ein Vertrag entsprechend § 264, Abs. 1 SGB V. Da Bremen und Hamburg mit der AOK Bremen/Bremerhaven bereits entsprechende Vereinbarungen getroffen haben und praktizieren, und Rostock sich in der Umsetzungsphase befindet, wäre dort das entsprechende Know-How bereits vorhanden. Asylsuchende erhielten dadurch eine schnellere medizinische Behandlung. Der Mehraufwand sowie zusätzliche Kosten durch Fahrten zum Sozialamt könnten erheblich gesenkt werden. Insgesamt würde die medizinische Versorgung von Asylsuchenden erleichtert werden.”

Und quasi als verbales Bonbon noch hinterher: “Die Einführung von Krankenversicherungskarten für Asylsuchende brächte für alle beteiligten Akteure (Asylsuchende, Mediziner, Verwaltungsmitarbeiter) Vorteile.”

Das las sich Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) durch. Und machte sein Kreuz einfach bei “Zustimmung”.

So weit so gut. Im Detail aber kam dann doch das übliche Zögern zum Tragen.

Und so erläutert der Sozialbürgermeister seine verbale – aber eben doch nicht faktische – Zustimmung so: “Derzeit wird in der medizinischen Versorgung von Leistungsbeziehern nach dem Asylbewerberleistungsgesetz unterschieden zwischen Personen, die leistungsberechtigt nach § 2 bzw. § 3 sind. Personen, die leistungsberechtigt nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz sind und Leistungen analog Sozialgesetzbuch XII erhalten, sind krankenversichert. Personen mit einem Leistungsanspruch nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz haben nur einen Anspruch auf Akut- und Schmerzbehandlung sowie auf Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt. Sie sind bislang nicht krankenversichert.”

Das wissen mittlerweile alle. Grüne und Linke sehen darin genug Gründe, den Asylberechtigten endlich auch eine Gesundheitskarte in die Hand zu geben, damit sie nicht erst die ganze Bürokratie ablaufen müssen, um zum Arzt gehen zu dürfen.

Aber Leipzig wäre nicht Leipzig, wenn es jetzt nicht geduldig warten würde, bis sich die Verantwortlichen in Dresden vielleicht mal irgendwann ausgemärt haben. Und so nimmt der letzte Satz den ganzen Zunder aus der Zustimmung: “Es gibt Bestrebungen des Freistaates Sachsen, eine Versicherungslösung für Leistungsberechtigte nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz zu finden. Die Stadt Leipzig wird sich intensiv an diesen Diskussionen beteiligen und eine entsprechende Umsetzung prüfen”.

Vielleicht stimmen ja CDU und SPD dem von den Grünen vorgelegten Antrag zur Einführung einer Gesundheitskarte für Asylbewerber in Sachsen einfach zu. Das würde den Prozess wahrscheinlich deutlich beschleunigen.

Der Antrag der Grünen zur Einführung einer Gesundheitskarte für Asylbewerber in Sachsen als pdf zum Download.

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