Der neue sächsische Landtag hat sich noch nicht formiert. Aber die ersten Neuen im Parlament zeigen schon einmal, wo sie mit der bisher gepflegten Landespolitik gar nicht einverstanden sind. Zum Beispiel mit dem rücksichtslosen Versuch, die Überalterung des Landes auf die Arbeit prekär bezahlter Pflegekräfte abzuwälzen.

“Die Gesundheitsausgaben steigen in Sachsen seit 2008 schneller als im Bundesdurchschnitt, ihre Höhe ist insgesamt leicht überdurchschnittlich. Was auf den ersten Blick nicht sonderlich alarmierend aussieht, wird künftig noch für größere Probleme sorgen”, stellt nun Susanne Schaper, die neu gewählte Abgeordnete der Linken aus Chemnitz, fest. Krankenschwester von Beruf. Sie kennt das Problem also aus eigenem Erleben. Da, wo die Arbeitslast steigt. “Denn das steigende Durchschnittsalter der Bevölkerung wird das Gesundheitssystem nicht zuletzt in Sachsen vor wachsende Herausforderungen stellen. Die überproportionale Zunahme der Ausgaben, die auf die soziale Pflegeversicherung zurückgehen, und der starke Ausbau des Pflegebereiches sind insgesamt Belege für die Alterung der sächsischen Bevölkerung.”

Doch am Pflegepersonal in den Krankenhäusern wird gespart an allen Ecken und Enden. Wo Geld fließt, das ist für Technik, Spezialärzte und Pharmaka. Als wäre der alte Mensch einfach nur ein Werkstück, das am Fließband repariert werden müsste.

“Der Blick auf die Beschäftigtenstruktur zeigt eine stark am Einsatz von Pharmaka und Technik orientierte Medizin, während die ‘sprechende Medizin’ nicht angemessen gestärkt wird. Die Beschäftigtenzahlen in den Krankenhäusern sind wesentlich schwächer angestiegen als jene etwa in der ambulanten Pflege – auch eine Folge des Grundsatzes ‘ambulant vor stationär'”, benennt Schaper eine jener auf den ersten Blick verständlichen Thesen, die scheinbar die Versorgung der Senioren in ihren Wohnorten und in ihren Lebensumfeldern ermöglicht. Ambulant eben. Eine Arbeit, die dann eben auch die ambulanten Pflegedienste übernehmen, die in der Regel mit flexiblen Zeitarbeitsmodellen und entsprechend niedriger Vergütung arbeiten.”Im Vergleich der Bundesländer zeigt sich, dass in Sachsen Versorgungslücken entstanden sind, was nicht nur an den hier niedrigeren Bettenzahlen liegt”, bilanziert Schaper nach Lesen der neuen Statistik aus dem Statistischen Landesamt. “Rheinland-Pfalz eignet sich dabei als Vergleichsmaßstab, da es eine ähnliche Bevölkerungszahl aufweist wie Sachsen. Dort gibt es deutlich mehr Krankenhaus-Beschäftigte, während hierzulande der Bereich der Ambulanten Pflege stark expandiert (um 28 % seit 2008). Das zeigt eine grundsätzlich falsche Entwicklungsrichtung. Aus meiner täglichen Erfahrung als Krankenschwester in einem Krankenhaus weiß ich um die enormen Probleme, die Personalknappheit und Effizienzdruck dort insgesamt verursachen. Notwendig ist eine verbindliche Fachkraftquote für alle medizinischen Bereiche.”

In anderen Wirtschaftsbereichen nennt man so etwas Outsourcing. Einen Grund für die Entwicklung sieht Schaper auch in den fehlenden Kapazitäten der sächsischen Krankenhäuser zur Betreuung der Pflegefälle.

“Die neue Staatsregierung muss in den anstehenden Verhandlungen zum Landeshaushalt substanzielle Verbesserungen vornehmen. Dazu gehört eine bedarfsgerechte Finanzierung der Krankenhauslandschaft in Sachsen, insbesondere für Investitionen und Ersatzbeschaffung. Aus unserer Sicht wären in den nächsten beiden Jahren jeweils mindestens 200 Millionen Euro an Landeszuweisungen notwendig, um den Investitionsstau zu beheben”, rechnet sie vor. “Im körperlich schweren und meist auch psychisch belastenden Pflegebereich muss Niedriglöhnen ein Riegel vorgeschoben werden.”

Die Linke fordere deshalb in einem ersten Schritt die Anhebung des allgemeinen Lohnniveaus auf mindestens 10 Euro. “Teilzeitmodelle dürfen nicht länger die Regel sein”, kritisiert Schaper den Umgang mit den Pflegekräften. “Vor allem Frauen, die im Gesundheitswesen oftmals in unterdurchschnittlich bezahlten Jobs arbeiten, sind auf Entscheidungen angewiesen. Schließlich stellen weibliche Beschäftigte mit einem Anteil von etwa 78 % das Rückgrat des sächsischen Gesundheitswesens dar.”

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