Eltern sollten starkes Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen ernst nehmen. Denn die damit verbundenen Gesundheitsrisiken sind größer als bisher angenommen, wie Dr. Susann Blüher von der Universität wiederholt durch ihre Forschung zeigen konnte. Für ihre wissenschaftliche Arbeit erhielt die Kinderärztin und Forscherin am Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) AdipositasErkrankungen in Leipzig am 4. April in Halle (Saale) den Arthur-Schlossmann-Preis der Sächsisch-Thüringischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und Kinderchirurgie.
Dr. Blüher konnte zeigen, dass die Aktivität des autonomen Nervensystems, das unter anderem Organe, Kreislauf und Stoffwechsel reguliert, bei stark übergewichtigen (adipösen) 7- bis 18-Jährigen verringert ist. Sie warnt davor, dass “die Schädigung des autonomen Nervensystems bei adipösen Kindern schleichend beginnt, noch bevor der Zuckerstoffwechsel beeinträchtigt ist oder weitere Komplikationen auftreten. Diese Kinder sind somit kränker, als wir bisher angenommen haben.” Die Wissenschaftlerin konnte weiterhin zeigen, dass bauchbetontes Übergewicht schon bei Jugendlichen das Risiko für Stoffwechsel- und Herzkreislauferkrankungen deutlich erhöht.
Dass bei adipösen 7- bis 18-Jährigen außerdem verschiedene Blutwerte bedenklich verändert sind, weist ihre jüngste Studie nach. Gemessen wurden erhöhte Entzündungsmarker im Blut), was auf einen “schwelenden”, Entzündungsprozess hinweist. Erhöhte Entzündungsmarker gelten bei adipösen Erwachsenen als chronische Gesundheitsbelastung, die mit Gefäßerkrankungen, Typ-2-Diabetes, Krebs und weiteren Erkrankungen in Verbindung gebracht wird. Die erhöhten Entzündungswerte bei den jungen Studienteilnehmern ließen sich wieder auf Normalwerte senken. Dies geschah in einem speziellen Therapieprogramm, das in Kooperation mit dem Leipziger Gesundheitssportverein durchgeführt wurde.
Durch mehr Bewegung und Ernährungsumstellung reduzierten sich bei den Kindern und Jugendlichen außerdem der Body-Mass-Index, der Taillenumfang, der Körperfettgehalt, die erhöhten Werte des Fettgewebshormons Leptin sowie die Entzündungsmarker. Ein weiterer positiver Aspekt war der signifikante Anstieg von Irisin, einem erst 2012 entdeckten Botenstoff aus den Muskelzellen, der den Energieverbrauch ankurbelt und scheinbar günstige Effekte auf den Stoffwechsel hat. Blüher und ihre Kollegen konnten erstmals nachweisen, dass Irisin bereits bei adipösen Kindern eine Rolle spielt.
“Bedenklich ist, dass bereits bei Kindern und Jugendlichen die schädlichen Auswirkungen der Adipositas so klar ersichtlich sind. Positiv stimmen uns aber die Ergebnisse, die zeigen, dass gezielte Veränderungen des Lebensstils diese Auswirkungen wieder verbessern oder gar normalisieren können”, so die Arthur-Schlossmann-Preisträgerin.
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Die Sächsisch-Thüringische Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und Kinderchirurgie zeichnet jährlich besondere wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Kinderheilkunde und Jugendmedizin im deutschsprachigen Gebiet mit dem Arthur-Schlossmann-Preis aus. Der Preis ist mit 1500 Euro dotiert und geht bevorzugt an Nachwuchswissenschaftler und an Kinderärzte in freier Praxis. Der Kinderarzt Arthur Schlossmann eröffnete 1898 die weltweit erste Klinik für kranke Säuglinge in Dresden.
Das IFB AdipositasErkrankungen ist eines von acht Integrierten Forschungs- und Behandlungszentren, die in Deutschland vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden. Es ist eine gemeinsame Einrichtung der Universität Leipzig und des Universitätsklinikums Leipzig. Ziel der Bundesförderung ist es, Forschung und Behandlung interdisziplinär so unter einem Dach zu vernetzen, dass Ergebnisse der Forschung schneller als bisher in die Behandlung adipöser Patienten integriert werden können. Am IFB Adipositas-Erkrankungen gibt es derzeit über 40 Forschungsprojekte. Zur Patientenversorgung stehen eine IFB Adipositas-Ambulanz für Erwachsene und eine für Kinder und Jugendliche zur Verfügung. Das IFB wird das Feld der Adipositasforschung und -behandlung in den nächsten Jahren kontinuierlich ausbauen.
Quelle: Doris Gabel, Universität Leipzig
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