Früher war es das Zähneputzen, heute ist es die Männergesundheit. Diese erklärt die Krankenkasse Barmer GEK zum neuen zentralen Vorsorgethema. Und das aus gutem Grund. "Männer gehen seltener zum Arzt und beschäftigen sich generell wenig mit dem Thema Gesundheit. Dafür bezahlen sie, indem sie im Schnitt fünf Jahre früher sterben", fasst Paul-Friedrich Loose, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK Sachsen, zusammen. Die Daten des Gesundheitsreports seiner Kasse stützen die These.
Der Report erhebt die Daten aller erwerbstätigen Versicherten der Barmer GEK und erstellt üblicherweise die Kennzahlen zu Krankschreibungen. In diesem Jahr hat sich die Krankenkasse allerdings ein neues Motto auf die Fahnen geschrieben: Männergesundheit – vor allem die Gesundheitsvorsorge. Der Grund ist freilich ein monetärer. Denn Männer gehen zwar selten zu Check-Ups, leiden dafür aber häufiger und früher als Frauen an schweren Erkrankungen. Was im Schnitt höhere Kosten verursacht. “Wir möchten, dass Männer öfter zu Vorsorgeuntersuchungen gehen. Dies ist gut ausgegebenes Geld, denn so können Risikofaktoren früher erkannt und ihnen entgegengewirkt werden”, erklärt Loose.
In Zahlen aus dem Gesundheitsreport sieht das so aus: Sind die Männer jung, rasen sie durchs Leben und ziehen sich bei Risikosportarten viele Blessuren zu. Rund ein Viertel aller Krankschreibungen bei Männern geschieht in der Altersgruppe 15 bis 19 Jahre. Im Erwerbsleben sind Männer und Frauen gleichauf, was die Krankschreibungen angeht. Doch ab dem 40. Geburtstag gehen die Zahlen für das starke Geschlecht abrupt nach oben. In der Altersgruppe 60 bis 64 Jahre haben Männer sogar doppelt so viele Fehltage wie die Frauen. Es liegt daran, dass sie zuvor weniger zum Arzt gehen. Das vermutet zumindest die Barmer GEK.
An einem Fakt wird es besonders deutlich: Männer sind zahnarztscheu. Nur rund die Hälfte aller jungen Männer geht zum Zahnarzt. Die Folge: Zahnbehandlungen bei Männern im fortgeschritteneren Alter sind deutlich aufwändiger und teurer. “An diesem Beispiel kann man sehen, das Gesundheit immer noch Frauen-Sache ist”, sagt Loose.Junge Männer bis 14 Jahren gehen genauso häufig zum Zahnarzt wie junge Frauen. Erst im Alter, wenn sie vermutlich in Partnerschaft leben, nähern sich die Zahlen wieder an. “Es braucht offenbar eine Mutter und später eine Freundin oder Ehefrau, die daran erinnert und leichten Druck ausübt”, vermutet Loose. Und gibt daher die Losung aus: Gesundheit muss Männerthema werden. “Wir erleben einen gesellschaftlichen Wandel, hin zur erwerbstätigen Frau, hin zur Elternzeit auch für Väter und nun muss konsequent die Gesundheitsvorsorge auch für Männer folgen. Damit diese nicht länger mit wertvollen Lebensjahren bezahlen müssen.”
Loose hat den Wandel selbst erlebt. “Mein Vater wurde damals schief angeguckt, als er den Kinderwagen schob. Oder mein Schwiegervater war Bäcker und meine Frau musste sich als Kind rechtfertigen dafür, dass ihr Vater diesen Beruf ausgeübt hat. Backen, das war etwas für Frauen. Heute belasten uns solche Klischees nicht mehr”, so der gebürtige Nordrhein-Westfale.
Wie kriegt man also die Männer zum Arzt? “Mit Kampagnen, Aufklärung in Schulen und ständiger Information zu diesem Thema”, sagt Paul-Friedrich Loose und verweist auf eine bereits sehr erfolgreiche Kampagne – die zum Zähneputzen. “Es hat zwanzig Jahre gedauert, die Wichtigkeit der Mundhygiene in die Gesellschaft zu tragen. Bei der Männergesundheit ist das auch möglich. Wir müssen nur anfangen.” Dann könne eine neue Generation Männer heranwachsen, die sich um Gesundheitsfragen wie abwechslungsreicher Ernährung mehr Gedanken mache als ihre Väter, die im Schnitt noch fünf Jahre früher sterben als ihre Mütter.
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