Die Beratungszahlen in den Leipziger Suchtberatungsstellen sind 2012 in Leipzig zwar insgesamt leicht gestiegen, sie deuten aber nicht auf ein eigentlich wachsendes Drogenproblem hin. "Die Suchtberatungsstellen sind eigentlich seit ein paar Jahren schon gut ausgelastet", sagt Bürgermeister Fabian. "Da geht eigentlich nicht mehr."

Dafür hat sich seit 2010 die Art des Rauschgiftkonsums in drei Punkten drastisch geändert. Der Heroinkonsum ging deutlich zurück, was auch mit einigen erfolgreichen Schachzügen der Polizei gegen den Heroinhandel zu tun hat. Die von der Leipziger Polizei registrierten Verstöße mit Heroin sind von 468 im Jahr 2010 auf 91 im Jahr 2012 gefallen. Dafür sind die registrierten Verstöße bei “Crystal” im selben Zeitraum von 141 Fällen auf 383 angestiegen. “Wobei immer zu beachten ist”, sagt Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz, “dass diese Zahlen immer mit der Kontrolltätigkeit der Polizei eng verbunden sind.”

Heißt: Gezählt werden kann nur, was der Polizei bei Kontrollen und Razzien vor Augen kommt. “Aber in diesen Kontrollen”, betont Mebitz, “werden wir in keiner Weise nachlassen, eher werden wir sie noch verstärken.” Deshalb hat er die spezielle Operationsgruppe (“Operativgruppe Rauschgift”), die sich mit der Rauschgiftkriminalität in Leipzig beschäftigt, von vier auf acht Beamte ausgebaut.

Geändert hat sich auch die Zahl der registrierten Cannabis-Vorfälle. Hier stieg die Zahl der registrierten Verstöße binnen zwei Jahren von 395 auf 627. “Und ich werde auch bei diesen sogenannten weichen Drogen ganz bestimmt kein Auge zudrücken”, sagt Bernd Merbitz.
Denn oft genug taucht auch Cannabis – neben Alkohol – als Einstiegsdroge in einer Karriere mit härteren Drogen auf, noch öfter als Ergänzung eines ganzen Drogencocktails. “Denn Fakt ist auch, dass wir es selten mit nur einem Drogenproblem zu tun haben”, sagt Sylke Lein, die Suchtbeauftragte der Stadt Leipzig. “Die Klienten nehmen oft zwei, drei und mehr Drogen gleichzeitig. Und niemand weiß, wie sich die unterschiedlichen Wirkungen gegenseitig verstärken.”

Ist jetzt natürlich die Frage nach den wirklich heftigen Diskussionen des Jahres 2012: Haben sich Stadt und Polizei in den neuen, im Mai 2013 verabschiedeten erweiterten “Drogenpolitischen Leitlinien” nun auf eine härtere Gangart gegen Drogenkriminalität geeinigt? – Nicht wirklich. Was neu hinzukam, ist die Erklärung zu einer verstärkten Kooperation. Denn einig war man sich ja auch vorher schon darüber, den Druck auf die Drogenszene nicht zu mindern. Sie soll in Leipzig kein “sicheres Viertel” finden, in dem sie ihre Strukturen dauerhaft verwurzeln kann. Was unter anderem dazu führte, dass die Drogenszene aus dem Leipziger Osten in Teilen abgewandert ist und 2012 versuchte, sich im Leipziger Westen zu etablieren. “Aber die können morgen schon wieder woanders sein”, sagt Merbitz. Und betont auch, dass er sehr wohl einen Unterschied macht zwischen den Suchtkranken, die dringend Hilfe brauchen, “um von dem Zeug weg zu kommen”, und den Dealern. “Den Leuten, die mit dem Drogenverkauf Geld verdienen. Die will ich haben”, sagt der Polizeipräsident.

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Vielleicht gelingt es ja auch mit dem anhaltenden Druck auf die Szene, auch wenn die Zahl der geschnappten Dealer von 228 im Jahr 2010 auf 178 im Jahr 2012 sank. Vielleicht sitzen ja die anderen tatsächlich schon hinter Gittern. Die Zahl der registrierten Rauschgiftdelikte und allgemeinen Verstöße lag 2012 etwa auf dem Niveau des Jahres 2011. Gleichzeitig stagniert die Zahl der Wohnungseinbrüche und Raubdelikte in Leipzig auf hohem Niveau, die Merbitz direkt mit der Beschaffungskriminalität in Zusammenhang bringt. Die ist sogenannten Drogen-Begleitkriminalität. Gerade wenn die Drogensüchtigen keinen anderen Gelderwerb haben, beschaffen sie sich die benötigten 50 bis 80 Euro pro Tag auf kriminelle Weise durch Raub und Einbruch.

Aber auch an anderer Stelle der Leipziger Kriminalstatistik wird das Drogenproblem sichtbar. Etwa bei Verkehrskontrollen. Wurden 2011 noch 75 Leipziger Verkehrsteilnehmern die Fahrerlaubnis entzogen, weil sie mit harten Drogen am Steuer erwischt wurden, waren es 2012 dann schon 84. Wer mit Betäubungsmitteln im Verkehr erwischt wird, muss genauso mit Sanktionen rechnen wie jemand, der mit Alkohol unterwegs ist. Womit man wieder bei Droge Nr. 1 wäre: 870 Fahrzeugführer hat Leipzigs Polizei 2012 wegen Alkohols am Steuer aus dem Verkehr gezogen. “Darunter auch 204 Radfahrer”, betont Merbitz.

Und noch stärker als im Verkehr taucht Alkohol bei den registrierten Gewalttaten in Leipzig als Beteiligter auf. “Die meisten Gewalttaten werden unter Alkoholeinfluss begangen”, sagt Merbitz.

Der Suchtbericht ist im Internet unter www.leipzig.de/gesundheit im Bereich Suchthilfe zu finden.

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