"Um uns herum ist ein Lari Fari, das seines Gleichen sucht", kritisiert Christoph Möllering, Geschäftsführer des Diakonissenkrankenhauses, die aktuelle deutsche Gesundheitspolitik. Es fehlten Klarheit, Visionen und Mut zu pragmatischen Lösungen. Aber stolz präsentiert er beim Neujahrsempfang das neue Ärztehaus in der Georg-Schwarz-Straße 55.

Ein Neujahrsempfang ist immer bestens geeignet, Neues zu zeigen. So lud das Evangelische Diakonissenkrankenhaus im Leipziger Westen in der Vorwoche ganz bewusst in das neue Ärztehaus ein. In den modernen Lückenbau ist längst Leben eingezogen, auch wenn noch nicht alle Arbeiten ganz vollendet sind. In den letzten zehn Jahren habe sich die Anzahl der ambulanten Behandlungen im Diakonissenkrankenhaus verdoppelt, erinnerte Christoph Möllering beim Rundgang, “da braucht man neue Räume”.

“Es war ein Ziel dieses Hauses, alle Kooperationspartner langfristig zu binden”, fügte der Geschäftsführer hinzu. Davon profitieren vor allem die Patienten, für die auf diese Weise der Übergang von einer stationären zu einer ambulanten Behandlung faktisch in einem Hause möglich ist.

Zu den Kooperationspartnern zählt Katja Radny mit ihrer Ergotherapie. “Die Patienten aus der Station abzuholen und nach Hause zu begleiten”, so beschrieb sie ihren Ansatz. Sie will zugleich einen Bezug zum Alltagskontext der Patienten schaffen. “Therapie soll Freude machen”, auch das ist ihr wichtig. Wenn ein leidenschaftlicher Koch nach einem Schlaganfall wieder am Herde stehen und zumindest mit einer Hand umrühren kann, sei das ein beeindruckendes Erlebnis, so die Ergotherapeutin.

Darüber hinaus fand die Kurzzeit-Pflegestation der Ökumenischen Sozialstation Leipzig in dem Neubau ein neues Domizil. Im Erdgeschoss fertigen Mitarbeiter des Sanitätshauses Schürmaier Orthesen und Prothesen.

Beim Rückblick auf 2012 beschränkte sich Krankenhaus-Geschäftsführer Christoph Möllering auf zwei Zahlen. “Wir freuen uns darüber, 12.000 Leipziger und Leipzigerinnen stationär und über 21.000 ambulant behandelt zu haben”, sagte Möllering beim anschließenden Empfang im Diakonissenmutterhaus.Kritik an Scheindiskussionen der Gesundheitspolitik

Zu lange hätten sich die Krankenhäuser und Kliniken hingegen “freiwillig ins Hamsterrad der Verweildauerreduzierungen gestürzt”, räumte Möllering selbstkritisch ein. “Wir haben jedes Jahr unsere Gewinne herausposaunt und keine Gelegenheit ausgelassen, zu erklären, wie wirtschaftlich wir sind”, fuhr er fort.

Nun wird der Öffentlichkeit die Rechnung präsentiert. In den letzten Wochen überschlugen sich die Nachrichten, wonach die Mehrheit der deutschen Krankenhäuser und Kliniken defizitär arbeitet. In der Region Weser-Ems seien 90 Prozent der Häuser faktisch pleite, so Möllering.

Trotz der offenkundigen Finanzierungsprobleme gerade im Klinikbereich schaffe der Gesetzgeber die Praxisgebühr ab und verstärke den Einsatz von Kassenbeiträgen in der Rehabilitation, führte Möllering als markantestes Beispiel für eine aus seiner Sicht falsche Schwerpunktsetzung an. Auch im Freistaat Sachsen würde man die Augen vor dem vermehrten Bedarf der Behandlung von älteren Menschen verschließen.”Wir führen Scheindiskussionen von Leistungsausweitungen und ignorieren dabei die allen bekannten demographischen Prognosen. Und wir sind nicht in der Lage, ethische Grundlagen für die immer komplexer werdende Medizin zu schaffen und lassen unsere Ärzte bei Entscheidungen über Leben und Tod alleine”, hob Möllering hervor. Er beklagte den Mangel an “Klarheit, Visionen und Mut zu pragmatischen Lösungen” in der deutschen Gesundheitspolitik.

Auch der Ärztliche Direktor des Hauses, Chefarzt Dr. med. Ulrich Socha, bekräftigte, dass man am Diakonissenkrankenhaus eine Ökonomisierung des Gesundheitswesens nicht zulassen werde. Im Vordergrund stehe die Qualität der Versorgung der Patienten. Gleichwohl arbeite man am Diakonissenhaus wirtschaftlich, wie er anfügte.

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