Deutschlands Arbeitnehmer meldeten sich im ersten Halbjahr 2012 genau so häufig krank wie ein Jahr zuvor, meldet die DAK nach Auswertung ihrer Versichertenbestände. Der Krankenstand lag unverändert bei 3,6 Prozent. Dennoch gab es eine alarmierende Entwicklung: Erstmals rückten die psychischen Erkrankungen mit 13,6 Prozent an allen Ausfalltagen auf Platz 3 der Fehlzeiten vor.

Damit setzt sich ein jahrzehntelanger Trend fort: Vor 15 Jahren machten Depressionen & Co. nur 6,6 Prozent aller Fehltage aus und lagen noch auf dem 6. Platz.

“Die Zahlen machen deutlich, dass der Handlungsbedarf für Betriebe bei Arbeitsorganisation und Prävention wächst”, kommentiert Herbert Rebscher, Chef der DAK-Gesundheit, die Entwicklung. Experten sehen unter anderem in mehr Stress und beschleunigten Arbeitsprozessen Risikofaktoren für psychische Erkrankungen.

In Auswertung des Jahres 2011 hatte die DAK schon den deutlichen Anstieg der psychischen Erkrankungen betont: Der Anteil war 2011 von 12,1 auf 13,4 Prozent am Gesamtkrankenstand gestiegen. “Die durchschnittliche Dauer einer Krankschreibung bei psychischen Leiden liegt bei rund 30 Tagen. Das Betriebsklima, die Führungskultur und familiengerechte Arbeitsplätze sind betriebswirtschaftlich gesehen weiche Faktoren, können aber helfen, psychische Erkrankungen zu vermeiden. Ein Monat Arbeitsausfall ist ein betriebswirtschaftliches Risiko, so dass es sich lohnt, auch hier zu investieren”, erklärt damals Herbert Rebscher.
Parallel hatte man 3.000 Versicherte zu den besonderen Stressoren am Arbeitsplatz befragt.

Jeder fünfte Befragte fühlte sich demnach stark oder sehr stark durch Zeitdruck aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens belastet. Fast ebenso häufig wurden als Stressoren Unterbrechungen und Störungen des Arbeitsablaufs angegeben. Mit jeweils knapp zehn Prozent werden auch Verantwortung bei der Arbeit sowie die häufige Notwendigkeit für Überstunden als (sehr) stark belastend empfunden. Für die DAK ist all das ein Bündel von Ursachen, die wohl zum Anstieg der psychischen Erkrankungen beitragen.

Im Westen lag die Erkrankungsrate mit 14 Prozent etwas höher als im Osten mit 10,6 Prozent. Auch die Zahl der Tage, in der die Betroffenen krank geschrieben waren, lag mit 31,3 höher als im Osten mit 26,2. Ob das freilich ein Zeichen dafür ist, dass die Arbeitswelt im Osten noch etwas “gesünder” ist, darf bezweifelt werden.

Vor den psychischen Leiden liegen nur Muskel-Skelett-Erkrankungen (21,3 Prozent) und Atemwegsinfektionen (16,8 Prozent). Verletzungen folgen jetzt mit 13,1 Prozent an vierter Stelle. Durchschnittlich fehlte ein Beschäftigter in den ersten sechs Monaten 6,5 Tage im Job.

Und es gibt auch deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. In den westlichen Bundesländern (mit Berlin) betrug der Krankenstand durchschnittlich 3,4 Prozent. Im Osten lag er bei 4,5 Prozent. “Es ist kaum möglich, schon jetzt eine Prognose zum Krankenstand für das gesamte Jahr abzugeben”, sagt Rebscher.

Die DAK-Gesundheit gehört zu den größten bundesweiten Kassen mit 6,6 Millionen Versicherten und einem Haushaltsvolumen von rund 19 Milliarden Euro. In die Auswertung flossen die Daten von rund 2,4 Millionen erwerbstätigen Versicherten ein.

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