Unbekannte haben in der Nacht von Montag auf Dienstag in der Nähe der Eisenbahnstraße eine Matratze in Brand gesetzt. Die Aktion soll auf den Tod von Oury Jalloh aufmerksam machen. Dieser ist auf den Tag genau vor 20 Jahren in einer Dessauer Polizeizelle gestorben, nachdem dort eine Matratze in Brand geraten war.

Die brennende Matratze der vergangenen Nacht lag neben der Bushaltestelle der Linie 70 in nördliche Richtung an der Kreuzung Eisenbahn- und Hermann-Liebmann-Straße. An ein Fenster des dort befindlichen Gebäudes wurde mit schwarzer Farbe geschrieben: „Oury Jalloh – 20 Jahre Mord ohne Gerechtigkeit“.

Laut offiziellen Angaben hat Jalloh die Matratze in seiner Gewahrsamszelle selbst angezündet, obwohl er stark alkoholisiert und gefesselt war und bei der vorherigen Durchsuchung kein Feuerzeug entdeckt wurde. Gutachten weisen darauf hin, dass Brandbeschleuniger zum Einsatz kam und Jalloh vor seinem Tod misshandelt wurde. Es gibt daher den Verdacht, dass er von Polizisten getötet wurde. Entsprechende Strafermittlungen wurden aber allesamt eingestellt.

Das sächsische Innenministerium möchte in dem Gebäude an der Eisenbahnstraße, vor dem die Matratze verbrannt wurde, einen Polizeiposten einrichten. Ein entsprechender Mietvertrag mit dem Eigentümer wurde im Mai 2024 geschlossen. Wann genau die Polizei in das Gebäude einziehen wird, ist aber immer noch unklar. Gegen die Pläne hatte es in der Vergangenheit vereinzelt Proteste gegeben.

Mit der verbrannten Matratze wollten die Unbekannten auch auf die Demonstration in Dessau aufmerksam machen, die heute anlässlich des 20. Todestages von Oury Jalloh stattfand. Entsprechende Aufrufe fanden sich auf Flyern, die in der Nähe der Matratze hinterlassen wurden. An der Demonstration in Dessau beteiligten sich laut Polizei etwa 700 Personen; andere Angaben zur Zahl der Teilnehmenden waren zunächst nicht verfügbar.

In den sozialen Medien äußerte sich heute auch Ferda Ataman, die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, zu dem Fall. Zahlreiche Hinweise würden darauf hindeuten, dass die offizielle Erklärung der Todesumstände lückenhaft sei, schrieb sie.

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