Es klingt wie eine gute Nachricht, dass die zehn kolumbianischen Pflegekräfte im niedersächsischen „Haus Wilstedt“ nun doch voraussichtlich in Deutschland bleiben dürfen. Ist es wirklich gut? Viele von Ihnen erinnern sich wahrscheinlich: Im November ging eine Meldung durch die Medien, dass zehn kolumbianische Asylbewerber, die als Pflegehelfer in einem niedersächsischen Heim für Demenzerkrankte arbeiten, abgeschoben werden sollten.

Es gab kritische Berichterstattung, auch von uns, und eine Petition gegen die drohende Abschiebung und die damit verbundene wahrscheinliche Schließung des Heims.

Pünktlich zu Weihnachten, als frohe Botschaft getarnt, meldet unter anderem die taz eine wahrscheinliche, vorläufige Lösung. Die jetzigen Pflegehilfskräfte, die als solche nicht unter das Fachkräfteeinwanderungsgesetz fallen, bekommen vom Betreiber des Heims Ausbildungsverträge und fallen somit wahrscheinlich unter § 60c Aufenthaltsgesetz, die sogenannte Ausbildungsduldung.

Das klingt erstmal gut, hat aber zwei Haken.

Abgesehen von allen juristischen Formulierungen im Gesetz, es stellt sich die Frage: Warum wird diesen Menschen erst jetzt eine Ausbildung angeboten?

In einer NDR-Meldung klingt das so: „Neun der zehn Mitarbeitenden sollen zu Pflegeassistenten und Pflege-Fachkräften sowie einer zum Koch ausgebildet werden, hatte die Betreiberin von Haus Wilstedt, Andrea Wohlmacher, Anfang der Woche dem NDR Niedersachsen gesagt. Ihnen seien Ausbildungsverträge angeboten worden. Für eine Frau, die bereits Pflege in ihrer kolumbianischen Heimat studiert habe, werde die Anerkennung ihres Studiums als Ausbildung angestrebt.“

Es wurden also erst bei drohender Abschiebung Ausbildungsverträge angeboten, wahrscheinlich nachdem schnell die erforderlichen Ausbildungsplätze geschaffen wurden. Auch die bereits ausgebildete Fachkraft wurde erst dann bei der Anerkennung ihrer Ausbildung unterstützt.

Woran liegt das? Es ist anzunehmen, dass eine Beschäftigung dieser Menschen als Pflegehilfskräfte einfach kostengünstiger für den Heimbetreiber war.

Der zweite Haken liegt wieder im Gesetz und der bisherigen Verfahrensweise der Behörden. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung besteht keine automatische Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Es kann durchaus sein, ist auch schon oft geschehen, dass diese Menschen dann abgeschoben werden. Das ist schlecht für die betroffenen Menschen und den Arbeitgeber, zugegebenermaßen vielleicht gut für das Herkunftsland, welches ausgebildete Fachkräfte bekommt.

Fasst man den Fall des „Haus Wilstedt“ zusammen, kommt man zu dem nicht allzu schönen Ergebnis:
– Ein Pflegeheim kann ohne ausländische Arbeitskräfte mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus nicht bestehen.
– Abschiebung der Arbeitskräfte droht, es schaltet sich sogar der Bundesgesundheitsminister ein.
– Erst zur Vermeidung der Abschiebung und Schließung des Pflegeheims werden Ausbildungsplätze geschaffen, um die nächsten Jahre zu überbrücken.

Fazit: Es ist keine wirklich gute Nachricht. Wir brauchen dringend eine richtige gesetzliche Regelung für Menschen, die hier leben und arbeiten wollen. Wie wäre es damit, dass wir endlich überbordende bürokratische Hürden für die betroffenen Menschen und unsere Gesellschaft abbauen, damit wir sagen können: „Deutschland ist wirklich ein Einwanderungsland!“?

Das klärt nicht alle tatsächlichen und behaupteten Probleme der Migration, aber es wäre ein Anfang.

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