Miguel de Cervantes sagte: „Wer Abenteuer sucht, findet nicht immer das Angenehme“. Auf Friedrich Merz bezogen hieße das wohl: „Wer Wahlkampf macht, findet immer wieder Scheinriesen“. Wie also Don Quijote gegen Windmühlen, so kämpft Merz gegen Windräder, weil er sie für ein Riesen-Thema im Wahlkampf hält. Aber Vorsicht: Nicht alles, was Merz sagt, ist auch so gemeint.

Erinnern wir uns an den Kampf gegen Wärmepumpen und die Aussage „Und so war das nicht gemeint“ bei der Eröffnung der Wärmepumpenakademie von Enpal. Was meint Friedrich Merz diesmal, wenn er bei Illner sagt: „Ich glaube sogar, dass wir, wenn wir was richtig machen, eines Tages die Windkrafträder wieder abbauen können, weil sie hässlich sind und weil sie nicht in die Landschaft passen“?

Zum Ersten stellt er mit den folgenden Ausführungen zu seiner Hoffnung auf die Kernfusion einen ungedeckten Scheck für die Zukunft aus. Es sei denn, er meint die Nutzung des am Himmel hängenden Fusionsreaktors, den wir gewöhnlich als Sonne bezeichnen.

Die Fusionsforschung läuft, das ist richtig. Aber von einer wirtschaftlichen Nutzung der Kernfusion zur Energieerzeugung sind wir weit entfernt. Experten sprechen von 20 bis 30 Jahren, bis es so weit ist. Merz geht dann, wie der Autor, langsam auf das hundertste Lebensjahr zu.

Zum Zweiten befördert er mit der Aussage die Hoffnung der Windkraftgegner, er würde im Falle eines Wahlsieges den Ausbau von Windkraftanlagen stoppen.

Das sagt er tatsächlich nicht, er hofft nur. Eines Tages, also eventuell am St. Nimmerleinstag, möchte er, dass diese abgebaut werden. Nicht etwa, weil Windkraft ineffektiv ist, sondern aus ästhetischen Gründen.
Das führt zu Punkt 3, „… weil sie hässlich sind und weil sie nicht in die Landschaft passen.“ Selbstverständlich sind Windräder hässlicher als Braunkohlekraftwerke. Das werden die Einwohner von Gemeinden bestätigen, denen ein solches vor die Nase gesetzt wurde, oder etwa nicht?

Auch Kernkraftwerke sind schöner als Windräder, das werden die Bewohner von Aachen bestätigen, wenn sie den belgischen Reaktor Tihange jeden Tag vor Augen haben.

Ein Hinweis zur Ästhetik: Windräder werden für die Anwohnenden scheinbar weniger hässlich, wenn diese an den Erträgen der Energieerzeugung beteiligt werden. Bei Kernkraftwerken beispielsweise gibt es dann Jodtabletten für die Gesundheit.

Immerhin will Merz die Reaktivierung von Kernkraftwerken nur prüfen lassen, bezweifelt aber selbst, ob das sinnvoll ist. Zuletzt noch sieht Merz die Windräder als „Übergangstechnologie“. Das ist völlig korrekt, auch wenn es seltsam klingt.

Die Verbrennung von fossilen Energieträgern war eine Übergangstechnologie zur Energieerzeugung aus Sonne und Wind. Was nach der Windenergieerzeugung durch die heutigen Windräder kommt, wissen wir nicht. Vielleicht kann man auch ohne diese den Wind nutzen, vielleicht arbeiten heute schon Tüftler an anderen Lösungen. Vielleicht wird die Energieerzeugung durch Kernfusion wirklich ein Thema.

Fazit: Friedrich Merz hat per se nichts gesagt, er hat etwas formuliert, damit es von Menschen, die gegen Windräder sind, missverstanden wird. Ein typischer Merz-Move im Wahlkampf eben.

Ansonsten muss der Autor sich wiederholen: „Manchmal stelle ich mir vor, dass im Konrad-Adenauer-Haus und anderswo heute schon Menschen sitzen, die überlegen, wie man im Falle einer gewonnenen Wahl Klimaschutzmaßnahmen – dieselben, gegen die man jetzt kämpft – den Wählerinnen und Wählern vermitteln kann. Das ganz ohne zu sagen: ‚Die Grünen mit Habeck hatten recht!‘“

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Zur Kernfusion: Diese 20 – 30 Jahre sind eine zeitlose Zeiteinordnung. Bereits seit den 1970ern heißt es: Es dauert noch 20 – 30 Jahre, bis man die Kernfusion zur Energieerzeugung im großen Maßstab nutzen kann. Es wird auch in 20 Jahren noch heißen: In 20 – 30 Jahren wird man Kernfusionsreaktoren zur Energieerzeugung nutzen können. Man könnte hier auch von einer Konstanten sprechen.

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