Der Bundestagswahlkampf hat längst schon vor den Landtagswahlen im Osten Deutschlands begonnen. Die Positionen bei CDU/CSU sind bezogen und beim Parteitag der Jungen Union wird Friedrich Merz wie der neue Messias gefeiert. Glaubt man Friedrich Merz, Carsten Linnemann, Markus Söder, Michael Kretschmer und wie die Protagonisten alle heißen, dann sind die Grünen, das Cannabisgesetz, das Heizungsgesetz (GEG), die Migration und das Gendern am wirtschaftlichen Niedergang schuld.
Lösungsansätze, gibt es die? Sucht man in den Medien etwas konstruktive Lösungsvorschläge, dann ist nicht viel zu finden. Für Merz sind die Grünen der Hauptgegner, für Linnemann gibt es die drei wichtigen Themen „Migration, Migration, Migration“. Markus Söder will Cannabis-Konsumenten raus aus Bayern haben und beim Weißwurstessen nicht gendern. Michael Kretschmer schließlich will Braunkohle, russisches Erdgas und Atomstrom.
Dazu kommt, unter anderem, der Wingman von Markus Söder namens Hubert Aiwanger, der scheinbar meint, dass Holz zum Heizen schneller nachwächst, als man es verbrennt. Das sind einige Protagonisten aus der Opposition im Bundestag, um die regierungsinterne Opposition namens FDP soll es heute nicht gehen.
Opposition, was ist das?
Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages sagte schon 2006, damals regierte noch relativ frisch die GroKo unter Merkel: „Die Rolle der Opposition ist es, als programmatische und personelle Alternative zur bestehenden Regierungsmehrheit am politischen Prozess zu partizipieren, konkurrierende Gemeinwohlentwürfe anzubieten und einem möglichen Machtmissbrauch durch die Regierung entgegenzuwirken.“
Die programmatischen Alternativen im Wahlkampf wurden oben geschildert, die konkurrierenden Gemeinwohlentwürfe vermisst man bis jetzt. Ob die personellen Alternativen besser sind, darüber lässt sich trefflich streiten. Ist das alles ernst gemeint?
Der Wahlkampf gegen die Grünen ist schon ernst gemeint, aber sonst kann man zweifeln.
Einer der schärfsten Kritiker des GEG, Friedrich Merz, sagte ja Mitte des Jahres: „Wir hätten eigentlich im letzten Jahr viel mehr Wärmepumpen haben müssen in Deutschland“. Da kommt man schon ins Grübeln.
Der Amtsvorgänger und politische Ziehvater von Michael Kretschmer, Stanislaw Tillich, jetzt Aufsichtsratsvorsitzender der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft (MIBRAG), will diese bis 2035 zu einem modernen Energie- und Industriedienstleister umbauen. Selbstverständlich mit erneuerbaren Energien, da bleibt kein Raum für Kretschmers Braunkohlenträume. Wird er in der nächsten Legislatur des Bundestages umschwenken?
Auch wenn die CDU mit ihrer „Heidelberger Erklärung“ zurück zur Atomkraft will: Man muss nur den RWE-Chef Markus Krebber hören, der sagt: „Ich glaube, die Messe ist gelesen. Da gibt es in Deutschland kein Zurück mehr.“ Von der ungeklärten Frage der Endlagerung ganz zu schweigen.
Was wird nach der Bundestagswahl?
Wird ein „Es ist eben nicht so, dass morgen die Welt untergeht“-Bundeskanzler Friedrich Merz plötzlich dringenden Handlungsbedarf beim Klimaschutz sehen? Stoppt Markus Söder den Wegzug von Kiffern aus Bayern und findet Cannabis nicht mehr so gefährlich? Schließt sich Michael Kretschmer der Argumentation Tillichs an und meint dann, erneuerbare Energien sind die Zukunft? Besinnt sich Linnemann darauf, dass es außer Migration und Bürgergeld andere dringende Themen gibt?
Fazit: Wir werden eventuell feststellen, dass dieser Kampf um grüne Themen nur ein trumpesker Auswuchs deutscher Wahlkampfrhetorik war. Die wichtigste Frage ist allerdings: „Kommen wir aus dieser Propagandaschleife wieder raus, zurück zu einem politischen Diskurs?“ Wir dürfen gespannt sein.
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