In Sachsen leben über 10.000 Geflüchtete in Duldung. Viele dieser Menschen verbleiben über Jahre in rechtlicher Schwebe, da aus diversen Gründen weder eine Abschiebung noch ein Ankommen im Freistaat möglich ist. Das neue Kooperationsprojekt „Perspektive Bleiberecht Leipzig“ zwischen der Ausländerbehörde Leipzig und dem Sächsischen Flüchtlingsrat startete im August und will hier Abhilfe schaffen. Es dient dazu, langjährig Geduldeten Perspektiven für einen Aufenthaltsstatus aufzuzeigen und somit auch die Verwaltung zu entlasten.

Gina Linnert, Projektkoordinatorin vom neuen Modellprojekt „Perspektive Bleiberecht Leipzig“ sagt: „Die Mehrheit der Geduldeten, die seit Jahren in Leipzig leben, sind längst in der Stadt angekommen. Sie haben ein neues Leben aufgebaut, Kinder wurden geboren, Freundschaften sind entstanden und manche haben sogar nach erfolgter Genehmigung eine Arbeit gefunden.“

Trotz dieser Integration sehen sie sich auf dem Weg in einen gesicherten Aufenthalt mit zahlreichen Hürden konfrontiert.

„Als Verwaltung ist es unsere Aufgabe, unpolitisch mit den Themen umzugehen, die sich vor Ort ergeben. Bezogen auf geduldete Personen, deren Rückführung nicht selten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist, liegt sie darin, durch Fördern und Fordern eine Auflösung der prekären Aufenthaltssituation herbeizuführen“, begrüßt Guido Ermisch, Leiter der Ausländerbehörde der Stadt Leipzig, das Vorhaben.

„Hierfür wurde zwischenzeitlich eine Vielzahl von möglichen Bleiberechtsregelungen und Integrationsinstrumenten bei unterschiedlichen Trägern geschaffen – die alle auf der Eigeninitiative und Anstrengung der Betroffenen beruhen. Um diesen Prozess wirksam anzustoßen und zu begleiten, ist eine zielgerichtete und umfassende Beratung erforderlich, die weit über den gesetzlichen Beratungsauftrag der Ausländerbehörde hinausgeht. Hier soll das gemeinsame Projekt mit dem Sächsischen Flüchtlingsrat e.V. ansetzen, indem es Menschen mit Duldung über die bestehenden Bleiberechtsregelungen und die von ihnen zu schaffenden Voraussetzungen aufklärt.“

Duldung: Ein Leben in ständiger Unsicherheit

Eine Duldung stellt nach dem Aufenthaltsrecht keinen Aufenthaltstitel dar und bietet nur einen unsicheren Status mit ständiger Angst vor einer Abschiebung. Schulkarrieren, Arbeitsverläufe und Ausbildungen stehen immer unter diesem Vorbehalt, was auch für Firmen und Ausbildungsbetriebe eine große Unsicherheit bedeutet. Menschen mit einer Duldung werden oft nicht eingestellt und bekommen schwerer einen Ausbildungsplatz.

Es existieren zwar Bleiberechtsregelungen für langjährig Geduldete nach erfolglosem Asylverfahren, doch die Hürden wie Identitätsklärung, Passbeschaffung, Spracherwerb und lebensunterhaltssichernde Arbeit sind oftmals hoch.

Pilotprojekt nach Dresdner Modell

Schon in März hat der Sächsische Flüchtlingsrat eine Kooperation mit der Ausländerbehörde in Dresden zur Beratung von Geduldeten als Modellprojekt gestartet. Nach Dresdner Vorbild hat nun auch Leipzig seit dem 1. August 2024 ein ähnliches Beratungsangebot: Auch hier arbeitet der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. in enger Abstimmung mit der Ausländerbehörde, um langzeitgeduldete Menschen, die in Leipzig leben, bei dem Weg in einen gesicherten Aufenthalt zu unterstützen.

Gemäß eines Stadtratsbeschlusses soll das Projekt bis Ende 2024 erst einmal erprobt werden. Die Förderung erfolgt über das Sonder-Budget für Vorhaben zur Unterstützung geflüchteter Menschen aus der Ukraine und weiteren Kriegs- und Krisenregionen.

Gina Linnert erklärt die mit dem Pilotprojekt verbundene Hoffnung: „Konstruktiver und vertrauensvoller Austausch dient nicht nur der Aufenthaltssicherung von Betroffenen, sondern kann auch ein Vorbild für weitere Kooperationen von staatlichen und zivilgesellschaftlichen Integrationsakteuren in anderen sächsischen Kommunen sein. Wir sind zuversichtlich, dass viele Geflüchtete und auch die Stadt einen erheblichen Nutzen vom Beratungsangebot haben werden, sodass es in den kommenden Jahren dauerhaft fortgeführt wird.“

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