Das Ergebnis der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen muss an dieser Stelle nicht kommentiert werden. Scheinbar hat es aber nicht dazu geführt, die Politiker (stellvertretend sei hier zuerst CDU-Chef Friedrich Merz genannt) dazu zu motivieren, einmal kurz durchzuatmen und über die Gründe für die Ergebnisse nachzudenken. Wie immer, obwohl oft unterschätzt, ist die Wirtschaft der Politik mit ihrer Lageeinschätzung voraus.

So ist bei ZDF-heute zu lesen, dass Top-Ökonomen und -Verbände vor den wirtschaftlichen Konsequenzen durch die Wahlerfolge von AfD und BSW warnen. Deutlich wird hier der Arbeitgeberpräsident, Rainer Dulger, wenn er sagt: „Besonders der Zulauf zu den politischen Rändern zeigt die starke Verunsicherung der Menschen und das fehlende Zutrauen, dass sich unser Land in die richtige Richtung entwickelt.“

Gemeint ist hier besonders die Verschärfung des Fachkräftemangels.

Selbstverständlich richten sich die Appelle an die Ampel-Regierung: Wer regiert, kann ja etwas ändern. Aber ist das ein Grund, die Stimmung im Land durch Ampel-, besonders Grünen-Bashing, weiter aufzuheizen?
Nehmen wir die Causa Volkswagen: Der Konzern steckt tief in der Krise und es drohen sogar Werksschließungen. Das liegt nicht nur am Vertrauensverlust durch die Dieselaffäre.

Die Sache mit der Elektromobilität

Friedrich Merz macht eine seiner Volten und adressiert das an die Bundesregierung, als wirtschaftspolitischen Weckruf: „Deutschland ist nicht mehr wettbewerbsfähig genug“. Das stimmt sogar in den Grundzügen. Allerdings denkt er im gleichen Atemzug darüber nach, ob VW mit einer einseitigen Festlegung auf die Elektromobilität einen Fehler gemacht habe. Weiterhin meint er: „Das ist keine konjunkturelle Frage des Weltmarktes.“

Das VW-Management selbst redet lieber von gestiegenen Materialpreisen und dass Kunden in der aktuellen Konjunkturdelle weniger teure Autos mit Sonderausstattung kaufen. Das profitable Kernsegment bei Volkswagen sind also Luxuskarossen?

Hier ist auch bemerkenswert, dass die Einführung des VW-Trinity, der immerhin als Elektrofahrzeug zu massentauglichen Preisen angekündigt war, um sechs Jahre verschoben wurde, auf 2032.

Was ist aber mit dieser bösen Konjunktur?

Da brechen Exportmärkte weg, weil VW zu spät und im falschen, dem oberen Segment, auf Elektromobilität gesetzt hat. Einen Massenmarkt erreicht man mit diesen Fahrzeugen nicht. Norwegen zum Beispiel verbietet den Verkauf von Verbrennerautos ab 2025, Schottland ab 2032 und andere europäische Länder ziehen nach. China lässt zwar den Betrieb von Kfz mit Verbrennermotoren wahrscheinlich noch länger als gedacht zu, aber wird voraussichtlich die Hürden für die Konkurrenz aus Europa hoch ansetzen.

Gibt es überhaupt eine Konjunktur für den Verbrenner, wie Herr Merz meint, oder wird er das auch wieder relativieren, wie bei der Wärmepumpe? Es scheint, als ob die Rhetorik des Wahlkampfes, ohne Pause, bis zur nächsten Bundestagswahl durchgehalten wird.

Aber das macht nicht nur Friedrich Merz. Auch Christian Lindner, der ja immerhin in der nicht unbedeutenden Position des Finanzministers ist, schlägt um sich.

In seiner „Schnauze voll Rede“ im Bericht aus Berlin erkennt er für seine Finanzpolitik keinen Handlungsbedarf. Er spricht nur von Migration als dem Hauptproblem. Ob er, außer dem strikten Festhalten an der Schuldenbremse und dem ständigen Draufschlagen auf Bürgergeldempfänger, etwas für den Standort Deutschland tun könnte?

Zuletzt noch die beiden Landesfürsten Kretschmer (Sachsen) und Voigt (Thüringen). Letzterer freut sich über die Verluste der Linken mehr, als er sich über den zweiten Platz bei der Wahl ärgert. Kretschmer will Gemeinsamkeiten mit dem BSW sondieren, vorbereitet hat er ja schon einiges. Das wären, zum Beispiel: das Festhalten an fossilen Energieträgern, also auch an russischem Öl und Gas, und die Kürzung der Ukraine-Hilfe. So klappt es dann mit Sahra Wagenknecht.

Fazit: Wir werden bis zur nächsten Bundestagswahl, egal wann diese ist, die alte Leier weiter hören: „Die Grünen sind schuld“, „Wir brauchen russisches Gas und Öl“ und natürlich „Migration ist die Mutter aller Probleme“. Wenn dann die AfD im Bund stark abschneidet, will es wieder keiner gewesen sein.

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