Die Stiftung Friedliche Revolution und das Theater der Jungen Welt (TDJW) laden im Rahmen des Projektes „Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig“ ab dem 23. August 2024 zur 2. Runde des theatralen Stadtrundgangs „Fritzi war dabei“ durch die Leipziger Innenstadt ein. Worum es geht, darüber sprechen Projektleiterin Annette Baumeister (Stiftung Friedliche Revolution) und Intendantin Winnie Karnofka (Theater der Jungen Welt) im Interview.

Kinder und Jugendliche ab 8 Jahren, aber auch Erwachsene und Familien, können dabei an den Originalschauplätzen der Friedlichen Revolution, unter anderem dem Nikolaikirchhof, dem Ring, oder der Runden Ecke, nachspüren, was dort im Herbst 1989 stattgefunden hat. Vom 23. August bis zum 20. Oktober stehen weitere 33 Stadtrundgänge auf dem Programm.

Warum gibt es die Rundgänge gerade im Jahr 2024?

Annette Baumeister: 2024 jährt sich die Friedliche Revolution zum 35. Mal. Das allein wäre Anlass genug. Aber: Der theatrale Stadtrundgang ist ein Angebot der Stiftung Friedliche Revolution, die im Auftrag der Stadt Leipzig den Prozess zur Errichtung des nationalen Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig organisiert.

Uns ist wichtig, neben dem künstlerischen Wettbewerb mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Deshalb bieten wir zielgruppenspezifische Vermittlungs- und Beteiligungsangebote an. Der theatrale Stadtrundgang ist unser Angebot für Kinder und Familien.

Seit Anfang Mai laufen die Rundgänge „Fritzi war dabei“ zu den wichtigsten Orten der Friedlichen Revolution. Wie war die Resonanz bisher?

Winnie Karnofka: Zunächst freuen wir uns über 1.500 Teilnehmende in der ersten Runde. Schön ist, dass neben den Schulvorstellungen auch die Familienvorstellungen große Resonanz erfahren haben. Der generationenübergreifende Austausch im gemeinsamen Spazieren, Zuhören und Erinnern ermöglicht Erwachsenen, gegebenenfalls eigene Erinnerungen und Erlebnisse während der Friedlichen Revolution mit ihren Kindern zu teilen, und an die Schilderungen von Fritzi anzuknüpfen und mit eigenen Bezügen zu ergänzen.

Darüber hinaus stellten wir fest, dass sich das Angebot auch für Gruppen eignet, die Leipzig als Tourist/-innen, beispielsweise als Klassenfahrt, besuchen, und so in theatraler Form etwas über die Stadt und deutsch-deutsche Geschichte erfahren können.

Wenn Sie mit den Teilnehmer/-innen sprechen, was bewegt diese genau?

Winnie Karnofka: Durch die dezidierte, direkte Ansprache und Beteiligung des Publikums durch die Figur Fritzi werden bei jedem der theatralen Stadtrundgänge „Stimmen“ gesammelt und sichtbar gemacht. Angelehnt an die „Dialog-Säule“ am ehemaligen Karl-Marx-Platz im Herbst 1989 haben wir zum Ende des Stadtrundgangs eine Litfaßsäule integriert, an der die Teilnehmer/-innen auf buntem Papier, wie auf einem Transparent, Forderungen formulieren können und die Themen, die sie wie Fritzi zur Demo auf die Straße bewegen würden, sichtbar werden.

Sie ist am Eingang der DenkmalWerkstatt fest installiert, und wird nach jedem Stadtrundgang mit neuen Sprüchen bestückt. Hier wird deutlich, wie nah einander die Wünsche nach Freiheit, Gerechtigkeit und demokratischem Miteinander von damals und heute sind. Hinzu kommen einige aktuelle Forderungen gegen Krieg, Klimawandel und für Vielfalt.

Durch dieses partizipative Moment am Ende des Rundgangs verbindet sich Fritzis Geschichte mit der Gegenwart, und der Frage, was junge Menschen heute umtreibt und zum Demonstrieren auf die Straße bewegt. Eine Auswahl dieser Plakatsprüche ist auf der Instagramseite des TDJW zu sehen.

Warum denken Sie, haben Sie den Nerv der Teilnehmer/-innen getroffen?

Annette Baumeister: Der Stadtrundgang basiert auf dem wunderbaren Kinderbuch von Hanna Schott „Fritzi war dabei – eine Wendewundergeschichte“, verlegt vom Klett Kinderbuch Verlag. Das TDJW hat diese Geschichte auf sehr besondere Weise in einen kreativen Stadtrundgang verwandelt.

Fritzi wird lebendig und ihre Bühne sind die verschiedenen Orte der Friedlichen Revolution in der Innenstadt. Dieses Zusammenspiel begeistert und inspiriert die Teilnehmenden und nimmt sie mit in die Zeit von 1989.

Die Rundgänge sind für Kinder ab 8 Jahren? Warum denken Sie, ist es gerade wichtig, junge Menschen an Geschichte heranzuführen?

Annette Baumeister: Kinder an Geschichte heranzuführen ist wichtig, aber das Angebot sollte zu ihnen passen. Fritzi ist in dem Alter unserer Zielgruppe, Kinder von 8 bis 12 Jahren, die Eltern unserer Zielgruppe waren 1989 mitunter so alt wie ihre Kinder jetzt. Da kommt viel in Gang – z.B. ein Austausch zwischen den Generationen. „Wie war das damals, als das Land durch eine Mauer geteilt war?“

Geschichte wird immer auch zwischen den Generationen vermittelt. Die couragierten Menschen, die 1989 in Leipzig und in vielen anderen Orten der ehemaligen DDR demonstriert und die kommunistische Diktatur beendet haben, können uns Mut machen. Wir Menschen können Großes bewirken. Das ist die Botschaft des Freiheits- und Einheitsdenkmals.

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