Am 10. September 2024 wird der gegenwärtig triste Ort der ehemaligen Ez-Chaim-Synagoge im Kolonnadenviertel um ein weiteres Erinnerungselement bereichert. Eine Klanginstallation wird den Ort als Stätte zum Aufhorchen, Zuhören und Erinnern nun auch hörbar machen und dauerhaft prägen. Die Ez-Chaim-Synagoge, die ehemals größte orthodoxe Synagoge Sachsens, wurde am 10. September 1922 eingeweiht und konnte nur 16 Jahre bis zur Zerstörung in der Pogromnacht 1938 eine Stätte lebendigen jüdischen Lebens sein.

In dieser Zeit war sie überdies regelmäßig ein Anziehungspunkt synagogalen Gesangs. Seitdem fristet der Ort ein Schattendasein als Parkplatz mit der unwirtlichen Ausstrahlung einer Betonfläche. Die Synagoge gab vor allem jüdischen Menschen innere Heimat, die vor den schon Ende des 19. Jh. einsetzenden Pogromen im Osten Europas fliehen mussten.

Einige Jahrzehnte war Leipzig Zufluchtsort für verfolgte Juden in Europa, ehe die Nationalsozialisten die Stadt für sie zum Vertreibungsort machten. Bereits vor zwei Jahren (2022) verantwortete der Notenspur-Verein gemeinsam mit dem Bürgerverein Kolonnadenviertel eine Festwoche zum 100. Weihe-Jubiläum der ehemaligen Synagoge.

Viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter haben sich dafür eingesetzt, dass die jüdischen Menschen, die in der Synagoge ein- und ausgingen und dann vertrieben und meist in den Vernichtungslagern ermordet wurden, nicht dem Vergessen anheimfallen. Ein zwischenzeitlicher Schaukasten und Erinnerungstafeln wurden zerstört.

Durch eine Förderung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und das Entgegenkommen vieler Beteiligten konnte der Notenspur-Verein nun die Klanginstallation unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Burkhard Jung realisieren. Die Bestandteile der klingenden Installation sind zwei Originalaufnahmen, sowohl der Gesang des damals weit über Leipzig hinaus bekannten Oberkantors Nahum Wilkomirski sowie eine zweite Aufnahme des Oberkantors Salomon Kupfer aus den 1920er Jahren.

Der Klang wird tagsüber in kurzen Sequenzen ausgelöst, wenn der Ort passiert wird. Die Installation ergänzt in würdiger Weise das große Banner der Giebelwand, welches die Innenansicht der Synagoge zeigt und im vergangenen Jahr installiert worden ist.

Gedenken am Ort der Ez-Chaim-Synagoge mit der Cellistin Ayala Sivan Levi. Foto: Werner Schneider
Gedenken am Ort der Ez-Chaim-Synagoge mit der Cellistin Ayala Sivan Levi. Foto: Werner Schneider

Die Einweihung

Eingeweiht wird die Installation am 10. September um 17 Uhr am Parkplatz Apels Garten 4 (hinter Norma, Otto-Schill-Straße 10). Die Veranstaltung enthält musikalische Beiträge der Cellistin Ayala Sivan Levi in jüdisch-orthodoxer Tradition, Texte, die früher in der Synagoge gelesen wurden und den mehrheitlich Geflüchteten Halt und Orientierung gaben, sowie Grußworte.

Die Leipzigerinnen und Leipziger sind herzlich zur Einweihung eingeladen, um zum Ausdruck zu bringen, dass Antisemitismus in unserer Gesellschaft keinen Platz hat und wir uns freuen, dass es wieder jüdisches Leben in Leipzig gibt.

Die Einweihung der Klanginstallation ist Bestandteil der Europäischen Tage der Jüdischen Kultur.

Die Ez-Chaim-Synagoge ist wichtiger Teil des Leipziger Notenbogens, welcher als Folgeprojekt der Notenspur eine Reihe von authentischen Wirkungsstätten jüdischer Musiker und Musikerinnen umfasst. Ein großer Teil des Notenbogens soll anlässlich des Sächsischen Themenjahres „TACHELES – Jahr der jüdischen Kultur in Sachsen 2026“ eingeweiht werden. Ebenfalls in Planung ist ein Notenbogen-Soundwalk. Dafür haben Leipziger Schulen im letzten Jahr bereits Hörspiele für die Stationen mit jüdischer Thematik erstellt.

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