Die Polizei war am Samstag bei der Antifa-Demo in Leipzig mit einem massiven Aufgebot vor Ort. Zu den mehr als 500 Demoteilnehmer*innen gehörte Irena Rudolph-Kokot. Für „Leipzig nimmt Platz“ organisiert sie seit Jahren selbst regelmäßig Demonstrationen. Die Leipziger Zeitung hat Rudolph-Kokot gefragt, was sie über den Polizeieinsatz am Samstag denkt.

Wie haben Sie den Polizeieinsatz wahrgenommen?

Der Einsatz war vollkommen überzogen und auf Eskalation ausgerichtet. Wir hatten mindestens eine Eins-zu-eins-Betreuung, liefen teilweise im Wanderkessel, Wasserwerfer wurden aufgefahren. Das alles bei einer absolut friedlichen und bunten Demonstration.

Haben Sie schon einmal ähnliches erlebt oder ist das eine neue Dimension?

Es gab immer wieder unverhältnismäßige Polizeieinsätze. Hier sei vor allem der Polizeieinsatz am 3. Juni 2023 erwähnt, besser bekannt als Leipziger Kessel. Aber auch bei der Demonstration gegen das Versammlungsgesetz im Mai dieses Jahres war die Polizeipräsenz unverhältnismäßig hoch. Nach meiner Beobachtung nimmt das seit Frühjahr/Sommer 2023 zu.

Was bezweckt die Polizei damit?

Eindeutig ist das eine Machtdemonstration und soll abschrecken. Das ist aus meiner Sicht ein Problem, wenn der Staat so auftritt, dass Menschen ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht mehr wahrnehmen. Das trägt zur Abkehr von der Demokratie bei und schürt Misstrauen staatlichen Organen gegenüber.

Eine derartige Herangehensweise soll auch gleichzeitig einem bestimmten politischen Spektrum den generellen Stempel der Gesellschaftsgefährdung aufdrücken. Hier werden in den Staatsorganen grundsätzlich gehegte Ressentiments für linke Gesellschaftsentwürfe wie in einer Show für die Öffentlichkeit als aggressiv und latent destruktiv gebrandmarkt.

Gibt es überhaupt Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren; rechtlich oder mit anderen Mitteln?

Es ist schwierig. Man kann als Anmelder*in der Versammlung natürlich gegen konkrete Auflagen klagen oder als Betroffene gegen konkrete polizeiliche Maßnahmen. Klagen sind immer langwierig, vor allem die an den Verwaltungsgerichten. Natürlich lohnt es sich, wenn es um Grundsatzfragen geht, die dann für viele Versammlungen Auswirkungen hätten. Klagen kosten aber auch und somit werden nur Personen klagen, die sich das leisten können und wollen.

Über den Einsatz kann man sich beschweren beziehungsweise parlamentarische Aufarbeitung fordern. Letztlich ist es auch Aufgabe der politisch Verantwortlichen, ein versammlungsfreundliches Klima zu schaffen und die Behörden darauf einzustellen. In Sachsen ist das Gegenteil der Fall.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die AfD nach der Landtagswahl mitregiert. Muss man damit rechnen, dass die Polizei dann noch massiver auftritt und angemeldete Antifa-Demonstrationen praktisch nicht mehr stattfinden können?

Allein das beschlossene neue Versammlungsgesetz wird es massiv erschweren, Versammlungen durchzuführen, auch ohne AfD-Regierung. Die Polizei agiert nicht im luftleeren Raum. Sie setzt Vorgaben des Innenministeriums um und arbeitet mit der Staatsanwaltschaft zusammen. Das Personal in beiden Institutionen hat immer wieder gezeigt, dass ihm alles vermeintlich Linke ein Dorn im Auge ist. Ich habe da leider keine positive Prognose parat.

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