Es ist eine legendenumrankte Geschichte, die Geschichte von Auerbachs Keller, auch schon in seinen Anfängen. War es wirklich das Jahr 1525, als Dr. Heinrich Stromer aus Auerbach erstmals Wein an Studenten im Keller seines Hauses ausschenken ließ, also die Geburtsstunde für eines der traditionsreichsten Gasthäuser Deutschlands? 1519 hatte Stromer den alten Hof in bester Marktlage von den Hummelshains gekauft. Ab 1530 hat er den Hof und den Keller umgebaut. 500 Jahre kommen schon irgendwie hin.
Auch für das Datum, das den Keller erst richtig berühmt gemacht hat: Gemeint ist die mutmaßliche Anwesenheit von Johann Georg Faust in Leipzig 1525, die dann in der Geschichte von „Doktor Johann Faust“ ihren Niederschlag fand, wo dann auch der berühmte Fassritt seinen Niederschlag fand, der erst zu den Gemälden in Auerbachs Keller Anlass gab und später dann einen hessischen Dichter auf die Idee brachte, ein „Faust“-Drama zu schreiben.
Vielleicht saß er auch selbst in diesem Keller, sah die Bilder und trank dazu eifrig Wein? Wer weiß das schon? Oft sind es die am besten erzählten Geschichten, die nicht nur überdauern, sondern auch Orte legendär machen.
Und das will Auerbachs Keller 2025 feiern. Daraufhin ist schon ein ganzes Jubiläumsprogramm geplant. Manches klapp, manches nicht. So scheiterte der Versuch, das Keller-Jubiläum im Jubiläumsjahr auf eine Geldmünze zu bekommen – das Fassritt-Motiv auf die 2-Euro-Münze.
Dafür gelang es der Haus-Patissière Lisa-Marie Fiebrich, eine süße „Goldschuh“-Torte zu erschaffen (Vorbild ist der blank gewetzte Schuh von Mathieu Molitors Faust-Skulptur vorm Eingang zu Auerbachs Keller), nach deren Modell jetzt eine kleinere Schokoladenguss-Replik in die Produktion geht und ab Sommer im Auerbachs Keller zu erwerben sein wird.
Zu erfahren war das am Donnerstag, dem 4. April, in der Mittagsstunde bei einem Termin in der Großen Wagenhalle im Straßenbahnhof Angerbrücke. Eingeladen hatte – nein, nicht Mephistopheles –, sondern René Stoffregen, Geschäftsführer von Auerbachs Keller. Aber Mephistopheles war auch da. Er gehört quasi zum Haus und wer öfters im Keller verkehrt, hat Hartmut Müller alias Mephisto dort auch schon in Aktion erlebt, wenn er die alte Legende im Keller zu Leben erweckte.
Diesmal traute sich Mephisto ans Tageslicht und lud die Neugierigen in die extra zum Jubiläum knallrot beklebte Straßenbahn ein, die nun die nächsten Monate durch Leipzig rollen wird und Passanten und Fahrgäste daran erinnert, dass die Stadt eines der ältesten und berühmtesten Gasthäuser besitzt.
Berühmt nicht durch Funk und Fernsehen, sondern durch Volksbuch und Drama. Der Mensch braucht gute Geschichten, um Orte in Erinnerung zu behalten. Und diese richtig starke Geschichte zeigt jetzt die Niederflurstraßenbahn mit der Nummer 1139: Mephisto in Aktion und die ganze Studentenszene aus dem „Faust“.
Mit der Bahn-Nummer 1111 hat es nicht ganz geklappt. Dann hätte auch noch der Autor des Ganzen seinen Platz auf dem Heck der Bahn gehabt: Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832).
So ist es jetzt der Physiker Gustav Hertz (1857–1894), der sich die teuflische Fahrt gefallen lassen darf. Zu seiner Zeit fuhren die Straßenbahnen noch durch die Grimmaische Straße fast vor den Eingang zur Mädlerpassage und der Weg war kurz in den Keller, wo nicht nur Touristen gern einkehrten, um einmal im Leben das Gefühl zu haben, mitten in einem echten Drama zu sitzen.
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