Es war die dümmste und die schädlichste Diskussion, die da vor den Sommerferien durch das Land tobte: Das medial aufgebauschte Hickhack um das neue Heizungsgesetz, mit dem das Auswechseln fossiler Heizungen durch klimafreundliche Heizungsanlagen unterstützt und gefördert werden soll. Die Heizungsbesitzer sollen dabei Förderung durch den Bund erhalten. Aber stattdessen wurde eine wilde Diskussion entfesselt darüber, dass arme Heizungsbesitzer jetzt ihre Anlagen herausreißen sollen.
Eine Diskussion, die damit begann, dass ein Mitglied aus internen Regierungsrunden das noch unfertige Gesetzespaket an eine Zeitung des Springer-Konzerns durchstach, die daraus natürlich mit Behagen einen Skandal strickte und mit allen Kanonen auf den Wirtschaftsminister der Grünen zu schießen begann. Mit heftigen Kollateralschäden für die Demokratie.
Skandal! Skandal!
Denn die Zeiten, dass seriöse Zeitungen und Magazine sich an den selbstgesetzten Kodex hielten, keine Meldung aus einem der Springer-Medien zu übernehmen, sind lange vorbei. Die immer kurzatmigere Nachrichtenwelt hat die Grenzen verwischt und weil es nur noch um pure Aufmerksamkeit zu gehen scheint, waren in diesem Fall alle großen Medien sofort dabei, die Skandalmeldung zu übernehmen, ihrerseits zuzuspitzen und daraus einen über Wochen gärenden Regierungsskandal zu brauen.
Und in diesen Wochen zeichnete die deutsche Medienlandschaft von der Ampelregierung nur noch ein Bild der Zerstrittenheit, der Unfähigkeit, gute Gesetze zu machen und sich intern zu einigen. Und damit ein fatales Bild vom Funktionieren der Demokratie.
Was dann auch einiges erklärt zu den rasant steigenden Zustimmungsraten für die rechtsradikale AfD, die sich als Oppositionspartei nicht einmal die Mühe machen muss, irgendwelche konsensfähigen Vorschläge zu machen. Auch ihre Redezeiten im Bundestag nutzt die AfD-Fraktion regelmäßig nur dazu, die Mitglieder der anderen Parteien und insbesondere der Regierungskoalition herunterzumachen und für unfähig zu erklären, gern weiterverbreitet in zahllosen Youtube-Clips, in denen man ganz allein die Redner der AfD-Fraktion sieht, die so tun, als hätten sie allein die Lösung für alles.
Obgleich es Lösungsvorschläge aus dieser Truppe nicht gibt.
Auch nicht zum Heizungsthema, mit dem über all die Wochen all die Häuslebesitzer aufgescheucht wurden, denen nun – mit völlig falschen Argumenten – die Angst eingeredet wurde, sie müssten gleich morgen ihre alten Gas- und Ölheizungen herausreißen. Das alles, obwohl es darum gar nicht ging.
Und nur so nebenbei: Angstmachen ist die Leib- und Magenspeise der Demokratiefeinde. Davon leben sie. Damit schüren sie die Emotionen und verdummen die Wähler.
Kühlen Kopf bewahren
Aber es geht um die Energiewende, für welche die rot-grün-gelbe Regierung eigentlich gewählt wurde. Und die kann sie nur gestalten, wenn sie den Bürgern einen gesetzlichen Rahmen gibt, in dem sie auch agieren können und – wie im Fall der alten Heizungen – eben auch Förderung vom Staat erhalten sollen.
Aber es war nicht nur die FDP, die sich in diesen Wochen immer wieder so benahm, als gehörte sie gar nicht zur Regierung. Es war auch die CDU, die einen Riesenlärm gegen das Gesetz anstimmte, obwohl auch deren Rednern klar sein sollte, dass Deutschland seine Klimaziele nur erreicht, wenn auch die fossilen Heizungen nach und nach alle ausgetauscht werden. Dazu ist das Heizungsgesetz die zwingende Vorlage. Anders geht es gar nicht.
Was auch die Besitzer dieser alten Anlagen merken, wenn sie nur ein bisschen darüber nachdenken, wie sich der Markt eigentlich entwickeln wird in nächster Zeit. Denn längst ist absehbar, dass Öl und Gas immer teurer werden. Dass also das Heizen mit diesen fossilen Brennstoffen in den nächsten Jahren zu einem Luxus wird, den sich immer weniger Menschen leisten können.
Was auch notwendig ist, sonst wird Deutschland nicht klimaneutral. Es wäre also höchst angebracht, dem angestimmten Lamento eben nicht beizufallen.
Dazu rät auch die Verbraucherzentrale Sachsen.
Weil das Heizungsgesetz vom Bundesverfassungsgericht bis nach der Sommerpause auf Eis gelegt wurde, empfehlen die Verbraucherschützer/-innen aus Sachsen allen nervösen Hausbesitzer/-innen jetzt auch, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht zu vorschnellen Entscheidungen hinreißen zu lassen, was den Wechsel der Heizung angeht.
„Wir erleben eine politisch aufgeladene Diskussion. Es besteht aktuell kein akuter Handlungsdruck“, hebt Andreas Eichhorst, Vorstand der Verbraucherzentrale Sachsen, hervor. „Zuerst brauchen wir Klarheit, was die Fördermöglichkeiten angeht, erst dann lohnt es sich, individuelle Optionen zu prüfen. Denn nur so lässt sich abschätzen, welche Investition sich konkret wie lohnt.“
Hier geht es um die nächsten Jahrzehnte
Die Verbraucherschützer/-innen weisen auch darauf hin, dass die Entscheidung für ein neues Heizungssystem die nächsten 20 bis 30 Jahre beeinflussen wird.
„Daher müssen im Sinne einer cleveren Entscheidungsfindung die Betriebskosten über die Folgejahre einberechnet werden. Mit der CO₂-Bepreisung im Allgemeinen und mit dem Rückgang der vorhandenen Anschlüsse ans örtliche Netz beim Gas im Besonderen, werden die laufenden Kosten für fossile Energieträger perspektivisch ansteigen“, betont Lorenz Bücklein, Energiereferent der Verbraucherzentrale Sachsen.
Die Verknüpfung mit der kommunalen Wärmeplanung sieht die Verbraucherzentrale Sachsen zwiegespalten. Zwar entsteht damit im Idealfall ein ganzheitliches Konzept für die Wärmewende vor Ort.
Jetzt nichts überstürzen
„Mit den Übergangsfristen entstehen für Verbraucher/-innen aber unnötige Risiken. Die schnelle Entscheidung für eine Gas- oder sogar Ölheizung, bevor das neue Gesetz greift, kann sich zu einer Kostenfalle für Hauseigentümer/-innen entwickeln. Verbraucher/-innen brauchen demnach schnell klare Regelungen“, warnt Bücklein.
Für alle, die sich über mögliche Kosten informieren wollen oder einfach unsicher sind, bieten die unabhängigen Energieberater/-innen der Verbraucherzentrale Sachsen auch bis zur Umsetzung des viel kritisierten Heizungsgesetzes valide Daten, um Kostenfallen und Risiken aufzudecken. Auch zu allen technischen Fragen – beispielsweise zur Leistungsfähigkeit einer Wärmepumpe im Bestandsgebäude oder bezüglich einer Gegenüberstellung der einzelnen Heizungstypen – haben die Ingenieur/-innen und Architekt/-innen die passende Antwort.
Der fatale Eindruck
Aber das, was völlig entfesselte Medien angerichtet haben, als sie den Klamauk diverser Politiker auch noch verstärkt haben, die moderne Politik als einen Zirkus der lautstarken Inszenierungen verstehen, wird nicht so bald wieder zu reparieren sein. Der Eindruck bleibt, dass Demokratie am Streiten derer scheitert, die von den Bürgern gewählt wurden. Denen eigentlich völlig egal ist, wie Gesetzeskompromisse in Koalitionen zustande kommen. Dass es da auch mal hart zur Sache geht, ahnen die Meisten.
Aber dass das dann als öffentliches Theater zelebriert wird, erweckt den beängstigenden Eindruck, dass demokratische Parteien keine (gemeinsamen) Lösungen mehr finden, um das Land auf Zukunftskurs zu bringen.
Obwohl gerade der Streit um gute Lösungen Wesenskern der Demokratie ist.
Wenn er aber instrumentalisiert wird, um irgendwie Punkte in der Wählergunst zu sammeln, geht das ganz offensichtlich schief und spielt den Leuten in die Hände, die von Demokratie und Kompromissen gar nichts halten.
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