Deutlicher konnte es nicht ausfallen: das Urteil des kirchlichen Verwaltungsgerichts. Es hatte im Rechtsstreit zwischen den beiden Innenstadt-Kirchgemeinden St. Nikolai und St. Thomas auf der einen und dem Ev.-Luth. Landeskirchenamt Sachsens auf der anderen Seite zu entscheiden. Die Entscheidung vom 04. Juli 2023 war eindeutig und unmissverstรคndlich.

Der Bescheid des Landeskirchenamtes vom 19. Juli 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2021 wurde vom kirchlichen Verwaltungsgericht fรผr nichtig und damit fรผr unwirksam erklรคrt. Damit bleiben die beiden Kirchgemeinden St. Nikolai und St. Thomas eigenstรคndig. Sie werden nicht in ein sogenanntes Schwesternkirchverhรคltnis gezwungen. Dieses wรคre ein organisatorisches Monstrum geworden und hรคtte gleichzeitig die eigenstรคndigen Profile zerstรถrt.

Auch wenn die Begrรผndung fรผr das eindeutige Urteil noch nicht vorliegt, eines ist klar: Das kirchliche Verwaltungsgericht hat mit seiner Entscheidung dem selbstherrlichen Handeln des Landeskirchenamtes Einhalt geboten. Das war รผberfรคllig und im Blick auf die Arbeit aller Kirchgemeinden dringend erforderlich! Der Selbstzerstรถrungsprozess, den kirchenleitende Gremien in Gang gesetzt und zu verantworten haben, muss endlich beendet werden.

Insofern ist die Entscheidung des kirchlichen Verwaltungsgerichts ein Weckruf: Kirchliches Leben wรคchst von unten und kann nicht von oben in Gutsherrenart verordnet werden! Das sollten die Kirchenbรผrokraten in Dresden endlich begreifen. Sie sollten auch endlich ihre Rolle und Funktion sehen: Sie stehen im Dienst der Gemeinden und nicht umgekehrt! Die autoritรคre Attitรผde โ€žWir wissen, was fรผr euch gut ist, und setzen das deswegen durchโ€œ muss endlich der Vergangenheit angehรถren.

Das Urteil des kirchlichen Verwaltungsgerichtes sollte auch als Mahnung an die Landessynode der sรคchsichen Landeskirche und an den Landesbischof verstanden werden. Die larmoyante Haltung, die diese Organe der Landeskirche gerade in den letzten Jahren gegenรผber dem Landeskirchenamt an den Tag gelegt haben, muss ein Ende haben. Angesichts der umfassenden Krise, in der sich die Kirche als Ganzes befindet, kรถnnen wir uns diese Art von herablassender, autoritรคrer Fรผhrung nicht mehr leisten.

Vielmehr gilt es jetzt die Gemeinden darin zu stรคrken, vor Ort und mit aller Kraft fรผr die Menschen zu wirken. Dass mit diesem Urteil dafรผr hoffentlich neue Voraussetzungen geschaffen worden sind, ist meine groรŸe Hoffnung. Insofern kann man den beiden Kirchgemeinden zu ihrem Erfolg nur gratulieren. Denn von diesem kรถnnen und werden viele andere Gemeinden auch profitieren.

Christian Wolff, geboren 1949 in Dรผsseldorf, war 1992โ€“2014 Pfarrer der Thomaskirche zu Leipzig. Seit 2014 ist Wolff, langjรคhriges SPD-Mitglied, als Blogger und Berater fรผr Kirche, Kultur und Politik aktiv. Er engagiert sich in vielen Bereichen des รถffentlichen Lebens. Zum Blog des Autors: https://wolff-christian.de/

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