Sie sind alt, sie sind schön – und sie sind weit mehr als eine kostspielige Deko. Bis zu 148 Jahre haben die historischen Handschwengelpumpen (HSP) bereits auf dem Buckel, die noch immer im Leipziger Stadtbild bewundert werden können.

Waren sie einst elementarer Bestandteil der städtischen Wasserversorgung, verloren sie später durch den Ausbau des Trinkwassernetzes und die sinkende Zahl von zu tränkenden Pferden an praktischer Bedeutung. Ein bis in den Zweiten Weltkrieg hinein geführtes Verzeichnis der Leipziger Wasserwerke listet insgesamt 282 Exemplare dieser Pumpen auf.

Cover Leipziger Zeitung Nr. 113, VÖ 31.05.2023. Foto: LZ
Cover Leipziger Zeitung Nr. 113, VÖ 31.05.2023. Foto: LZ

Nach Angaben der Stadtverwaltung sind davon heute noch mehr als die Hälfte erhalten, 142 Stück stehen als Kulturdenkmale unter Denkmalschutz. Doch die meisten von ihnen sind außer Betrieb und stehen mit reichlich Patina recht angeschlagen in der Gegend herum.

Denn eine Restaurierung und Wiederinbetriebnahme ist teuer, kostet pro Exemplar mindestens 50.000 Euro. Muss darüber hinaus auch der unterirdische Pumpenschacht wieder instand gesetzt werden, kann das locker noch mal 25.000 Euro und mehr extra kosten.

Dennoch ist es bisher gelungen, 27 Handschwengelpumpen wieder schick zu machen, auch wenn aktuell nicht alle von denen tatsächlich Wasser zum Vorschein bringen. Von den ursprünglich elf in Leipzig existenten Bautypen sind heute hauptsächlich noch fünf Typen vorhanden: Delphin (ab 1875), Gotik (ab 1877), Kleiner Löwe (ab 1908), Vogelkäfig sowie Großer Löwe (beide ab 1910).

Namensgebend sind dabei die Figuren und Gestaltungselemente, die den oberen Abschluss der jeweiligen Pumpsäule bilden. Da Leipzig einst nicht nur in Sachen Wasser, sondern auch finanziell recht flüssig war, konnte man es sich leisten, die aus Gusseisen angefertigten Gehäusetypen durch Künstler bzw. Architekten entwerfen zu lassen. Das macht sie bis heute auch ästhetisch zu Hinguckern.

Grünen-Fraktion fragt nach

Über den langen Lauf der Jahre, auch über DDR-Zeiten hinweg, blieben die Pumpen in den Köpfen der Stadtverwaltung präsent. „Der Erfassung und Pflege der Pumpen kam bereits seit den 1950er Jahren hohe Aufmerksamkeit von Stadtgestaltern und Denkmalpflegern zu.

Auch in den späten 1980er und den 1990er Jahren wurden die historischen Handschwengelpumpen als Teile öffentlicher Daseinsvorsorge, der Wasserversorgungssysteme und gründerzeitlicher Straßenplanungen ergänzend erfasst und von den Leipziger Wasserwerken instandgesetzt und gepflegt.“ Mit diesen Worten leitete die Verwaltung im Mai 2021 ihre Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Stadtrat ein.

Die Grünen hatten das Thema Handschwengelpumpen wieder scharfgemacht, da diese in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels als öffentliche Wasser-Entnahmestellen eine wichtige Ressource darstellen können. Zwar spucken diese kein Trinkwasser aus, sind aber zur äußerlichen Erfrischung und zum Gießen von beispielsweise Straßenbäumen eine gute Ergänzung.

Die Fraktion fragte daher unter anderem nach den Plänen der Stadt zur Wiederherstellung verfallener Pumpen und dem Stellenwert, den sie im Bewässerungskonzept Leipzigs einnehmen könnten.

In ihrer Antwort legte die Stadt zunächst dar, was für ein umfangreiches Spektrum an Leistungen damit verbunden ist, die alten Pumpanlagen zu erhalten, zu restaurieren, wiederherzustellen und deren Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Zunächst müsse der Bestand erfasst und bewertet werden.

Um die Pumpen und Brunnen zu sanieren, muss der Pumpenaufsatz ausgebaut, gesichert und der Brunnenschacht saniert werden, wasser- und denkmalschutzrechtliche Genehmigungen sind vonnöten. Zudem bedarf es einer Baukoordinierung und Objektüberwachung.

Um die fünf historischen Typen der Pumpengehäuse, also Gotik, Kleiner Löwe, Großer Löwe, Delphin und Vogelkäfig, wieder fit zu bekommen, müssen defekte oder nicht mehr vorhandene Teile denkmalgerecht und sehr kostenaufwendig als Einzelstücke durch Abguss von Negativformen der Originale nachgefertigt werden. Ist es dann vollbracht, sind die sanierten Pumpen an ihren Standorten fortlaufend zu warten, instand zu halten und eventuelle Havarien zu beseitigen.

Ein Mammut-Projekt

Zuständig dafür ist seitens der Stadt das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA), das wiederum die Bau und Service Leipzig (BSL) GmbH, ihrerseits eine Tochter der Leipziger Wasserwerke, mit den entsprechenden Arbeiten betraut. Um die 130 noch existierende Pumpenstandorte sind aktuell bekannt, die allerdings oft nur noch teilweise erhalten sind.

Gerade einmal 15 Handschwengelpumpen sind tatsächlich funktionstüchtig. Weitere 15 Stück sind zwar bereits restauriert, bedürfen aber noch einiger Reparaturen, um das begehrte kühle Nass aus der Tiefe des Erdreichs ans Tageslicht zu befördern. An den verbleibenden 100 weiteren Standorten fehlt die Pumpe oft komplett oder sie fristet ein äußerst rudimentäres Dasein.

Alleine die große Anzahl an Pumpenstandorten zeigt, dass es sich auch bei allerbestem Willen um ein sehr langfristiges Projekt handeln wird. Noch deutlicher wird das, wenn man einen Blick auf die Kosten wirft, die für eine Rekonstruktion aufgewendet werden müssen.

Aus der bisherigen Erfahrung hat sich gezeigt, dass nur die Rekonstruktion eines Pumpenkörpers zwischen 50.000 und 70.000 Euro kostet. Doch damit ist es aber häufig noch nicht getan. Denn müssen auch an Brunnenschacht und -stube Reparaturarbeiten ausgeführt werden, kommen schnell nochmal 15.000 Euro obendrauf.

Nicht zu vergessen die Steinmetzarbeiten für die Schachtabdeckungen, die mit weiteren 8.000 Euro zu Buche schlagen können. So kann die Wiederherstellung nur eines einzigen Pumpen-Schätzchens also durchaus über 90.000 Euro kosten.

„Eine Sanierung und die Bewältigung der damit verbunden Aufgaben (u. a. Beschaffung von Fördermitteln, Beauftragung und Überwachung verschiedener Bauleistungen unterschiedlicher Gewerke, Materialstoffprüfungen und anschließende Unterhaltung der Pumpenstandorte) ist derzeit noch nicht darstellbar“, erklärt die Stadtverwaltung in einem Verwaltungsstandpunkt im April 2022.

Zu den oben genannten Herausforderungen gesellt sich nämlich zusätzlich das Problem, dass zurzeit keine Unternehmen bekannt seien, „die imstande wären, historische Pumpenkörper in den hier benötigten Formen herzustellen. Dies ergaben in den letzten Jahren mehrere Anfragen bei unterschiedlichsten Metallbauunternehmen im gesamten Bundesgebiet.

Das Metallbauunternehmen, das die Negative sowie den Guss des letzten Pumpenkörpers im Jahr 2013 realisiert hat, ist mittlerweile nicht mehr am Markt vertreten.“

Bisher sind im städtischen Haushalt jährlich 20.000 Euro für die Handschwengelpumpen verfügbar. Wie weit man damit kommt, lässt die oben genannte Kostenaufstellung erahnen. Von daher war es wie ein warmer Geldregen, dass im Doppelhaushalt 2023 und 2024 das Budget des Verkehrs- und Tiefbauamtes um jeweils 50.000 Euro erhöht wurde, die den alten Pumpen zugutekommen sollen.

Oberste Priorität wird dabei dem Delphin-Exemplar in der Wurzner Straße, gegenüber der Emmauskirche, eingeräumt. Mit Erfolg, denn im Rahmen des Sellerhäuser Parkfestes, soll diese Pumpe nun am 2. Juli um 16 Uhr feierlich wieder in Betrieb genommen werden.

„Leipzig pumpt“

Neben dem „schnöden Mammon“ werden aber auch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer benötigt, die sich für verschiedene Tätigkeiten rund um die Restaurierung und Wiederbelebung der Pumpen engagieren. Seit 2021 gibt es von der Stiftung „Ecken wecken“ das Projekt „Leipzig pumpt“, das sich genau darum kümmert und auf der Suche nach weiteren Verbündeten ist.

„Wir wollen so viele der historischen Pumpenstandorte wie möglich bis hin zum Wassersprudeln wiederbeleben oder wenigstens die Erinnerung an diesen Teil der industriellen und kulturellen Vergangenheit Leipzigs bewahren“, beschreibt „Leipzig pumpt“ seine Mission.

Dafür überprüft sie beispielsweise die vorhandenen Standorte, unterstützt die Instandhaltung funktionierender Pumpen, die Reparatur trockener Pumpenschächte sowie die Restaurierung und Komplettierung von Handschwengelpumpen.

Hoffnung auf eine absehbare Wiederbelebung dürfen sich auch durch dieses Engagement nun fünf weitere Pumpen machen. Aus 29 im Rahmen einer Umfrage ermittelten „Lieblingsstandorten“, wurden diese priorisiert.

Es handelt sich dabei um die Pumpen am Huygensplatz (Typ Kleiner Löwe), an der Löbstädter Straße 9 (Typ Vogelkäfig), der Leinestraße (Typ Delphin), der Bornaischen Straße 3 (Typ Großer Löwe) und dem East Park an der Mariannenstraße 91 (vermutlich Gotik).

Diese Standorte werden nun genauer auf den Aufwand hin untersucht, der für eine Rekonstruktion zu stemmen wäre. Wo genau diese und alle weiteren Handschwengelpumpen in der Stadt stehen und wie diese erhalten sind, kann über eine Online-Karte eingesehen werden.

Neue Pumpen braucht die Stadt

Neben diesen und weiteren Aktivitäten – zum Beispiel der Entwicklung von konkreten Unterstützungspaketen für Pumpenstandorte – bereitet die Initiative aber gerade ein ganz besonderes Projekt vor. Im Juli nämlich geht ein Ideenwettbewerb an den Start, der kreative Menschen dazu ermuntert, einen neuen Typ Handschwengelpumpe für die Stadt Leipzig zu entwerfen.

Die Idee ist durchaus pfiffig, denn mit welchen Hürden die Aufbereitung oder überhaupt Wiederbeschaffung der historischen Modelle einhergeht, wurde bereits dargelegt. Mit einem ganz neuen Modell würde einerseits die Tradition künstlerischer Entwürfe für Handschwengelpumpen nach 114 Jahren fortgesetzt werden.

Wichtiger aber ist der Effekt, dass zu einem vergleichsweise günstigen Preis mehrere Exemplare per Kleinserie produziert und letztlich in Betrieb genommen werden können. Bedingung: Die Pumpe muss „robust, ungefährlich im Umgang, leicht zu bedienen und reibungslos vom verantwortlichen städtischen Betrieb zu warten“ sein, heißt es in der Ankündigung.

Der Wettbewerb ist mit insgesamt 10.500 Euro (5.000/ 3.500/ 2.000 Euro) dotiert. Die entsprechenden Unterlagen werden am 1. Juli veröffentlicht.

Spendenkonto zur Wiederbelebung der Handschwengelpumpen:
Stiftung „Ecken wecken“, IBAN: DE95 8605 5592 1100 9012 60
Verwendungszweck: „Leipzig pumpt“

Kontakt zur Initiative „Leipzig pumpt“: LT-leipzigpumpt@wir-im-quartier.net

„Historische Leipziger Handschwengelpumpen: Von Delphinen, Löwen und anderen Vögeln“ erschien erstmals im am 31. Mai 2023 fertiggestellten ePaper LZ 113 der LEIPZIGER ZEITUNG.

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