Natรผrlich hat das Thema Gendern es auch bei Ihnen in die Schlagzeilen geschafft. Was mich an der ganzen Sache so aufregt ist, dass deutschlandweit konsequent unter den Teppich gekehrt wird, welche Konsequenzen Gendern noch hat auรer der Tatsache, dass wir uns seit Jahren daran abarbeiten.
Es gibt Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung auf eine verstรคndliche und damit barrierefreie Sprache angewiesen sind. Dass zum Beispiel die Bundesregierung auf ihren Seiten genau aus diesem Grund ihre Texte auch extra in leichter Sprache anbietet, wird notorisch von einer ganzen Gesellschaft ignoriert, und das mittlerweile seit Jahren.
Wenn man also ernst nimmt, dass Deutschland sogar die Behindertenkonvention unterschrieben hat, muss man nicht nur Rampen fรผr Rollstuhlfahrer bauen, sondern alle Behinderungen ernst nehmen und nicht kรผnstlich neue Hรผrden schaffen! Kรถnnen Sie mir erklรคren, warum wir uns da in dieser Gesellschaft derart schwertun?!
Ich bin in der DDR aufgewachsen. Ich wurde von Anfang an trotz meiner Hรถrbehinderung optimal gefรถrdert. Ich konnte deshalb Abitur machen und studieren. Davon profitiere ich bis heute.
Wie hoch ist denn vergleichsweise heute die Quote bei schwerhรถrigen und gehรถrlosen Kindern, die tatsรคchlich Abitur machen und studieren? Und die dann beispielsweise erfolgreich eine zahnรคrztliche Praxis fรผhren, wie meine Schulfreundin?
Bekommen behinderte Menschen unabhรคngig von ihrer Behinderung heutzutage tatsรคchlich die Unterstรผtzung, die sie im Alltag brauchen, um ihr Potenzial leben zu kรถnnen? Ich kenne genug Beispiele, wo das nicht der Fall ist.
Als Frau war es in der DDR selbstverstรคndlich, gleiches Geld fรผr gleiche Arbeit zu bekommen. Im Gegensatz zu dieser Gesellschaft. Da ist das ein Glรผck, man hat es oder man hat es eben nicht.
Ich will die Vergangenheit nicht schรถnreden, es gab genug Missstรคnde. Ich mรถchte, dass sich der Fokus weitet. Was erreicht man denn durch Gendern in der Praxis? รndert man damit tatsรคchlich Einstellungen in den Kรถpfen der Menschen? Und ist das Gendern eigentlich alternativlos?
Ich glaube nicht. Ist es nicht vielmehr Ausdruck der Ohnmacht einer Gesellschaft, die vรถllig unfรคhig ist, die Probleme zu lรถsen, um die es in diesem Zusammenhang geht? Und sie schafft stattdessen neue Probleme mit unnรถtigen Sprachbarrieren fรผr Menschen wie zum Beispiel Legastheniker, die wir angeblich auch unterstรผtzen wollen, es aber de facto nicht tun. Das ist sehr eindimensional und es ist gegen die Behindertenkonvention.
Und Gendern erschwert im รผbrigen auch das Erlernen der deutschen Sprache. Ist das gewollt? Und interessiert das รผberhaupt irgendjemanden?
Ich komme aus Leipzig. Und wenn im Osten schon viele Dinge nicht einfach so hingenommen werden wie im Westen, sollte es auch da einmal ein Statement aus dem Osten geben.
Ich unterstรผtze alle die, die auf leichte Sprache angewiesen sind, denn die haben ganz offensichtlich keine Lobby. Und ich setze mich fรผr die notwendigen Verรคnderungen in der Praxis ein. Bitte tun Sie das auch!
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So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Es gibt 5 Kommentare
Hier ein thematisch nicht unpassender Bericht aus der CH: https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/studie-zur-gleichstellung-keine-lust-auf-karriere-einstellung-zum-beruf-sehr-konservativ Man steht da und schรผttelt den Kopf, wie sich etwas ins Gegenteil verkehren kann.
Um mal noch einige Beispiele zu bringen. Ich habe zur DDR Zeit bei der Deutschen Reichsbahn gearbeitet und da haben die Nachrichtentechnikerinnen (ja die hieรen wirklich damals auch so) genauso viel bekommen wie wir. Der einzige Unterschied gab es zu denen die auf Montage waren und Zuschlรคge bekamen.
Hab auch meine Frau gefragt und die hat als BSMR-Technikerinnen auch so viel bekommen wie ihre mรคnnlichen Kollegen.
Ob es zu ungleiche Bezahlungen in anderen Betrieben kam, kann ich nicht sagen. Andrea Behrens aber gleich Lรผge vorzuwerfen ist schon ziemlich hart.
Der Autorin Lรผge vorzuwerfen, sehr geehrter User โPhilipp Torstenโ, und das auch noch mit einem Wischiwaschisatz mit der Kernfloskel โbis zu 21%โ, die der โFreitagโ leider genauso ultraschwammig gedruckt hatte, zu โbegrรผndenโ, ist nicht in Ordnung.
Tatsรคchlich kann ich mich gut erinnern, wie meine Mutter in den Siebzigern im Betriebsteil โGoldeckโ https://www.industrie-kultur-ost.de/datenbanken/online-ruinen-datenbank/schokoladenfabrik-goldeck-leipzig-wahren des โVEB Leipziger Sรผรwaren-Betriebeโ (LSB) andauernd mit ihrem Chef Strรคuรe ausgefochten hatte, und dazu die Betriebgewerkschaftsleitung (BGL) einbezogen hatte, damit sie eine Gehaltserhรถhung bekommen konnte, die damals nach ca. 15jรคhriger Betriebszugehรถrigkeit und nach ca. 30jรคhriger Berufserfahrung (und รผberhaupt war mit Beginn der Honecker-รra 1971 stiegen die Gehรคlter schneller, als die Produktivitรคt stieg, aber das nur am Rande) sonst ohne weiteres gewรคhrt wurde, meiner Mutter, die als integrativ, aber anscheinend auch als renitent galt, aber zunรคchst vorenthalten wurde. Ich habe irgendwo noch die dรผnne Kaderakte, die der Betrieb fรผhrte und die ihr zum Abschied am 1.1.1991 ausgehรคndigt wurde.
Es gab in der DDR eine Einheitsgewerkschaft FDGB, der meine Mutter noch 1945 beigetreten war, und die war, wenn ich mich richtig erinnere, zum Teil von der Betriebs-SED-Parteileitung nicht ganz unabhรคngig, was nicht in Ordnung war. Aber auch in der DDR konnte und ggf. muรte man โ etwa mittels gewerkschaftlicher Hilfe โ seine betrieblichen Rechte erstreiten!
@Philipp Torsten,
Das kann ich bestรคtigen, wenngleich in der DDR vs. BRD der Unterschied wesentlich geringer war.
Eine sehr ausfรผhrliche Analyse diesbezรผglich von 1990 habe ich hier finden kรถnnen:
https://doku.iab.de/mittab/1990/1990_4_MittAB_Stephan_Wiedemann.pdf
Inhaltlich finde ich aber das Anliegen von Frau Behrens sehr wichtig.
Und ihre Analyse, dass sich die Gesellschaft offensichtlich wieder einmal โtechnischโ helfen mรถchte, anstatt die wirklichen Wurzeln der Probleme anzupacken.
Wรคhrend wir das reale Leben immer weiter verkomplizieren, bleiben grรถรere Teile der Gesellschaft โ wissentlich! โ auf der Strecke.
Und dann wundern wir uns รผber so manche Effekteโฆ
Mon Dieu, strebt die L-IZ nach einem Rekord in kontrafaktischem Argumentieren? Wenn hier gemeint wird: โAls Frau war es in der DDR selbstverstรคndlich, gleiches Geld fรผr gleiche Arbeit zu bekommen.โ , lรผgt frau, denn ob als Hochschullehrerin oder Bauingenieurin, Frauen in der DDR verdienten bis zu 21 Prozent weniger als Mรคnner. (Quelle: https://www.freitag.de/autoren/sofie-czilwik/die-geschichte-der-ungerechten-bezahlung)