Einige hundert Menschen haben sich am Mittwochabend in Leipzig an einer Solidaritätsdemonstration für die Klimagruppe „Letzte Generation“ beteiligt. Anlass waren die bundesweiten Hausdurchsuchungen bei sieben mutmaßlichen Mitgliedern. Die Leipziger Ortsgruppe von „Fridays for Future“ hatte zu der Solidemo aufgerufen.
Insgesamt 15 Durchsuchungen fanden heute auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft München statt; davon zwei in Dresden. Sie richteten sich gegen sieben Beschuldigte im Alter von 22 bis 38 Jahren, die eine „kriminelle Vereinigung“ gebildet beziehungsweise unterstützt haben sollen.
Vorwurf: Spendensammlung und Sabotageversuch
Konkret wird den Beschuldigten vorgeworfen, „eine Spendenkampagne zur Finanzierung weiterer Straftaten für die ‚Letzte Generation‘ organisiert, diese über deren Homepage beworben und dadurch bisher einen Betrag von mindestens 1,4 Millionen Euro an Spendengeldern eingesammelt zu haben“, so das LKA Bayern. „Zwei Beschuldigte stehen zudem im Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Öl-Pipeline Triest-Ingolstadt zu sabotieren.“
Die Durchsuchungen zielten laut LKA darauf ab, „Beweismittel zur Mitgliederstruktur“ zu finden, Erkenntnisse über die Finanzierung zu erlangen und Vermögenswerte zu beschlagnahmen. Festnahmen habe es bislang nicht gegeben.
Vorverurteilung der Ermittlungsbehörden
Abgesehen von der Maßnahme an sich, die sowohl die „Letzte Generation“ als auch Sympathisant*innen als ungerechtfertigt kritisierten, sorgte in den sozialen Medien eine Behauptung auf der Homepage des LKA für Empörung. Dort war zu lesen, dass es sich bei der „Letzten Generation“ um eine „kriminelle Vereinigung“ handle und Spenden an eine solche strafbar seien.
Am Nachmittag teilte das LKA auf Twitter mit, dass die Generalstaatsanwaltschaft eine „Änderung des Inhalts veranlasst“ habe. Zu den Gründen, warum der ursprüngliche Inhalt veröffentlicht worden war, äußerte sie sich in diesem Zusammenhang allerdings nicht.
Im Laufe des Tages folgten Aufrufe für Solidemos in mehreren Städten, darunter Berlin, Dresden und Leipzig. Letztere startete um 19:30 Uhr auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz und zog nach etwa einer halben Stunde über den Ring. Nach Angaben der Organisator*innen beteiligten sich etwa 300 Personen daran.
Kurz vor der Demonstration hatte die Ortsgruppe von „Fridays for Future“ die Durchsuchung bei der „Letzten Generation“ scharf verurteilt. Sie war auch eine von 30 Ortsgruppen, die vor einigen Wochen in einem Offenen Brief ihre Solidarität mit der umstrittenen Klimagruppe ausgedrückt hatten – und damit auf Äußerungen anderer „Fridays“-Aktivist*innen reagierten, die die „Letzte Generation“ öffentlich kritisiert hatten.
Diskussionen über den Gruppenstatus
Diskussionen, inwiefern es sich um eine „kriminelle Vereinigung“ handeln könnte, werden seit Tagen immer intensiver geführt. Verschiedene staatliche Behörden, aber auch Jurist*innen, die sich in Medien äußern, kommen dabei zu verschiedenen Ansichten.
Die Rechtsanwältin Gül Pinar beispielsweise sagte heute dem „Spiegel“, dass der Tatbestand der „kriminellen Vereinigung“ aus ihrer Sicht erfüllt sei – aber nicht für die komplette Gruppe, sondern nur für jenen Teil, der sich an Straftaten beteiligt.
Fragen wirft an diesem Tag auch das Verhalten der Polizei in Leipzig auf. Diese filmte die Demonstration wegen Parolen, die gegen die Polizei gerichtet waren, darunter „ACAB“. Dabei gibt es schon seit 2016 ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das eine allgemeine Strafbarkeit dieser Parole verneint.
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