โ€žKaum ein Thema hat die Gemรผter hierzulande in den letzten Jahren so erhitzt wie die Unยญtiefen der geschlechtergerechten Sprache, die Problematik der Berรผcksichtigung bislang randstรคndiger oder gรคnzlich abwesender Positionen im politischen Diskurs bzw. die zugeยญspitzte Frage, was man denn heute รผberhaupt noch รถffentlich sagen dรผrfe, und vor allem wie.โ€œ

So rรผckt der Soziologe Stephan Lessenich das Thema in seinem Buch โ€žNicht mehr normal โ€“ Gesellschaft am Rande des Nervenzusammenbruchsโ€œ (2022) in den Zusammenhang der allgemeinen Verunsicherung angesichts Finanz-, Migrations-, Klima-, Coronakrise und Krieg.

Tatsรคchlich hat sich vor langer Zeit kein Mensch darรผber aufgeregt, als beispielsweise die Anrede โ€žFrรคuleinโ€œ obsolet und abgeschafft wurde, weil sie nur fรผr Frauen den Familienยญstand betonte.

Fรผr und gegen das Gendern in der Sprache werden dagegen hitzige bis militante Debatยญten geยญfรผhrt, und zwar unter WissenschaftlerInnen, PolitikerInnen, Institutionen, Medien. Nach den Ergebnissen mehrerer Untersuchungen sind die Deutschen (vor allem Mรคnner und ร„ltere) gegen solche Sprachverรคnderungen. Nicht wenige sprechen vom Genderunยญsinn, -wahn oder -schwachsinn und karikieren ihn โ€“ wie auch der sonst so scharfsinnige Dieter Nuhr. Wenn dabei in den Diskussionen dann auch noch die Berรผcksichtigung von sehr kleinen Geschlechtsidentitรคten bzw. sexuellen Orientierungen (1) gefordert bzw. deren Ausgrenzung beim Gendern kritisiert wird, geht die Verwirrung ins Uferlose und bleibt hier zunรคchst auรŸen vor.

Interessanterweise wird (natรผrlich vor allem von den GegnerInnen gegenderter Sprache) dabei รผbersehen, dass beยญstimmte Voraussetzungen dabei ganz unstrittig, ja selbstverยญstรคndlich sind, wie:

dass unsere Sprache lebendig ist, sich schon immer verรคndert hat und sich weiter verรคndert, dem gesellschaftlichen Wandel folgt; dass sich gerade die Geschlechterverhรคltnisse in den letzten zwei Generationen bei uns deutlich verรคndert haben, dabei viel stรคrker die Lebenszusammenhรคnge der Frauen; dass Frauen dabei zunรคchst traditionell mรคnnliche Berufsbezeichnungen vorfanden; dass Sprache und Denken bzw. Bewusstsein eng korrespondieren und dass Sprache bewusst manipulieren kann; dass das grammatische und das tatsรคchliche Geschlecht keineswegs immer รผbereinยญstimmen (z. B. die Person, das Mรคdchen, das Mitglied).

Den engen Zusammenhang zwischen Sprache und Denken ergibt bemerkenswerterweiยญse eine Untersuchung unter deutschen und belgischen GrundschรผlerInnen, denen Berufe zur Auswahl in nur mรคnnlicher und in geschlechtergerechter Form vorgelegt wurden. Interesยญsanterweise trauten sich bei der Prรคsentation in geschlechtergerechter Sprache die Mรคdยญchen viel eher zu, spรคter einen typisch mรคnnlichen Beruf erfolgreich erlernen und ausรผben zu kรถnnen. (2)

Um sich der Notwendigkeit bzw. Grenzen des Genderns zu nรคhern, sind gerade Berufsยญbezeichnungen (auch Amts-, Titel- und Funktionsbezeichnungen) gut geeignet, da sie sich auf alle Gruppen der Geschlechtsidentitรคt und sexuellen Orientierung beziehen und hochreleยญvant sind in der gesellschaftlichen Praxis โ€“ bis hin zu Gesetzestexten, staatlichen Dokuยญmenten, Stellenausschreibungen usw., in gegenwรคrtig sehr vielfรคltigen Handhabunยญgen. Darauf wollen wir uns deshalb exemplarisch beziehen.

Der Stand der Dinge

1. Historisch bedingt sind Berufsbezeichnungen mรคnnlich. Diese werden รผblicher- und anยญerkannterweise mit -in in die weibliche Form gebracht (Meisterin, Offizierin, Bundeskanzยญlerin) (3), aber auch: Friseur โ€“ Friseuse, Steward โ€“ Stewardess, Prinz โ€“ Prinzessin. So anerยญkannt diese Formen auch sind, so bringen auch sie Holprigkeiten (z. B. bei Umlauten: ร„rzยญtin, Bรคuerin), รœbertreibungen bei zusammengesetzten Benennungen (z. B. BรผrgerInnenmeisยญterIn) oder Bedeutungswechsel (Ober โ€“ Oberin, Sekretรคr โ€“ Sekretรคrin).

2. Bei offiziellen Bezeichnungen, die -mann zu -frau erweitern, werden die Grenzen des Genderns deutlich: Die zugehรถrigen Adjektive bleiben auf den mรคnnlichen Begriff beยญschrรคnkt, wie Kaufmann โ€“ Kauffrau, Obmann โ€“ Obfrau; aber nur: kaufmรคnnische Berufe, jedoch: Kaufleute, Obleute.

3. In den seltenen Fรคllen, in denen umgekehrt Mรคnner in traditionell weibliche Arbeitsfelยญder kommen, passiert etwas Merkwรผrdiges: eine abweichende Bezeichnung, z. B. Hebamยญme โ€“ Entbindungspfleger/Geburtshelfer, Krankenschwester โ€“ Krankenpfleger.

4. Schwieriger wird es offenbar, wenn beide Geschlechter gemeint sind. Dann gibt es geยญgenwรคrtig wahlweise folgende Mรถglichkeiten:
โ€“ Studentinnen und Studenten
โ€“ Studierende (Partizip)
โ€“ StudententInnen (Binnenmajuskel; Majuskel = GroรŸbuchstabe)
โ€“ Student_innen (Gendergap; gap = Lรผcke)
โ€“ Student*innen (Gendersternchen)
โ€“ Student/innen, Student/-innen (Schrรคgstrich, mit oder ohne Bindestrich)
โ€“ Student:innen (Doppelpunkt)
โ€“ Studierx/Studiery, Studierxs/Studierys als Plural (Gender-x, Gender-y)
โ€“ und das generische Femininum, wie an der Universitรคt Leipzig, wo ausschlieรŸlich weibliยญche Formen benutzt werden und die Mรคnner mitgemeint sind, was ja zunรคchst ganz witzig ist, das Problem aber nur umkehrt โ€“ im รœbrigen im Unterschied zu den Meteorologen, die die Hochs und Tiefs mittlerweile jรคhrlich abwechselnd mit weiblichen und mรคnnlichen Vornamen belegen.

Wรคhrend die ersten beiden Formen vรถllig der โ€žNormโ€œ entsprechen und deshalb auch hรคuยญfig gebraucht werden, sind die letzten beiden sehr unorthodox, das Gender-x und -y kaum les- oder sprechbar und damit befremdlich.

Die รผbrigen Formen mit den Sonderzeichen widersprechen bisherigen orthografischen Reยญgeln. Aber SprecherInnen und SchreiberInnen haben trotzdem die freie Wahl โ€“ wann gab es das schon mal in der deutschen Rechtschreibung? Es gibt (noch) keine Vorschriften oder Verbote fรผr deren Gebrauch. Die Hรผter der deutschen Sprache (4) halten sich weitgehend zurรผck, sind sich zwar in ihren nachlesbaren Standpunkten nachdrรผcklich einig darin, dass Verรคnderungen in Richtung geschlechtergerechter Sprache vonnรถten sind und dass das (pseuยญdo)generiยญsche Maskulinum (5) โ€“ das die Frauen angeblich mitmeint โ€“ obsolet ist, warten aber vornehm ab, was sich in der gesellยญschaftlichen Praxis mehrheitlich durchsetzen wird. (6) Allerยญdings verhalten sie sich mittlerweiยญle auch werยญtend, mit interessanten Begrรผndungen zu den einzelnen Mรถgยญlichkeiten.

Die Dinge sind im Fluss

Nichtsdestotrotz haben Behรถrden, Institutionen, Konzerne usw. je nach Gusto fรผr sich Reยญgelungen zur geschlechtergerechten Sprache festgeschrieben, punktuell sogar bis hin zu notwendigen juristischen Gutachten zur Gรผltigkeit als Amtssprache (im Fall der Stadt Hanยญnover mit Bestรคtigung seines Gendersternchens).

Mittlerweile gibt es zu gendergerechter Sprache bemerkenswerterweise schon eine Reihe von interessanten Nachschlagewerken. (7)

Zu den kreativen Varianten gehรถrt ein fรผr beide Geschlechter zutreffender Sachbeยญgriff. Was hindert beispielsweise die Arzneimittelwerbung daran, wegen der Nebenwirkunยญgen zu empfehlen: Fragen Sie in Ihrer Apotheke (8). Oder Publikum zu sagen statt Zuhรถrerinnen und Zuhรถrer.

รœbertrieben bzw. lรคcherlich wรคre das Gendern in zahlreichen Zusammenhรคngen, z. B. bei berufsabgeleiteten Verben: verarzten, gรคrtnern, bewirten usw., bei Zusammensetzungen wie Bรผrgersteig, Arztkoffer, Schneidersitz oder bei von mรคnnlichen Substantiven abgeleiteยญten Adjektiven wie freundlich, kรผnstlerisch, herrenlos, fachmรคnnisch.

Fazit: Wir folgen dem eingangs zitierten Lessenich, der die Bewahrung bzw. Wiederherยญstellung von sogenannter โ€žNormalitรคtโ€œ fรผr irrational hรคlt. Die Frage nach gendergerechter Sprache ist nicht mehr, dass oder ob sie vonnรถten ist, sondern vielmehr, wie sie sinnvoll, gut les- und sprechbar zu verรคndern sei โ€“ und dies ohne รœbertreibungen. Derzeit dรผrfen dabei noch viele Blumen blรผhen โ€“ auch einiges Unkraut.

1) fast unverstรคndlich abgekรผrzt mit LGBTQI: lesbian, gay, bisexual, transsexual/-gender, queer, intersexuell 

2) https://idw-online.de/de/news632492 

3) Institutionen wie Armee oder Polizei gehen unterschiedlich damit um: Wรคhrend die Armee bei den mรคnnlichen Dienstgradbezeichnungen bleibt (mit dem Zusatz โ€žFrauโ€œ, aber auch: Offizierin, Soldatin), verwendet die Polizei inzwischen die jeweils weibliche Form auf -in. 

4) die mรคnnliche Bezeichnung, die Frauen angeblich mitmeint

5) der Duden, der Rat fรผr deutsche Rechtschreibung, die Gesellschaft fรผr deutsche Sprache

6) Eher irritierend ist es daher, dass der neue Duden โ€žGรคstinโ€œ als weibliche Form von Gast ausweist, wenn dies interessanterweise โ€“ wie auch โ€žEngelinโ€œ und (Heilige) โ€žGeistinโ€œ โ€“ schon im Grimmschen Wรถrterbuch vorkommt, spรคter aber aus dem tatsรคchlichen Sprachgebrauch verschwunden ist. Bemerkenswert ist, dass die Engel in leitender Stellung, die Erzengel โ€žnatรผrlichโ€œ mรคnnlich sind. (Bei den Gebrรผdern Grimm fรคllt einem รผbrigens ein, dass es dabei um Brรผder geht, wรคhrend Geschwister beide Geschlechter erfassen.)

7) z. B. Gender-Wรถrterbuch, Handbuch geschlechtergerechte Sprache, Duden: Richtig gendern

8) Die einschlรคgigen Berufsvereinigungen und der Bundesgesundheitsminister bemรผhen sich gegenwรคrtig tatsรคchlich um eine gegenderte Form der Formel.

Empfohlen auf LZ

So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:

Es gibt 5 Kommentare

Hallo Thomas,
Danke fรผr das schรถne Beispiel mit der Schule ๐Ÿ˜€
Ich wรผrde mich nicht der Meinung anschlieรŸen (Sie haben es vielleicht auch anders gemeint), das die Gefรผhle der Angesprochenen keine Rollen spielen wรผrden. Aber ich denke es ist bei aller Diskussion einfacher und beim Empfรคnger verstรคndlicher zu erklรคren, warum man jemanden nicht mehr als โ€œNegerโ€ bezeichnen sollte, als zu vermitteln wie ungerecht es sich anfรผhlte von โ€œSchรผlernโ€ im generischen Maskulinum zu sprechen. DA sehe ich den Unterschied.
โ€“
Und dem Michel kann ich nur zustimmen. Da wird eine Konstruktion vom Begriff der Gerechtigkeit in die Welt gesetzt, das es mit etwas Abstand betrachtet nur noch lรคcherlich ist. Viel einfacher ist es, รผberall Sternchen zu benutzen, als die praktisch vorhandenen Ungerechtigkeiten fรผr Frauen zu รคndern. Sternchen bringen nichts, mehr Toiletten fรผr Frauen in Kulturstรคtten z. B. bringen was. Da mรผssen sie einfach weniger lange anstehen, bis sie sich erleichtern kรถnnen, was ein SEHR begreifbarer Nutzen wรคre.

Es ist wie immer: es kommt darauf an!
Wenn ein Lehrer sich vor die (gemischte) Klasse stellt und sagt โ€žAlle Schรผler dรผrfen nach Hause gehen!โ€œ, wer wird wohl alles aufstehen und gehen? Vielleicht gehen ein / zwei Personen nicht (wenn รผberhaupt), und dass ist dann der Anteil derer, denen Gendern irgendwie wichtig ist. Letztens las ich hier, dass Autofahrer nur 35% der Verkehrsteilnehmer ausmachen, man die also nicht berรผcksichtigen mรผsste, weil nicht die Mehrheit. Tjaโ€ฆ
Warum es รผberhaupt wichtig ist, in Texten auf Geschlecht oder sexuelle Orientierung einzugehen (wenn es nicht um dieses Thema ergeht), erschlieรŸt sich mir nicht.
Ich persรถnlich schreibe zumeist im generischen Maskulinum. Die, die das stรถrt, mรถchte ich sowieso nicht ansprechen, passt also (fรผr mich). Fรผr die Gefรผhle anderer kann ich nichts, das mรผssen die schon mit sich ausmachen.

Der Fehlerteufel war da: Es muss bei der รœbersetzung von Mainstream โ€œHauptstrรถmungโ€ heiรŸen. Da hat meine Autokorrektur mal wieder Mist gebaut. ๐Ÿ˜‰

Nun, die Autorin hat es zu ihrem Beruf (oder sollte es heiรŸen: zu ihrer Berufung) gemacht, sich u.a. fรผr die so genannte geschlechtergerechte Sprache einzusetzen. Zumindest arbeitet sie an solchen Forschungsprojekten wie โ€œUmsetzung von Gender Mainstreaming an den Hochschulen in Sachsen-Anhaltโ€ mit. Gender Mainstreaming macht es sich zur Aufgabe, bestimmte kulturelle Wertvorstellungen zu einem mehrheitlich anerkannten โ€œMainstreamโ€ (so die รœbersetzung des Anglizismus) zu gestalten, d. h. dass die Mehrheit der Menschen einer Institution, Behรถrde, Verwaltung, Firma usw. in gewissen Normen und Werten รผbereinstimmt. Da die notwendige und noch nicht vollstรคndige Geschlechtergerechtigkeit verbessert werden muss, hรคlt eine Minderheit von Menschen es fรผr unabdingbar, dass die Methodik zur Durchsetzung einer vollen Geschlechtergerechtigkeit es zwingend erfordert, den Sprachgebrauch nach ihren Vorstellungen hin zu verรคndern. Die Hypothese dabei ist, dass schon bei der sprachlichen Kommunikation in der deutschen Sprache Geschlechterungerechtigkeit besteht. Aus genannten hehren Grรผnden heraus, wird daher versucht, bewusst in den natรผrlichen verlaufenden Prozess der Sprachverรคnderung einzugreifen. Evtl. Widerstรคnde werden bewusst in Kauf genommen, da das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit sehr wichtig ist und die Mittel und Wege zum Erreichen des Ziels nicht in Frage gestellt werden. Die theoretischen Auseinandersetzungen werden darum nicht darรผber gefรผhrt, ob z. B. die sog. โ€œgendergerechte Spracheโ€ fรผr das Erreichen einer vollstรคndigen Gleichberechtigung wirklich notwendig ist. Dies steht nicht zur Diskussion, sondern wird als unabdingbare Selbstverstรคndlichkeit vorausgesetzt. Vielmehr sieht man es ausschlieรŸliche Aufgabe an, die Mehrheit zu รผberzeugen, dass ein anderer Sprachgebrauch unabdingbar ist, um Geschlechtergerechtigkeit zu verwirklichen. Dass die Mehrheit der Menschen das โ€œwieโ€ (die Methodik) ablehnt, wird von den Protagonisten der geschlechtgerechten Sprache oft dahingehend interpretiert, dass eben noch nicht genรผgend โ€œBewusstseinโ€ fรผr die Bedeutung des verรคnderten Sprachgebrauchs vorhanden ist. Daher erfolgen Schulungen und Seminare, z. B. an Institutionen in Firmen oder an Universitรคten, um Menschen โ€œaufzuklรคrenโ€. Von radikalen Befรผrwortern der Gendersprache wird โ€“ gelegentlich โ€“ sogar den Gegnern und Gegnerinnen Sexismus oder Geschlechterdiskriminierung vorgeworfen, wenn sie die โ€“ Art und Weise โ€“ kritisieren oder anzweifeln, dass bewusste und massive Sprachverรคnderungen notwendig und unabdingbar sind.

Ich mรถchte hier nicht die Vielzahl an Argumenten auffรผhren, die gegen die genannte Hypothese sprechen. Vermutlich lรคsst es sich wohl nicht verhindern, dass die deutsche Sprache auf Dauer zum Kollateralschaden von gesellschaftlichen Experimenten gerรคt. Fรผr die Menschen, die aber Lesefluss und Verstรคndlichkeit lieben (und trotzdem Gleichberechtigung gut finden kรถnnen) sei hier nur auf zwei Browser-Add-ons verwiesen, die zumindest im Internet viele Texte wieder ertrรคglich und lesbar gestalten.

Im Firefox nutze ich die Kombination von โ€œno-genderโ€ und โ€œRemove German Gender Languageโ€ womit ich sogar wieder Onlinemedien wie z.B. die โ€œtazโ€ lesen kann.
Meine Frau nutzt diese Add-ons auch und ist ebenfalls glรผcklich damit, zumindest im Internet Ruhe gefunden zu haben.
Auch in Thunderbird kรถnnen diese Add-ons genutzt werden, um Texte zu entgendern.

Dem Beitrag gelingt die Beleuchtung verschiedener Aspekte halbwegs gut. Das โ€œhalbwegsโ€ ist dabei nur meine persรถnliche, subjektive Wertung.
Gut gefรคllt mir, dass die Autorin das Binnen-I benutzt; meiner Wahrnehmung nach eine der am geringstinvasiven Genderformen. Diese kenne ich schon aus der Grundschule; sie wurde uns als Mittel zur Platzeinsparung z.B. in Telegrammen erklรคrt.
Gut gefรคllt mir auch, dass es einen Seitenhieb auf LGBTQIโ€ฆ. gibt, denn diese Abkรผrzung ist ein schรถnes Beispiel fรผr die fast ausschlieรŸliche Ich-Bezogenheit von Randgruppen, ohne die AuรŸenwirkung auf die Mehrheit der Mitmenschen zu bedenken.
Schรถn finde ich auch, dass รœbertreibungen auch so genannt werden (z. B. BรผrgerInnenmeisยญterIn). Wie es allzu korrekt aussehen kann, sieht man auf Flyern im sรผdlichen und westlichen Leipzig, wenn dort zum Beispiel von โ€ Hexe* โ€ die Rede ist. Denn natรผrlich kann man sich nicht sicher sein, dass die im Mittelalter verbrannte Person (es ging um die Aufarbeitung von Hexenverbrennungen) wirklich als Frau gelesen werden wollte, und nicht etwa nonbinรคr oder transgeschlechtlich war.
โ€“
Was mir am Text nicht so gut gefรคllt ist, dass die Autorin Partizipienformen als โ€œvรถllig der Normโ€ entsprechend darstellt. Das Partizip ist doch eine Verlaufsform, oder? โ€œStudierendeโ€ sitzen in einem Hรถrsaal oder an ihrem Schreibtisch, aber wenn sie in der Mensa sind, werden es โ€œEssendeโ€ oder spรคter am Abend auch โ€œTrinkendeโ€. Sicher gibts auch รœberschneidungen, aber das Partizip war vermutlich mal fรผr etwas anderes gedacht.
Man muss das nicht unbedingt so eng sehen, immerhin verzichtet diese โ€œes-gut-meinendeโ€ Genderform auf (u.U. erziehend gemeinte) Sonderzeichen mitten im Wort. Das ist schon mal etwas! Und auch bei der Bildung der Zeitformen haben wir im Deutschen hรคufig unprรคzise Formulierungen, wie das stรคndige โ€œgemachtโ€, โ€œhabeโ€ fรผr Vergangenheitsformulierungen, oder gern auch das โ€œgemacht gehabtโ€ als abgeschlossenes Hausfrauenperfekt. Und โ€œich gehe morgen zum Arztโ€ ist ja eigentlich auch kein Futur, sondern Prรคsenz in der Form.
Bevor ich von Fachleuten รผber mein Unwissen aufgeklรคrt werde, schlieรŸe ich diesen Teil lieber mit: Von mir aus nehmt Partizipien, wenn es denn รผberall die ersehnte Gerechtigkeit herstellt. Ich muss trotzdem schmunzeln รผber Projektierende, Entwickelnde, Fahrende oder gern auch Pedalierende und Politikierende.
โ€“
Was mir auch nicht gut gefรคllt ist folgende Unterstellung, die von Engagierten immer wieder in die Diskussion gebracht wird:
Das generische Maskulinum sei nur die mรคnnliche Bezeichnung, die Frauen angeblich (!) mitmeine. Allein schon das โ€œangeblichโ€ entzieht aus meiner Sicht der Autorin etwas ihrer Kompetenz als Sprachsachverstรคndige. Per Definition, aus dem Wort โ€œgenerischโ€ heraus, ergibt sich doch, dass damit beide Geschlechter mit einer einzigen Form bezeichnet oder angesprochen werden. Nicht โ€œnur irgendwie mitgemeintโ€, was in der Tat abwertend wรคre.
Bei โ€œdie Wacheโ€ habe ich doch auch einen generischen Begriff, der beide Geschlechter anspricht. Und es sei dem jeweiligen Leser dieser Worte รผberlassen, ob er bei diesem Begriff eher Mรคnner vor Augen hat, zum Beispiel weil er seltenst eine Wachfrau an einem Tor gesehen hat, oder ob er dabei auch an Frauen denkt, weil er zum Beispiel bei der Bundeswehr in den nuller-Jahren war.
โ€“
Die Autorin schreibt in Ihrem Text: โ€œNach den Ergebnissen mehrerer Untersuchungen sind die Deutschen (vor allem Mรคnner und ร„ltere) gegen solche Sprachverรคnderungen.โ€
Ich freue mich รผber diesen klaren Satz. Es gehรถrt ein biรŸchen Mut und Wille zur Deutlichkeit dazu, ihn so kurz zu schreiben. Leider kommt er nicht ohne den Seitenhieb auf Mรคnner aus. Aber lassen wir uns keinen Sand in die Augen streuen: Es sind auch sehr viele Frauen, die keine Sonderrolle in der Sprache wollen, die von sich sagen, sie seien Friseur, oder Hautarzt, oder Softwarearchitekt. Auch junge Frauen in ihren 30ern.
Es wird noch zehn Jahre oder lรคnger dauern, bis sich die Mehrheit in der Bevรถlkerung fรผrs Gendern verschiebt, denn in Schulen und Unis werden die jungen Leute mit Gendersternen von allen Seiten konfrontiert und denken, dies sei der normale, gerechte Zustand in der Sprache. Und alles andere frauen- und transfeindliche Barbarei.

Schreiben Sie einen Kommentar