An manchen Ecken knistert und knallt es schon seit einigen Tagen in der Stadt, die Feuerwerkindustrie darf nach den Corona-Jahren also wieder auf vermehrte Umsätze hoffen. Andererseits melden unsere Reporter in der Stadt einen ruhigen Start in die letzte Nacht des Jahres 2022.

Eher lautlos war auch das erste Ereignis unseres Liveberichtes. Bereits einige Zeit vor 15 Uhr haben Unbekannte offenbar Buttersäure am Eingang der Deutsche-Bank-Filiale in der Leipziger Innenstadt verteilt.

Das zumindest war schnell am beißenden Geruch zu erkennen, der ab spätestens 14:50 Uhr über den Wilhelm-Leuschner-Platz wehte. In der Konsequenz musste die Feuerwehr gerufen werden, die in einer ersten Intervention mit Schlauch und Wasser gegen die scheinbar entlang der Fassade verteilte Fettsäure versuchte, dem Geruch zu Leibe zu rücken.

Unser Reporter Tom Richter war am Nachmittag vor Ort und hat die wichtigsten Szenen davon eingefangen, weitere Informationen zum Vorgang selbst gibt es seitens der Polizei noch nicht.

Man darf jedoch davon ausgehen, dass die Polizei erst einmal Ermittlungen gegen Unbekannt eingeleitet haben.

Unterdessen konzentrieren sich auch in dieser Silvesternacht viele Fragen, nun, da die Corona-Pandemie keine Ausgangsregelungen mehr erfordert, auf den Leipziger Süden, die Eisenbahnstraße und das Zentrum Leipzigs.

Man darf, nimmt man die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte zur Hand, durchaus davon ausgehen, dass das Leipziger Silvestergeschehen auch in dieser Nacht an diesen Orten kulminieren wird.

Einfach, weil sich hier traditionell die meisten jungen Menschen und Feierlustige sammeln und natürlich auch der bevorstehende Polizeieinsatz diese Einsatzschwerpunkte kennt.

Und natürlich auch, weil auch 2022/23 keine neuen Regeln für Silvesterfeuerwerke in Leipzig existieren, also wieder ein fröhliches Durcheinanderböllern überall statt eines gemeinsamen Festes stattfinden wird.

Vorab muss man dennoch sagen, dass es im Jahresübergang 2021/22 verhältnismäßig ruhig blieb. Bis auf eine Kurzdemo an der Eisenbahnstraße mit angezündeten Einkaufswagen blieb die Stadt frei von brennenden Ereignissen.

Dass dies auch in diesem Jahr so bleibt, ist etwas unsicherer. Es kursieren Demoaufrufe, nachdem das Jahr auch durch von Einsatzbeamten erschossene Menschen geprägt war.

Ob sich diese Kritik an Einsätzen wie jenem, welcher in Dortmund mit einem offenkundig mutwillig erschossenen 16-jährigen Migranten endete, heute auch in Leipzig im Verhalten gegenüber den eingesetzten Polizisten widerspiegelt, darf man vermuten, nicht aber vorhersagen.

Denn eins gilt wohl vor allem für den stark frequentierten Augustusplatz, wie auch für Eisenbahnstraße und Connewitzer Kreuz: Auch die Art und das Vorgehen der Beamten selbst hat stets eine große Rolle beim Verlauf der Silvesternacht gespielt.

Und: nennenswerte Angriffe, wie noch vor drei Jahren in Berlin, auf andere Einsatz- und Rettungskräfte wie beispielsweise die Feuerwehr, hat es in Leipzig zu Silvester bis auf einige kleinere Attacken im letzten Jahr kaum gegeben.

Schaut man sich aktuell da um, wo die Beamten für gewöhnlich ihr Einsatzmaterial vorhalten, scheint alles bereitzustehen, was an Wasserwerfern und panzerartigen Gefährten in Leipzig vorhanden ist.

Vor allem der „Survivor R“ in grüner Farbe hat ja bereits traurige Berühmtheit erlangt. Erst, weil er mit einer Schriftart auf den Sitzen geliefert wurde, die leicht an faschistische Zeiten erinnerte.

Später dann, weil er nach einigen wenigen Flaschenwürfen – bei denen es dann auch blieb – 2017/18 am Connewitzer Kreuz aufrollte und so zur Kulisse für eine Flut von Mediengeschichten bis hinein in die Tagesschau wurde, die allesamt übertrieben und letztlich falsch waren, wenn es um das Ausmaß der Gewalt in dieser Silvesternacht ging.

Bleibt also die Hoffnung zum Einstieg in unseren Livebericht, dass die heutige Silvesternacht nach einem sicherlich nicht einfachen Jahr 2022 für alle Beteiligten dennoch froh, unverletzt und ausgelassen statt aggressiv gelingt. Es ist jetzt 21:25 Uhr in der Messestadt, die wir auch in diesem Jahr durch die letzte Nacht an mehreren Orten live begleiten werden.

23 Uhr: Ruhige Eisi, ein „umkämpfter“ Augustusplatz und ein Brand

In der Eisenbahnstraße ist es noch relativ ruhig, die Menschen feiern noch in den Wohnungen und Kneipen.

Eine Demonstration, welche von 17 bis 19 Uhr auf die erneuten Angriffe auf Kurden in ihrem Heimatgebieten aufmerksam machen will, ist bereits durch (siehe Foto-Galerie).

Es nahmen etwa 100 Menschen daran teil, die Demonstration entlang der Eisenbahnstraße verlief friedlich.

Auch im Leipziger Süden scheint die Stadt noch einmal den Atem anzuhalten. Überall polizeiliche Absperrungen, Gitter und eine komplett gesicherte Haltestelle am Connewitzer Kreuz kennzeichnen hier die Szenerie, während noch verhältnismäßig wenige Menschen zu sehen sind.

Anders hingegen auf dem Augustusplatz, wo sich einige bereits eine Art „Schlacht“ liefern. Zumindest ist der gegenseitige Beschuss mit Feuerwerksraketen derart ausgeprägt, dass die Polizei mit ersten Durchsagen darauf reagierte. Mehrfach wurden die vorrangig jungen Männer bereits aufgefordert, den gezielten Beschuss anderer Personen zu unterlassen. (siehe Video)

Unterdessen hat uns die Meldung erreicht, dass es am Ostplatz brennt. Auf einem ersten Bild ist in der Tat eine Feuerentwicklung zu sehen, die kein Silvesterfeuerwerk mehr sein kann.

Wir sind auf dem Weg zum Ostplatz. Hier angekommen, ist das Feuer ausgebrannt, weil es keine weitere Nahrung gefunden hat.

Das Warten auf 0 Uhr hat begonnen. Dann melden wir uns mit einer weiteren Zusammenfassung der Ereignisse zurück. Bis dahin ein kleiner Überblick darüber, wie ruhig Leipzig etwa 22 Uhr von oben aussah.

Leipzig am 31.12.2022 gegen 22 Uhr. Foto: LZ
Leipzig am 31.12.2022 gegen 22 Uhr. Foto: LZ

23:55 Uhr: Der Pegel an der Eisi steigt

Erste unschöne Szenen an der Eisenbahnstraße. Einerseits fragt man sich sicherlich, wer eigentlich denkt, er müsse sich gerade in der Silvesternacht ins Auto setzen und ne Runde um den Block fahren. Andererseits bewerfen nun einige von den Gehwegen aus die vorüberrollenden Privat-Pkw mit Böllern und Feuerwerksraketen.

Laut hört man die unschöne Titulierung „Hurensöhne“. Warten wir also mal ab, wie sich hier die Lage weiter entwickelt, während sich die Straße langsam füllt. Am Connewitzer Kreuz ein ähnliches Bild: immer mehr Menschen treffen ein und beginnen Feuerwerkskörper (und das eine oder andere Bengalfeuer) zu zünden.

0:01 Uhr: Wir wünschen vor allem erst einmal ein Frohes Neues Jahr!

1:00 Uhr Impressionen vom Connewitzer Kreuz

Nach 0 Uhr gab es an der Eisi den Versuch, eine Mülltonne zu entzünden. Dies misslang, weil ein Anwohner sie von der Straße zog. Am Connewitzer Kreuz hingegen gab es einen ersten Barrikadenbrand.

Bereits gegen 0:40 Uhr ist klargeworden, dass es in diesem Jahr in Leipzig kaum zu deutlich mehr kommen dürfte, als das, was die Polizei gern als silvestertypisch bezeichnet. Auf der Eisenbahnstraße ballert es ziemlich heftig, auch jetzt, 1:20 Uhr noch.

Am Connewitzer Kreuz startete eine Demonstration, angeführt von Marco Böhme und Juliane Nagel (beide Die Linke, MdL), welche unter dem Motto „Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen“ u. a. an Lina E. und andere Antifaschist/-innen in Haft erinnerte. Bis zur Richard-Lehmann-Straße ging’s, danach wieder zurück zum Kreuz.

Die Polizei lässt das Geschehen laufen und fährt angesichts der bislang fehlenden Gewalt damit richtig. Allerdings gehört zu eben diesem Geschehen auch ein „Lagerfeuer“, welches am Connewitzer Kreuz am Lodern gehalten wird.

2:25 Uhr: Bilder, die bleiben

Vorab: alle drei LZ-Reporter/-innen berichteten den gesamten Abend von einer eher friedlichen Stimmung, die große Eskalation blieb aus. Im Fokus von Kameras sieht das oft anders aus, so auch beim Silvester 2021/23.

Besondere Probleme machte vor allem ein Feuer auf dem Connewitzer Kreuz, welches klein begann und sich dann – da neben weiteren Materialien auch eine Couch und ein Fahrrad hineingeworfen wurden – zu einem größeren Feuer ausbreitete.

So groß, dass die Löschversuche einiger Anwohner nichts mehr nützten und letztlich die Wasserwerfer der Polizei eingreifen mussten.

Dass es dann von einigen Umstehenden noch Flaschen dafür hagelte, ist wenig verständlich, zumal man um diese Uhrzeit zwischen 1:30 und 2 Uhr seinen Spaß schon hinter sich hatte. Es sind die Bilder, die bleiben. Und die Töne aufschlagender Wurfgeschosse.

Auch in der Eisenbahnstraße kam es dann doch noch zum erst verhinderten Brand einer Mülltonne auf der Straße.

Diesen beendeten Anwohner, indem sie die Tonne von der Straße zogen und das Feuer im Alleingang austreten konnten.

Foto-Impressionen vom Connewitzer Kreuz

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Michael Freitag über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar