Wovon träume ich? Ich liebe es, zu träumen, und träume die meiste Zeit meines Lebens: Träume, Illusionen, Visionen für die Zukunft sind mein Motor, mein Antrieb, etwas zu verändern und besser zu machen. Das wichtigste von allem, was ich mir für unsere Stadt und unser Land wünsche, ist eine gerechte und gleichberechtigte Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die vielfältig ist und die immer daran orientiert ist, alle mitzunehmen und wertzuschätzen.
Leipzig ist eine große und vielfältige Stadt. Hier leben viele verschiedene Menschen, nur leider können nicht alle unter den gleichen Bedingungen hier leben. Nicht alles, was wir in dieser Stadt haben, steht allen offen.
Wenn wir uns Leipzig zum Beispiel unter dem Aspekt der Barrierefreiheit und Inklusion anschauen, dann lässt sich bei genauerem Hinsehen bemerken, dass unsere Stadt noch sehr viele Barrieren hat und dass Menschen, die durch Barrieren an der Teilhabe im öffentlichen Raum gehindert werden, leider eine viel zu kleine Lobby haben.
Barrieren im Zoo
In diesem Jahr wurde das neue Aquarium im Zoo eröffnet, ein Prestigeprojekt – die Tatsache, dass es hier keinen Zugang für Rollstuhlfahrer in die obere Etage gibt, hat kaum jemanden interessiert. Es scheint auch keinen großen Wunsch nach Änderung in der Öffentlichkeit zu geben – wer im Rollstuhl sitzt, muss unten bleiben.
So wie im Zoo ist es bedauerlicherweise an vielen Orten in der Stadt und nicht nur bei uns in Leipzig. Barrierefreiheit wird nie hundertprozentig mit gedacht und auch nie zu Ende gedacht. Orte, die Barrieren haben, bieten keine Möglichkeiten für Inklusion. Sie ist aber das A und O für eine vielfältige Gesellschaft.
Nicht nur Menschen mit körperlichen Einschränkungen erleben Barrieren. Wir erleben Ausgrenzung durch Barrieren auf vielen Ebenen, zum Beispiel auch, wenn es um Sprache geht. Es gibt oft wenig Verständnis dafür, dass nicht alle alles verstehen – das macht sich besonders bei Unterlagen aus Behörden, wie zum Beispiel dem Jobcenter, der Rentenversicherung oder der Ausländerbehörde bemerkbar.
Unnötig kompliziert
Vieles ist so kompliziert geschrieben, dass die Betroffenen gar nicht wirklich verstehen, worum es geht, und auf die Hilfe anderer angewiesen sind, um alles richtigzumachen. Hier geht es nicht darum, etwas in andere Sprachen zu übersetzen; es geht darum, Verständnis zu zeigen, besser zu erklären und aufeinander einzugehen.
Ich träume von einer Gesellschaft, die sich genau das zum Ziel setzt und daran orientiert ist, dass wir alle partizipieren können. Unsere Hauptaufgabe sollte sein, daran zu arbeiten, Wege zu finden, die die Partizipation ermöglichen. Es darf kein „das geht nicht“, „das ist zu teuer“, „das haben wir aber immer anders gemacht“ mehr geben. Es muss heißen: „Wir müssen die Inklusion aller erreichen.“
Dazu gehört aber nicht nur das Abbauen von Barrieren, es gehört auch die Anerkennung dazu, dass jeder Mensch anders und besonders ist und dass wir alle wertvoll sind für unsere Gesellschaft. Es darf nicht immer nur darum gehen, dass etwas „geleistet“ werden muss, zumal „Leistung“ immer relativ ist und an Kriterien geknüpft wird, die sich Menschen ausdenken. Wer nicht in diesen Rahmen von Kriterien passt, dessen Engagement wird nicht als „Leistung“ anerkannt.
Leistung anders denken
Wir grenzen mit unserem bisherigen Gedanken von Leistung daher auch viele Menschen aus. Wer ausgegrenzt ist, mag sich oft nicht mehr einbringen in die gemeinsame Gesellschaft. Auch das darf in einer modernen, vielfältigen Stadt nicht mehr geschehen.
Mein Wunsch für Leipzig 2023 ist, dass wir wieder näher zusammenrücken und ein gemeinsames Ziel haben: die vielfältige Stadt, in der jeder seinen Teil beitragen kann und in der jeder partizipieren kann.
„Eine vielfältige Stadt für alle“ erschien erstmals am 16. Dezember 2022 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 109 der LZ finden Sie unter anderem in Großmärkten und Presseshops sowie bei diesen Szenehändlern.
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