Seit Gründung im Jahr 1991 setzt sich der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. (SFR) für die Interessen und Rechte von Geflüchteten im Freistaat Sachsen ein. Es sind demnach vor allem inländische und regionale Themen, für die sich die Mitglieder und Mitarbeiter/-innen des SFR einsetzen.

Zu nennen ist beispielsweise die Skandalisierung von Abschiebungen unserer Nachbar/-innen, die Problematisierung der Unterbringung in Sammellagern, rechte und rassistische Gewalt gegen geflüchtete Menschen oder die Forderung nach landesweiten unabhängigen Beratungsangeboten, insbesondere im ländlichen Raum.

Im folgenden Beitrag wollen wir nun aber nicht selbst über die Situation vor unseren Haustüren schreiben, sondern das Wort an zwei junge Frauen übergeben, die noch nicht mit uns in Sachsen leben, sondern in Afghanistan sind. Beide gehören zu der gefährdeten Gruppe der ethnischen Minderheit der Hazara. Wir fragten sie, ob sie uns für den Beitrag für die „Träumer/-innenreihe“ etwas schreiben möchten:

Salam, ich bin Ghamar und 18 Jahre alt. Ich möchte für euch über die Träume der mutigen Frauen und Mädchen meines Heimatlands schreiben. In meinem Land, Afghanistan, haben Frauen nach der Machtübernahme der Taliban nicht nur kein Recht auf Teilnahme an der Gesellschaft und Regierung, sondern sie haben kein Recht auf ihre Menschenrechte und Grundbedürfnisse.

Ich, als ein Mensch, als ein Teenager möchte mit meinen Freund/-innen reisen. Ich, als eine Afghanin, träume von der Entwicklung meines Landes. Ich möchte, wie Männer, für das Land arbeiten. Ich möchte studieren.

Das ist mein Traum, aber die Taliban haben meinen Traum und die Träume der anderen Frauen verwüstet. Die Frauen in Afghanistan sind nach der Machtübernahme der Taliban verzweifelt. Das Einzige, das wir machen können, ist Hoffnung zu haben und zu kämpfen: Hoffnung auf die Tage, in denen wir von den Ketten der Unterdrückung frei sind und den Kampf gegen Gewalt und Ungerechtigkeit gewonnen haben.

Das ist mein Wille und der Traum der Frauen in Afghanistan, das ist es, was wir von internationalen Organisationen und menschenfreundlichen Ländern wollen, dass sie unsere Stimmen hören und uns in dieser dunklen Welt nicht vergessen.

Regierung will Frauen vernichten

Salam, ich bin Fatima. In diesem Text schreibe ich über die Rechte und Träume afghanischer Frauen, die die unveräußerlichen Rechte eines jeden Menschen sind. Wir wissen alle, dass die Situation von Frauen auf der Welt nicht gut genug ist.

Aber die Situation von Frauen in Afghanistan ist noch schlimmer als die Situation von anderen Frauen in anderen Ländern. Besonderes, seit die Taliban wieder an der Macht sind. Die Situation von Frauen und Mädchen in Afghanistan ist viel schlimmer geworden. Frauen und Mädchen haben in Afghanistan oft überhaupt keine Menschenwürde und kein Recht zum Widerspruch. Das Talibanregime versucht, die Schulen und Universitäten für Mädchen und Frauen zu verschließen.

Und wenn Frauen, Feministinnen und Aktivist/-innen auf die Straße gehen, um gegen all die menschenfeindlichen und frauenverachtenden Entscheidungen der Taliban zu kämpfen, werden sie mit der allerschlimmsten Gewalt geschlagen. Die Regierung versucht, diese Frauen zu verhaften und zu vernichten, um die Gesellschaft zur Ruhe zu bringen.

Wenn heutzutage afghanische Frauen gefragt werden, was ihr Traum ist, würden sie dir klar antworten: Sie brauchen Gleichberechtigung, das Recht zu arbeiten, das Recht auf Bildung, das Recht auf Sicherheit und das Recht in Freiheit leben zu dürfen. Vielleicht sagen sie auch Brot, um sich zu ernähren. Leider hören in dieser lauten Welt viel zu wenig Menschen die Stimmen der afghanischen Frauen.

Ich möchte alle Regierungen in der Welt und alle internationalen Organisationen bitten, den mutigen Frauen Afghanistans beim Kampf um Freiheit, Gleichheit und ein freies Leben zu Seite zu stehen. Lasst uns studieren, statt heiraten zu müssen.

Ausreise aus Afghanistan

Titelblatt der Dezember der LEIPZIGER ZEITUNG, LZ 109.
Titelblatt der Dezember der LEIPZIGER ZEITUNG, LZ 109. Foto: LZ

Während uns, Tara und Hannah, vor der Machtübernahme der Taliban am 15.08.2021 vor allem die Sammelabschiebungen nach Afghanistan beschäftigten, sind es seitdem vor allem Fragen nach Ausreisemöglichkeiten aus Afghanistan. Obwohl die Schreckensnachrichten aus Afghanistan bekannt sind, laufen die Evakuierungen und das im Oktober gestartete Bundesaufnahmeprogramm nur sehr schleppend.

Laut einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung sind mindestens 30 gefährdete Afghan/-innen mit einer Zusage der deutschen Behörden aufgenommen zu werden, bereits tot. Und viele Afghan/-innen, die schon lange mit uns beispielsweise in Sachsen leben, warten verzweifelt darauf, ihre Freund/-innen, ehemaligen Kolleg/-innen oder Familienangehörige aus Afghanistan herauszuholen, bevor es zu spät ist.

Für sie sind neben dem Aufnahmeprogramm des Bundes insbesondere die Landesaufnahmeprogramme Hoffnungsschimmer, wie sie von Schleswig-Holstein, Bremen, Berlin, Thüringen und Hessen bereits beschlossen wurden.

Landesaufnahmeprogramm für Sachsen gefordert

Auch in Sachsen fordern wir ein Landesaufnahmeprogramm für alle gefährdeten Menschen in Afghanistan. Für Ghamar und Fatima gibt es aktuell kaum eine Chance auf Ausreise. Gegenwärtig bemühen sie sich Geld zu beschaffen, um einen aktuellen Reisepass zu beantragen. Setzt euch gemeinsam mit uns dafür ein, dass Ghamar oder Fatima gehört und nicht vergessen werden!

Dass Sachsen Platz hat, wird bei der Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine ersichtlich. Wir sind in der Pflicht, weiteres Leid und Todesfälle zu verhindern und allen gefährdeten Menschen zu helfen, dem Talibanregime in Afghanistan zu entkommen. #dontforgetafghanistan #wirhabenplatz

Mehr aktuelle Träume sowie aus den letzten Jahren auf L-IZ.de 

„Wenn Leipziger/-innen träumen: Wir haben Platz“ erschien erstmals am 16. Dezember 2022 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 109 der LZ finden Sie unter anderem in Großmärkten und Presseshops sowie bei diesen Szenehändlern.

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