Ging vor ein paar Jahren am Fahrzeug eine Lampe kaputt, konnte man an der Tankstelle eine neue kaufen und sie problemlos selber wechseln. Damals waren das Pfennigartikel. Die H4-Lampen sind nun leistungsstärkeren Xenon- oder LED-Leuchtmitteln gewichen. Doch wehe, wenn diese den Geist aufgeben. Eine Bi-Xenon-Leuchteinheit mit Kurvenlicht für die Mercedes-E-Klasse-Baureihe W212 kostet mal schlappe 1.300 Euro. Dabei handelt es sich noch nicht einmal um einen Neuwagen.
Der letzte W212 wurde 2016 gebaut. Und die Preisexplosion betrifft nicht nur die Beleuchtung. Egal, ob Windschutzscheibe, Karosserie oder Motor – die Kosten sind extrem gestiegen, und das hersteller- und modellübergreifend.
Dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zufolge erhöhten sich die Preise für Ersatzteile im Schnitt stärker als in anderen Gebieten des täglichen Lebens. So stieg der Verbraucherpreisindex – der die normale Inflation misst – seit 2013 um 22 Prozent. Ersatzteile zogen hingegen durchschnittlich um mehr als 55 Prozent an.
Schuld an dieser Entwicklung sind gestörte Lieferketten durch Rohstoffmangel, Corona-Maßnahmen und dem Ukraine-Krieg. Die Energiewende und das Fehlen billigen Gases treiben die Preise zusätzlich in die Höhe und machen der Industrie schwer zu schaffen. Hinzu kommen globale Abhängigkeiten. Für die Herstellung eines Autoreifens etwa sind in etwa drei Kilo Ruß notwendig.
Das auch als Carbon Black bekannte Abfallprodukt der Industrie kam größtenteils aus der Ukraine. Zwar fällt in China und Indien genügend Industrieruß an, aber Lieferketten lassen sich nicht sofort umstellen. Laut Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie wurde die Produktion in Frankreich und Italien schon teilweise aus Mangel an Carbon Black gestoppt.
Höhere Versicherungsbeiträge
Das Vertriebsmonopol der Autohersteller ist eine weitere Ursache der Verteuerung. Für alle sichtbaren Teile wie Kotflügel, Stoßfänger oder Kühler besitzen die Firmen einen Designschutz. Im September 2020 beschloss der Bundestag zwar mit dem Gesetz für fairen Wettbewerb die sogenannte Reparaturklausel, die künftig sichtbare Teile vom Designschutz ausnimmt.
Doch das gilt nur für neue Modelle. Karosserieteile, deren Design vor 2020 eingetragen wurde, haben einen bis zu 25-jährigen Bestandsschutz. Das trifft viele Autohalter, denn das Durchschnittsalter eines Pkw in Deutschland beträgt derzeit circa zehn Jahre. Der Gesamtverband Autoteile-Handel fordert weitere Liberalisierungsschritte. Doch das wird nicht reichen.
Engpässe und starke Preissteigerungen gibt es bei Neu- und Gebrauchtwagen genauso wie bei Ersatzteilen und Verbrauchsstoffen, etwa bei Motoröl. So hat BMW in nur einem Jahr die Teilepreise dreimal erhöht, wie die Fachzeitschrift Automobilwoche berichtet. Das Ifo-Institut bestätigt die Absicht der meisten Unternehmen, die Preise anzuziehen. Vor allem im Großhandel (79,3 Prozent) und Einzelhandel (75,4 Prozent) sind Preiserhöhungen geplant. Bei beiden ist die Kfz-Branche betroffen.
Meist wirkt sich dies zeitverzögert auf die Waren aus. Wenn die Erhöhungen dann kommen – wie zuletzt etwa bei Butter, Milch, Fleisch und anderen Lebensmitteln – wird es schnell erheblich teurer. Wer in letzter Zeit das Auto in der Werkstatt hatte, bekam davon schon einen Vorgeschmack. Die Teuerungen schlagen sich auch bei den Schäden nieder, die die KFZ-Versicherungen zu zahlen haben.
„2021 kostete ein PKW-Sachschaden die KFZ-Haftpflichtversicherer im Schnitt 3.375 Euro, rund acht Prozent mehr als im Vorjahr“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. 2013 hatte dieser Wert noch bei 2.400 Euro gelegen. Das geben die Versicherer natürlich an ihre Kunden weiter, die dann mehr für ihre Policen zahlen müssen.
Fahrende Computer
Sparen lässt sich hingegen bei der Auswahl der Werkstatt und der Beschaffung der Ersatzteile. In Niederlassungen von Automarken wird inzwischen ein Stundenlohn zwischen 120 und 200 Euro verlangt. Freie Werkstätten arbeiten für 50 bis 80 Euro pro Stunde. Auch Ersatzteile sind auf dem freien Markt, wie etwa Ersatzteile bei Motointegrator, meist wesentlich preiswerter zu haben und qualitativ gleichwertig.
Die Zulieferer verkaufen dort Produkte, die sie so oder ähnlich auch an die Kfz-Hersteller liefern. Der einzige Unterschied besteht darin, dass das Logo der Automarke fehlt. Die dritte Möglichkeit zum Sparen ist: selber schrauben. Doch das könnte schwierig werden, denn Neuwagen und jüngere Gebrauchte sind heute mit komplexer Bordelektronik vollgestopft.
Hatte ein VW Golf II noch zwei Steuergeräte (für Motor und Schubabschaltung), waren es beim Golf III schon vier (Motor, Antiblockiersystem, Airbag, Automatikgetriebe) und beim Golf IV 45 Steuergeräte. Heute sind es mit Sensorik, Aktuatorik und Fahrerassistenzsystemen gut 100 einzelne Steuergeräte. Wer also nicht zufällig Elektrotechniker von Beruf ist, wird hier schon schnell an die Grenzen das Machbaren stoßen.
Fallen elektronische Komponenten in einem Auto aus, wird in der Regel nicht mehr repariert, sondern nur noch getauscht, ganz nach dem Motto, „was lange hält, das bringt kein Geld“. Und das kann teuer werden, vor allem in Vertragswerkstätten.
Geht beispielsweise in einem wenige Jahre alten VW Phaeton das Navigationsgerät, in dem sich auch Freisprecheinrichtung und Radio befinden, kaputt, wird das Komplettteil getauscht – für stolze 6.000 Euro. Es gibt allerdings Firmen, die sich auf die Reparatur von Elektronikteilen spezialisiert haben.
Die Fachleute dort können unter dem Mikroskop selbst Risse in elektrischen Verbindungen kitten, die dreimal dünner sind als das menschliche Haar. Das kostet dann ein paar hundert Euro. Auch bei defekten Klimaanlagen tauschen Werkstätten oft den kompletten Kompressor für tausend Euro und mehr.
Mitunter ist aber nur die Magnetkupplung kaputt, deren Reparatur wäre eigentlich ein Klacks, sagte uns ein Meister einer Autowerkstatt, doch werden die Einzelteile meist nicht einmal als Ersatzteil angeboten. (cof)
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