Bis 17:30 Uhr konnten die Teilnehmenden an der Reichelstraße friedlich auf der Straße sitzen. Letztlich genau so lange, wie die stationäre Kundgebung der knapp 1.000 Teilnehmer/-innen der rechtsextremen Demo um das „Compact“-Magazin und Vertretern der „Freien Sachsen“ andauerte. Jetzt, wo sie laufen wollen, steigt der Stresspegel deutlich. Am Simsonplatz steht alles, Gerüchte von Umleitungen machen die Runde und die Blockade harrt aus.
Zum Teil 1 des heutigen Livetickers auf L-IZ.de (bis 17:30 Uhr)
Es geht langsam etwas ruppiger zu, die Polizei hat Wasserwerfer bereitgestellt, der kleine grüne Räumpanzer steht auch bereit. Doch so richtig aktiv wird die Polizei noch nicht. Gegenüber LZ-Journalist/-innen wird eher gewarnt, nicht zu nah an die rechtsextreme Demo heranzugehen, die Stimmung hier verschlechtert sich zusehens.
Unterdessen sitzen zwei Blockaden auf der Friedrich-Ebert-Straße und machen den Start der Demo vom Simsonplatz aus unmöglich. Da sich auch die Polizei einer durchaus massiven Blockade gegenübersieht, wird im Rahmen der Verhältnismäßigkeit durchaus auch abgewogen werden könne, die Demo der Rechten um Jürgen Elsässer auf eine alternative Route zu führen.
Auf die Gefahr hin, dass auch diese von den mittlerweile rund 1.500 bis 2.000 Gegendemonstranten um die Initiative “Leipzig nimmt Platz” eben genau das wieder tun: auf der Alternativroute Platz zu nehmen. Das erklärte Ziel der Leipziger Antifaschisten ist heute durchaus, dem Demonstrationszug mit eigenen, angemeldeten Versammlungen ausdauernd zu begegnen. Angemeldet ist die rechtsextreme Demo bis rund 21 Uhr, danach müsste eine Folgeanmeldung den Abend verlängern.
17:55 Uhr: Die Blockade auf der Ebertstraße wurde geräumt
Am Ende haben sie sich räumen lassen, die Polizei hat eingegriffen. Es verlief jedoch nach ersten Eindrücken „zivil“ weitgehend ohne brutalere Gewaltanwendungen (Video folgt in Kürze). Der Demozug der Rechtsextremisten könnte damit starten, steht jedoch noch immer am Simsonplatz, Ausgang Karl-Tauchnitz-Straße.
Vereinzelt hört man erste Rufe, wie „Straße frei“, doch man steht und steht. Ein weiteres Gerücht, was in den letzten Stunden die Runde machte, hat sich weiter erhärtet. Offenbar ist Björn Höcke zum großen Stelldichein der „Querdenker“, „Freien Sachsen“ und sonstiger Rechter doch nicht nach Leipzig gekommen. Es gab wohl keinen Redebeitrag mit ihm und auch unsere LZ-Reporter konnten ihn vor Ort noch nirgends entdecken.
Eventuell handelte es sich von Beginn an auch um eine Ente der Demomacher. Zumindest auf der Seite von „Compact“, wo die Demonstration massiv beworben worden war, fand sich nur ein Redeauszug von Höcke und keine explizite Ankündigung seines Kommens. Auch bei Facebook hatte sich Höcke bis gestern Abend nicht zur Demo geäußert.
Das Video von der polizeilichen Räumung
18:15 Uhr: „Jetzt geht’s los“
… schreit eine einzelne Frau im Demozug am Simsonplatz und dann laufen sie. Wohin und wie weit genau, ist noch nicht ganz klar.
Glaubt man dem polizeilichen Aufwand inklusive der Sperrung aller Nebenstraßen, Einsatz der Reiterstaffel und jeder Menge Beamt/-innen in der Friedrich-Ebert-Straße, wird sich der Demozug auf der angemeldeten Strecke genau hier durchbewegen wollen. Siehe Karte von „Leipzig nimmt Platz“.
Etwa 150 Meter vor dem Westplatz befindet sich jedoch eine zweite, angemeldete Versammlung des Gegenprotestes auf der Friedrich-Ebert-Straße. So langsam trudeln auch immer mehr Eindrücke zur Räumung der ersten Blockade ein. LZ-Kollegen sprechen nun doch von einigen brutaleren Eindrücken bei der Polizeiaktion.
18:27 Uhr: Aug in Aug
Skurrile Situation jetzt: Nach der Räumung der ersten Blockade, besteht die (angemeldete Versammlung) zweite in der Eberstraße ungehindert fort. Unterdessen ist die Demo der Rechtsextremen ebenfalls in der Ebertstraße angekommen und wartet rund 200 Meter entfernt. Aktuell ist diese Route eher eine Sackgasse. Und André Poggenburg am Frontbanner.
Die Polizei macht eine Durchsage an die sitzende Versammlung, in welcher etwas von 18:30 Uhr die Rede ist. Offenbar ist die Schlusszeit der Versammlung gemeint – es könnte also sein, dass sich die Räumungsbilder wiederholen.
18:50 Uhr: Die Stimmung wird deutlich gereizter
Die ersten Mülltonnen brennen in einer Nebenstraße, während die Polizei versucht, die ersten Menschen aus der Blockade zu ziehen. Parallel dazu sollen alle Ausweichrouten mittlerweile gleichzeitig blockiert werden.
Immer wieder sind in der Ebertstraße Böllerschläge zu hören, offenbar auch aus einer Hooligangruppierung der „Querdenker“ heraus, genau sagen kann das gerade niemand – auch Würfe aus der anderen Richtung sind möglich.
Während der rechtsextreme Demozug darauf wartet, dass ihm die Straße freigemacht wird, ist auch der Livestream des „Querdenken“-Youtubers verstummt. Nach Beobachtungen Umstehender soll ihm jemand das Handy aus der Hand geschlagen haben, im Stream ist nur noch ein kurzer Aufschrei zu hören, seither ist der Stream aus. Nun kümmert sich die Polizei darum.
Gerüchte machen die Runde, dass sich gewaltsuchende Rechte aus dem Demozug entfernt haben und im nahen Johannapark versuchen, wahllos Menschen anzugreifen.
19:15 Uhr: Es brennt, sinnbildlich und real
Langsam wird auch für die eingesetzten Beamten die Situation zunehmend unübersichtlicher. Sie halten die Lager getrennt in der Ebertstraße, aber auch beim in Leipzig nicht unbekannten, überraschenden neuen Wortführer der Rechtsextremisten André Poggenburg scheint es zu dämmern: dass hier und heute wohl kein Durchkommen mehr ist.
Er will umkehren, was die Menge noch nicht so ganz einsehen möchte.
Doch mittlerweile hat sich das Gebiet um die Friedrich-Ebert-Straße zunehmend zur Sackgasse gemausert. Wo in den Nebenstraßen keine Menschen sitzen, hat es hier und da das erste Mal gebrannt. In der Gustav-Mahler-Straße Mülltonnen und herbeigeschaffte Paletten, mittlerweile ein Fall für die Feuerwehr. Das Feuer ist (Stand 19:25 Uhr) gelöscht.
19:33 Uhr: Es geht nach Haus …
Die Pressestelle der Polizei hat LZ gegenüber bestätigt, dass die Compact-Demo aufgelöst sei. Das bedeutet den Rückzug der Demonstranten aus der Friedrich-Ebert-Straße zum Ausgangspunkt Simsonplatz zurück. Und von dort aus nach Hause, der Abend ist damit gelaufen – oder eben eher nicht.
Die Blockade steht noch in der Ebertstraße und wartet ab, während sich die Rechten zum Simsonplatz zurückziehen.
20:15 Uhr: Abschlusskundgebung und Marsch des Gegenprotestes – Versammlung nun beendet
Nach Abzug der rechten Demonstration zurück zum Ausgangsort auf dem Simsomplatz formiert sich auch der Gegenprotest zum Heimweg. Dieser solle gemeinsam als Aufzug bis zum Hauptbahnhof stattfinden. Kurz vor dem Westplatz sammeln sich derzeit die Teilnehmenden für Abreise.
Kurz nachdem der letzte Rauch verzogen ist, erfährt die antifaschistische Abschlussdemonstration regen Zulauf, allerdings von Seiten der Polizei. Immer mehr Einsatzkräfte stoßen aus den verschiedensten Richtungen dazu und halten mit Kameras und Taschenlampen wohl Ausschau nach der Person am anderen Ende der roten Leuchterscheinung. Ihre Bemühungen werden nicht belohnt, scheinbar hat sich die Person zügig aus dem Versammlungsgeschehen entfernt.
Die Teilnehmerzahl wird durch unsere Kolleg/-innen vor Ort auf mehrere Hundert geschätzt. Inzwischen läuft der Aufzug über den Fußweg über Richard-Wagner-Platz zum Bahnhof, während die Polizei mehrere Spuren auf dem Ring besetzt hält. Mittlerweile (20:47 Uhr) ist auch diese Versammlung offiziell beendet.
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