โDie Aktivisten von der Fahrbahn loszureiรen und wegzutragen ist hingegen eindeutig zulรคssig, auch wenn das wegen des Klebers zu erheblichen Handverletzungen fรผhren sollte.โ So zitiert die โWeltโ die Professorin fรผr Strafrecht an der Universitรคt Leipzig, Frau Pro. Elisa Hoven.
Weiter geht es mit: โEs gilt die klare Regel, dass Recht dem Unrecht nicht zu weichen braucht โ egal ob man auf dem Weg zu einem wichtigen Geschรคftstermin ist oder einfach nur die โSportschauโ nicht verpassen will.โ
Ich bin kein Jurist und weiร auch nicht, ob die Professorin in der โWeltโ korrekt zitiert wird, aber ich habe Zweifel. Besonders, weil einige Menschen das schon mit โNotwehrโ in Verbindung bringen. Abgesehen vom Versammlungsrecht, welches fรผr die Aktionen gelten kรถnnte, steht dieser Auslegung, meiner Meinung nach, auch der Notwehrparagraph im Wege.
Notwehr
Als ich 1993 die Sachkundeprรผfung fรผr die Waffenbesitzkarte ablegte, sagte der Jurist, der den rechtlichen Teil abhandelte, immer: โDenkt daran, Notwehr ist keine Selbstjustiz!โ
Hier sind wir schon mitten im StGB ยง 32 (2), der Notwehr wie folgt definiert: โNotwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwรคrtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.โ
Eine Blockade durch auf der Fahrbahn angeklebte Menschen mag โrechtswidrigโ sein, dies als โAngriffโ zu werten erscheint mir weit hergeholt.
Prรผfungsfragen
Wir finden in den online Unterlagen zur digitalen Prรผfungsvorbereitung fรผr Juristen, betreffs Notwehr, folgende erhellende Angaben: โNotwehrfรคhig sind mithin alle Individualrechtsgรผter, die u. a. in ยง 34 beispielhaft aufgefรผhrt sind, so z. B. Leben, Leib und Freiheit. Notwehrfรคhig sind darรผber hinaus auch sonstige rechtlich anerkannte Interessen, wie z. B. das Recht am eigenen Bild, das durch unbefugtes Fotografieren verletzt wird.โ [OLG Hamm JZ 1988, 308.]
und
โDa die Notwehr kein allgemeines Unrechtsverhinderungsrecht gibt, sind Rechtsgรผter der Allgemeinheit sowie die Rechtsordnung im Ganzen und die รถffentliche Ordnung als solche nicht notwehrfรคhig.โ [Schรถnke/Schrรถder-Perron ยง 32 Rn. 8.]
Hier stellt sich die Frage, ob man das Ankleben auf der Fahrbahn als Angriff, gem. ยง32 (29), werten kann.
Diese Frage ist fรผr den juristischen Laien nicht einfach zu beantworten, denn die gleiche Quelle sagt: โDefinition: Angriff โ Unter Angriff wird jede durch menschliches Verhalten drohende Verletzung rechtlich geschรผtzter Interessen des Einzelnen verstanden, unabhรคngig davon, ob die Bedrohung bezweckt oder ungewollt ist.โ [Fischer ยง 32 Rn. 5; Schรถnke/Schrรถder-Perron ยง 32 Rn. 3.]
Ob die im Artikel gezeigte โLรถsungโ rechtmรครig und verhรคltnismรครig ist, die Entscheidung liegt am Ende bei einem Richter.
Klรคrung durch Gerichte
Ich bin der Meinung, dass die Zitierung und Publizierung der รuรerungen von Prof. Hoven kritisch zu sehen ist. Fรผr mich persรถnlich kommt der Artikel einem Aufruf zur Selbstjustiz gleich. Wer diesem folgt, muss damit rechnen, dass ein Richter keine Notwehr, sondern Kรถrperverletzung erkennt und dementsprechend urteilt.
Wer will das schon?
Ein Hinweis noch. Allgemein gilt fรผr Notwehr: Erst ausweichen, dann passive Schutzwehr und erst danach aktive Trutzwehr!
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