Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Leserin, lieber Leser – welche Assoziationen löst das Stichwort „Sparen“ bei Ihnen aus? Bei mir ist es zwiespältig. Denke ich an meine eigene Kindheit und Jugend zurück, dann hieß es oft: „Wir müssen eben sparen“, weil, wie bei so vielen Familien, nicht immer die Mittel da waren, um ad hoc und generell alle Wünsche zu erfüllen. Auch wenn ich das Glück hatte, in keinem bitterarmen Haushalt aufwachsen zu müssen und wir fast jedes Jahr in den Urlaub fuhren. Und dank unserer lieben Eltern fehlte es uns Kindern an nichts.
Außerdem schien das Geldsparen immer als Gebot der Vernunft, wie man es auch durch Elternhaus und Lehrer vermittelt bekam: Achte auf dein Geld, sei sorgsam, lege dir am besten was zurück. Damals war noch der Klassiker Sparbuch die Empfehlung Nummer eins.
Viele Fragen, viel Unsicherheit
Doch die Zeiten sind andere geworden. Energiekrise, galoppierende Inflation, drohender Abschwung und Zukunftsangst setzen uns dermaßen zu, dass es für viele Menschen – auch aus der Mittelschicht – plötzlich als Eingemachte geht: Kann ich die nächste Gasabrechnung stemmen? In welche Dimension bewegen sich die Stromkosten noch hin? Was ist, wenn der Kühlschrank den Geist aufgibt? Und gerade für die Jüngeren: Wie stehe ich eigentlich mal finanziell nach meinem Erwerbsleben da? Wird die Rente reichen?
Das Sparen bietet sich für diese Fragen, wenn auch nicht für alle, doch zumindest für sehr viele Menschen als Lösungsansatz an. Und das Gute dabei ist: Es gibt ein paar grundlegende Tipps und Kniffe, wie man das Sparen erlernen kann. Dazu gleich mehr.
Die Deutschen sind ein Volk der Sparer
Rein technisch betrachtet, stellt sich das Sparen schlicht als Verschiebung einer Investition von Geld in die Zukunft dar: Heute wird Verzicht geübt, um Mittel freizuhalten und sie über das Sparen erst zu einem späteren Zeitpunkt auszugeben. Grob kann dabei zwischen mittel- und langfristigem Sparen unterschieden werden: Ersteres dient dabei oftmals dem Aufbau eines Puffers für Notfälle, während langfristig angelegtes Geld vor allem perspektivisch den eigenen Lebensabend finanziell absichern soll.
Das berühmte Geldbündel im heimischen Sparstrumpf oder Sparschwein zählt strenggenommen übrigens nicht zum Ersparten, weil es (wird nicht gerade auf eine große Anschaffung hingearbeitet, zum Beispiel ein Auto) oft nicht oder nur zu geringen Teilen in den Konsum fließt, also vom Wirtschaftskreislauf ausgeschlossen bleibt. Im Unterschied zu angelegtem Geld können bei dieser sogenannten Hortung folglich auch keine Gewinne oder Zinsen erzielt werden.
In Deutschland hat sich die Summe des angesparten Geldes in den Privathaushalten vor allem während der ersten zwei Jahre der Corona-Pandemie deutlich erhöht, sie lag 2021 bei fast 312 Milliarden Euro. Allerdings scheinen viele Bundesbürgerinnen und -bürger, wenn überhaupt, dann eher konservative Anlageformen wie Sparbücher und -konten zu bevorzugen. Mit einem Zinssatz von knapp über null und der jetzigen Inflation unterm Strich ein Minusgeschäft. Wobei ehrlicherweise auch die Nachfrage nach aussichtsreicheren Parkmöglichkeiten für das Geld angestiegen ist – ein Hinweis darauf, dass sich die Menschen im Angesicht der äußeren Unsicherheit wieder mehr Gedanken um ihre Finanzen machen.
Psychologie des Konsums
Und das ist nichts Schlechtes. Doch oft hört man, dass das bewusste und gezielte Sparen sehr schwerfällt. Und es ist in der Tat wegen der gestiegenen Preise für Lebensmittel, Energie und Kraftstoff wesentlich komplizierter geworden, weil vielen Menschen immer weniger Spielraum für Rücklagen bleibt, sofern er denn noch da ist. Nicht zuletzt gibt manch einer lieber jetzt noch schnell etwas für langlebige Konsumgüter (zum Beispiel eine Waschmaschine) aus, ehe der Preis weiter anzieht.
Klammert man die praktischen Hindernisse mal aus, stellt sich ein ganz anderes Problem: Sparen fällt auch dann oft schwer, wenn man es könnte, weil es erst einmal harte Arbeit und vor allem Selbstkontrolle bedeutet.
Das fängt schon damit an, wirklich benötigte und gewollte Ausgaben im Alltag von unnötigen zu unterscheiden: Wer kennt nicht das spontane Gefühl, sich nach einer knallharten Arbeitswoche auch mal „etwas zu gönnen“ zu müssen? Kommt es Ihnen nicht bekannt vor, dass Sie nur schnell eine Kleinigkeit im Supermarkt holen wollten und am Ende doch wieder einen halbvollen Wagen Richtung Kasse schieben?
Die Rationalitäts-Illusion
Wenn es da bei Ihnen klingelt: Sie sind nicht allein. Und es ist auch keine Frage von Intelligenz und Bildungsstand. Vielmehr deuten Forschungen darauf hin, dass das Belohnungszentrum im sogenannten „Nucleus Accumbens“ unseres Gehirns, das auch bei der Aussicht auf Sex oder Essen aktiv wird, sich ebenso bei der Möglichkeit eines netten Schnäppchens einschaltet, Dopamin ausschüttet und ein entsprechendes Glücksgefühl auslöst. Der „Gegenspieler“ des Nucleus Accumbens, die Insula, kann so mitunter überlistet werden.
Diese Insula im Großhirnlappen wird neben der Verarbeitung von physischem Schmerz auch mit dem „Schmerz“ eines finanziellen Verlustes in Verbindung gebracht. Vermutlich, so eine Hypothese, lässt sich eine Kaufentscheidung aus dem Wechselspiel der konkurrierenden Systeme erklären. Dass der Entschluss, etwas haben zu wollen, rational begründbar ist, ist häufig nur eine Illusion.
Tagesgeldkonto als Sparansatz
Hinzu kommt, dass die Option des 24-Stunden-Online-Shoppings, Rabattangebote und alternative Bezahlmöglichkeiten jenseits des guten, alten Bargelds uns zusätzlich stimulieren.
Der Geldverlust durch den Kauf erscheint nunmehr ferner und abstrakter, als wenn ich selbst bemerke, dass von hundert Euro im Portemonnaie nach wenigen Tagen alles futsch ist. Und so korrelieren all die Hektik, der Stress und Frust im Alltagsleben, die wir per Konsum zu kompensieren versuchen, nur zu oft mit der stillen Entleerung des Kontos.
Was also tun? Expertinnen und Experten haben eine ganze Reihe von allgemeinen Tipps, um das Heft des Handelns in die eigene Hand zu nehmen und Sparmöglichkeiten zu schaffen. Der erste besteht in der Einrichtung eines Tagesgeldkontos.
Hier gibt es, anders als beim normalen Girokonto auf der Bank, keinen direkten Zugriff und auch keine Bezahlmöglichkeit per Karte, sondern muss man sich das dort geparkte Geld zunächst selbst überweisen. Der Extra-Aufwand schafft eine Barriere, die einen schon manche Kaufüberlegung reflektieren lässt – ein psychologischer Trick.
Empfehlungen besagen, bis zu drei oder vier Netto-Monatsgehälter auf das Tagesgeldkonto zu legen bzw. darauf hinzusparen. Das summiert sich über die Zeit zu einem Puffer, damit einen der Steuerbescheid oder die Rechnung der Autowerkstatt nicht in die Bredouille bringen. Ein doch beruhigendes Gefühl.
Übrigens bieten einige Banken nach langer Durststrecke auch wieder Zinsen auf Tagesgeldkonten an – zumindest ein kleiner Nebeneffekt, erst recht, wenn die Inflation irgendwann hoffentlich abflauen sollte.
Ehrlichkeit statt Askese
Dann kann sogleich bei den derzeitigen Einnahmen und Ausgaben aufgeräumt werden. Kostenlose Apps helfen bei Bedarf dabei, den eigenen Haushalt übersichtlich aufzulisten und monatliche „Geldfresser“ dingfest zu machen, angefangen bei den größeren Posten: Ist meine Miete noch verhältnismäßig oder könnte man nach einer kleineren Wohnung Ausschau halten? Benötige ich mein Auto? Gehe ich wirklich oft ins Fitnessstudio, sodass sich die 30 Euro rechnen? Gäbe es einen günstigeren Handyvertrag für mich?
Es kommt bei dieser Bestandsaufnahme vor allem auf radikale Ehrlichkeit zu sich selbst an: Denn schließlich muss niemand in Askese und Verzichts-Wahn verfallen. Die Frage ist: Verschafft mir diese und jene Ausgabe eine echte Befriedigung, einen realen Gegenwert, vom dem ich für mich profitiere? Das muss jeder für sich beantworten. Und jeder Mensch ist bekanntermaßen anders in Charakter, Werten und Präferenzen.
Die Crux unseres Gehirns
Je nach Resultat der persönlichen General-Inventur im eigenen Finanzwesen kann man daraufhin, ausgestattet mit entsprechender Konto-Struktur, mit dem Sparen anfangen. Hilfestellung dazu bieten, wenn gewünscht, nicht nur professionelle Finanzberaterinnen und -berater, sondern auch einschlägige Videos und Blogs im Netz. Dann kann jeder entscheiden, ob er vielleicht auch langfristig, etwa zur Altersvorsorge, in Aktien und Wertpapiere investieren möchte und was genau dafür infrage kommt.
Dass das Sparen jedoch selbst mit innerer Disziplin noch schwerfallen kann, erklären Fachleute zum Teil wieder mit dem erwähnten Belohnungssystem im menschlichen Gehirn. Dieses strebt nach unmittelbarer Bestätigung im „Hier und Jetzt“, nicht in einer mehr oder minder fernen Zukunft: Je weiter weg der Zeitpunkt X – zum Beispiel der eigene Renteneintritt –, desto geringer der Nutzen im Augenblick.
Ratgeber empfehlen dann, sich die Zukunft innerlich oder auch in Form von Fotos zu visualisieren: Will ich mein Senioren-Dasein später finanziell abgesichert auf einem Landsitz verbringen, hilft das entsprechende Bild vor Augen dabei, wohltuende Gedanken im Kopf zu aktivieren. Auch hier ein psychologischer Kniff, wenngleich es anfangs etwas mühsam sein mag.
Geiz ist nicht geil
Und mühsam ist es überhaupt, sich mit dem Thema Geld auseinanderzusetzen, aktiv zu werden und gegebenenfalls das eigene (Konsum)Verhalten anzupassen. Doch am Ende zahlt es sich aus – im wahrsten Sinne des Wortes.
Und auch sonst. Denn es geht nicht um Geiz – der eben nicht geil ist, vielmehr einsam macht – sondern um ein gesundes Verhältnis zum Thema Geld, bei dem ich mir vielleicht Spielräume verschaffe, um finanziell sorgenfreier all die schönen Seiten des menschlichen Daseins zu genießen, die gerade jetzt stattfinden. Und auch, um aus der jetzigen Krise gestärkt hervorzugehen, sie zumindest gut zu überstehen, in vollem Bewusstsein, warum und wofür ich spare. Wäre das nicht eine lohnenswerte Aussicht?
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