Sie fรผllen die StraรŸen: Menschen, die wรผtend und verbittert sind รผber die Inflation und die hohen Energiekosten. Sie fรผrchten, dass sie all diese Belastungen nicht mehr stemmen kรถnnen. In Ostdeutschland werden solche Demonstrationen zunehmend angefรผhrt von Bรผrger-, Handwerkmeistern und Unternehmern.

Tenor ihrer Auftritte: Einigt euch mit Putin รผber weitere Gaslieferungen und hรถrt auf mit der Energiewende! Lasst die Atomkraftwerke unbegrenzt weiterlaufen, baut weiter Braunkohle ab! Alle, die so votieren, ernten groรŸen Beifall. Die dem widersprechen, mรผssen mit heftigen Reaktionen rechnen: โ€žBuh, hau ab!โ€œ.

So ist es auch dem sรคchsischen Ministerprรคsidenten Michael Kretschmer (CDU) am vergangenen Dienstag in Grimma ergangen. Nicht nur am Rande solcher Kundgebungen tummeln sich die Rechtsnationalisten von AfD und โ€žFreie Sachsenโ€œ. Sie bestimmen die Atmosphรคre und lachen sich ins Fรคustchen: โ€žRegierung entfernenโ€œ ist ihre Parole.

Sie meinen damit nicht den demokratischen Wechsel per Wahl. Sie trรคumen vom Umsturz, von der Abschaffung der Demokratie โ€“ und reklamieren fรผr sich โ€žโ€˜89โ€œ. Widerspruch erfahren sie kaum. Im Gegenteil: Im Grimma stรถrte sich niemand an Reichskriegsfahnen.

Wie 2014 im Angesicht der Migration und 2020ff wรคhrend der Corona-Pandemie stehen wir vor der Frage: Wie umgehen mit denen, die jede gesellschaftspolitische Herausforderung dazu nutzen, die Errungenschaften, die mit der Friedlichen Revolution 1989/90 erkรคmpft wurden, zu zertrampeln, um einen nationalistischen Autokratismus durchzusetzen? Sich ihnen anbiedern, ihre Narrative รผbernehmen?

Das ist ein Weg, der immer scheitert. Da fรผhlen sich die Rechtsnationalisten nur gestรคrkt. Also sollten sich die Bรผrger- und Handwerksmeister, die Unternehmer, ein Ministerprรคsident dreimal รผberlegen, auf wessen Mรผhlen sie das Wasser leiten, wenn sie ihr Heil weiter in russischem Gas, Atomkraft und Braunkohle sehen. Wie ignorant muss man sein, jetzt auf ausgelatschten Pfaden weiterzuwandeln?

Da kรถnnen wochenlang im Erzgebirge die Wรคlder brennen, Dรผrren Ernten vernichten, Fluten Dรถrfer wegspรผlen (von den globalen รœberschwemmungskatastrophen wie jetzt in Bangladesch oder Nigeria ganz zu schweigen, wo Millionen Menschen dauerhaft ihres Zuhauses beraubt sind) โ€“ fรผhrende Persรถnlichkeiten entblรถden sich in Sachsen und anderswo nicht, den Klimawandel als spinnerte Idee von grรผnen Ideologen und Windrรคder fรผr Kinderkram zu halten.

Dann doch lieber weiter Braunkohle, auch wenn traditionsreiche Dรถrfer abgebaggert werden mรผssen, so ihr irrer Glaube. Dann doch lieber weiter Kumpanei mit einem Kriegsverbrecher wie Putin, so ihre Empfehlung. Diese Sehnsucht nach warmer Stube trieft nur so von kaltem Egoismus.

Was dagegen hilft: nur Klarheit! Auch in der Kirche! Wer die Sorgen von Bรผrger/-innen ernst nimmt, der muss eindeutig reagieren: 22 ist nicht 89. Wir leben in keiner Diktatur! Wir haben jetzt die Aufgabe, vor Ort und in globaler Verantwortung alles zu tun, damit wir der Schรถpfung angemessen leben und wirtschaften.

Diese Aufgabe ist jeder Hinsicht herausfordernd, aber sie ist unvereinbar damit, den Rechtsnationalisten auch noch einen Rahmen zu bieten, ihr schmutziges Spiel zu betreiben. Diese klare Trennlinie muss jetzt auch den Bรผrger- und Handwerksmeistern, den Unternehmer/-innen und einem Ministerprรคsidenten abverlangt werden.

Zum Blog von Christian Wolff: http://wolff-christian.de

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So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:

Es gibt 4 Kommentare

Der Missionar bemรผht analog des bewรคhrten Funktionsprinzips autoritรคrer Religionen natรผrlich das unverbesserliche Ketzertum und die apokalyptische Endzeit um seine eigene moralische รœberhรถhung zu begrรผnden. Aber eben alles modern aufs Heute gemรผnzt โ€ฆ. Es funktioniert eben immer wieder gleich sowohl in Kirche als auch in dieser Presseโ€ฆ

@Michael Freitag: Ich muss gestehen, dass ich wiederum nicht verstehe was
Ihr Kommentar mir sagen soll, zumal der Text fรผr sich steht. Ich bemรผhe mich aber hรถflicherweise um kurze Antwort unter dem Titel:

Das Wort zum Freitag

Sieht man genauer hin, entgeht einem nicht dass ebenso bei CSU, FDP sowieso
(inhaltsgleich die AFD aber ohne Verantwortung), einiges liegen gelassen wurde. Bei der Kohle SPD hat es auch gedauert. Teilen von Grรผnen und Linken werfe ich gerne Ideologie getriebene Konzeptlosigkeit vor, man sehe die Taten in Verantwortung.

Womit wir bei b) wรคren: Anstatt verantwortungsvoll an dem Umbau der Energiewirtschaft
zu arbeiten, werden in keinster Weise Kapazitรคten oder Gesetze geschaffen die den Umbau
(der sich nicht beschlieรŸen lรคsst) befeuern.
Im Gegenteil: in Regierungsverantwortung verfรผhrt die Macht zum Handeln entgegen den Forderungen zu Oppositionszeiten, zum Entsetzen vieler Unterstรผtzer im Wahlkampf sowie anderer Bรผndnisse und Experten, fรผr die Frieden, Klimaschutz, Wohlstand sowie der Energiewandel zentral sind.
Insbesondere Aussagen der Transatlantiker in der Grรผnen Fรผhrungsriege zeigen
klar (stรคrker seit 2014) dass gegen RuรŸland, bis zum kompletten Bruch hingearbeitet wurde.
Dabei nehmen die Grรผnen die Fรผhrungsrolle mit Westbindung ernst und betreiben unter diesem Primat ihre Politik, ohne Empathie und Weitblick.
Die Not wurde in sofern selbst erzeugt, und maรŸgeblich durch die Energiepolitik des Habeckschen Ministeriums , aus Nachhaltigkeits- und Versorgungssicht weiter verschรคrft.
Wegen der transformatorischen Engpรคsse wรคre Gas die nรคchsten Jahre nรถtig, und unter den fossilen noch die beste Variante gewesen. Alles futsch ohne adรคquate Alternativen, mit groรŸen gesellschaftlichen Folgen und wenig Aussicht auf Besserung.

Das Aufeinanderprallen der Ideologie auf die Realitรคt erfordert dann noch hรคrte Konsequenzen, einer Politik die keine Alternativen mehr kennt.
Wie erwรคhnt fรผhlte man sich auf dem Parteitag vollkommen frei von Kritik, wobei Kritik ja vorab als Putintroll oder HaรŸ festgelegt wurde.

Schรถnes Wochenende und Friede den Hรผtten

@Hearst: Da sieht man mal, was a) die CDU alles hat liegenlassen bei den Erneuerbaren, dass nun solche Schritte nรถtig werden und b) begrรผnden Sie gerade mit ihren Hinweisen, dass die Grรผnen in der Not irgendwie doch keiner โ€œIdeologieโ€ zu folgen scheinen. Was wollen Sie uns denn nun damit sagen?

Aktuelle Energiepolitik der Bundesregierung: Stopp der Energiewende, Verlรคngerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke, Reaktivierung von Kohlekraftwerken, Kauf von LNG (z. B in der Demokratie SA). Abbau von Windrรคdern in (mit) Grรผn regierten Lรคndern. Insbesondere als spinnerte Taten von grรผnen Ideologen (siehe letzter Parteitag). โ€œDie dem widersprechen, mรผssen mit heftigen Reaktionen rechnen.โ€ โ€“ Stimmt. Die grรผne, (diplomatieunfรคhige) Kriegesministerin erspare ich mir heute mal.
Aber was sind schon Fakten, wenn der Glaube stark ist?
Warm und erleuchtet ist es halt nur in der Kirche (Kerzen?), gelle?
AuรŸer vielleicht im ร–berstรผbchen der Kanzel. Ende der Klarstellung.

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