„Ende der Sicherheit“ – so lautet das Motto des 76. Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrertages in Leipzig. Er findet vom 26. bis 29. September 2022 in Leipzig statt. Wenn in der Kirche vom Ende gesprochen wird, sollte eigentlich zuvor und vor allem danach vom Anfang die Rede sein. Denn ein Signum des biblischen Glaubens ist es, dass er ausgerichtet ist vom Ende zum Anfang, vom Ausgang zum Eingang.
Glaube denkt nicht vom Anfang zum Ende – so wie wir das vom normalen Leben kennen. Dann, wenn wir Menschen meinen, alles liefe auf das Ende, auf das endgültige Aus zu, spätestens dann sollte bei Christinnen und Christen der Richtungswechsel einsetzen: den neuen Anfang, den Aufbruch in den Blick zu nehmen, das neue Leben.
Ob die Geschichte von Kain und Abel, ob die Katastrophe der Sintflut, ob die politischen Verwerfungen im alten Israel, ob der zunächst erfolgreiche Versuch, sich eines Jesus von Nazareth zu entledigen, ob die apokalyptischen Endzeitstimmungen bis zum heutigen Tag – was zunächst für ein Ende aller Existenz spricht, trägt den Keim des neuen Anfangs in sich: Gott eröffnet den Menschen, die sich am Ende wähnen bzw. auf das unwiderrufliche Ende dieser Welt zielstrebig hinarbeiten, dennoch und jenseits aller Vergänglichkeit einen neuen Anfang: „Siehe, ich mache alles neu!“ (Die Bibel: Offenbarung 21,5).
Dieser Anfang, dieser nächtliche Aufbruch in den neuen Tag ist das Grundthema der Kirche: Wenn alle Sicherheit ans Ende gekommen ist und alle Gewissheiten sich aufgelöst haben, schlägt die Stunde des Vertrauens und der Hoffnung. In dieser Stimmungslage haben sich verzweifelte Menschen, Kranke, Arme, Gestrauchelte an Jesus gewandt und Heilung, Stärkung, Ermutigung erfahren.
Schade, dass dies beim Motto des Pfarrer/-innentages nicht einmal angedeutet wird. Schade, dass die Veranstalter beim Ende zu verharren scheinen. Aber damit offenbaren sie das Grundproblem einer Kirche, die es verlernt hat, gerade in bedrohlichen Zeiten mit ihrem größten Pfund zu wuchern: dem Grundvertrauen darauf, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will (Dietrich Bonhoeffer); einer Kirche, die sich stattdessen hauptsächlich damit beschäftigt, sich selbst materiell abzusichern angesichts ihres rasanten Niedergangs und dabei das Wichtigste zu vergessen droht: den Menschen nahe zu sein.
Doch gerade mit Letzterem können und müssen wir Pfarrerinnen und Pfarrer jeden Tag neu anfangen. Dazu bedarf es vieler neuer Impulse und Veränderungen – vor allem im Berufsstand der Pfarrerinnen und Pfarrer.
Zum Blog von Christian Wolff: http://wolff-christian.de
Keine Kommentare bisher