Die Jahnallee ist stadteinwärts leer an diesem 9. Mai 2022, die Radler/-innen haben Platz, der ÖPNV ebenfalls. Der Grund sitzt mit festgeklebten Händen seit 7:40 Uhr an der Haltestelle Waldplatz und blockiert den Autoverkehr. Die „Letzte Generation“ macht wieder mit mehr oder minder spektakulären Aktionen auf sich aufmerksam. Während die Menge der stehenden Pkws anwächst, redet eine junge Frau am Boden über das Ende der fossilen Energien und vor allem: die Klimakrise und das Artensterben auf der Welt.

Sie gelten gemeinhin als eine der jüngsten und radikalsten Umweltschutzgruppierungen des Landes und auch am heutigen 9. Mai 2022 haben sie mindestens das erneut geschafft: medienwirksam den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum schnelleren Handeln aufzurufen.

Denn die „Letzte Generation“ – hergeleitet aus dem nur noch kleinen Handlungsfenster bei der Eindämmung der Klimawandelfolgen – versteht sich als außerparlamentarische Protestbewegung mit einem kompromisslosen „Jetzt“ und Aktionen, die auch für Medien nicht zu übersehen sind. Heute finden ähnliche Aktionen wie diese in sechs Städten statt.

Für etwa 1,5 Stunden blockieren die sechs Teilnehmer/-innen dieser unangemeldeten Protestform mit am Asphalt festgeklebten Händen die Durchfahrt an der Jahnallee Richtung Leipziger Zentrum. Teils unter dem Jubel vorbeifahrender Radler/-innen, teils zum Ärger jener rund 75 Autofahrer/-innen, die jedoch an dieser Stelle nach einer kürzeren Wartezeit unter polizeilicher Aufsicht wenden und den Ort verlassen können.

Danach ist der Straßenabschnitt zwischen Marschnerstraße und Waldplatz bis etwa 9:30 Uhr frei von Autos, während der ÖPNV und die Radspur keine Behinderungen erleben.

Das Ziel der Aktivist/-innen, bei allen unter dem Namen „Die letzte Generation“ durchgeführten Aktionen wie Straßenblockaden oder dem Abdrehen von Ölpipelines, ist stets, auf die Klimakrise und die noch verbleibenden Jahre hinzuweisen, in denen noch schwerere Auswirkungen abgewendet werden können.

Was nicht wehtut … oder der falsche Weg?

Nicht jeder, der derart im konkreten Leben mit der Nase auf die Klimakrise gestoßen wird, möchte das gern hören. Natürlich sind alle 75 Pkw-Lenker/-innen dringend auf ihre Autos angewiesen und jeder muss für seinen täglichen Arbeitsweg (nie unter einer Stunde versteht sich) den Pkw nutzen. Während es von Passanten und Radler/-innen überwiegend Zustimmung gibt, ist mancher der Wartenden nicht amüsiert.

So auch heute, wo es vor Ort zu teils aggressiven Äußerungen kommt, während die Polizei erstaunlich ruhig und routiniert Maßnahmen einleitet, die mit der Lösung festgeklebter Hände durch einen Sanitäter endete. Währenddessen redet die Sprecherin gegen die Kritik mancher Autofahrer/-innen an und erklärt wiederholt die Blockadeaktion vor Ort, spricht von maximal vier Jahren Zeit, die die Klimakrise den Menschen noch lässt, um zumindest die größten Schäden einzudämmen.

Die Haupttreiber der menschgemachten Entwicklung: die Massentierhaltung, fossile Energieträger und damit auch die derzeitige Mobilität im privaten Pkw.

Ein älterer Radler beklagt lautstark, mit solchen Blockaden würde man nichts erreichen, außer den Frust bei jenen, die hier im Auto warten müssten. Eine ältere Dame bedankt sich bei den jungen Menschen, die sich hier versammelt haben für ihren Einsatz, auf Twitter erkundigt sich jemand, ob eine solche Polizeiaktion auch bei einem auf einem Radweg festgeklebten Pkw stattfinden würde.

Und die Polizei fertigt nun gegen die „namentlich bekannten Personen“ Strafanzeigen wegen „Nötigung“ in 75 Fällen, so Polizeisprecher Olaf Hoppe gegenüber LZ. Ob mancher von jenen, die heute wenden mussten und eine andere Route fuhren, über seine tägliche Pkw-Nutzung ins Grübeln gekommen ist, ist nicht bekannt.


Nachtrag d. Redaktion: In einer ersten Fassung war von der Gruppe „Extinction Rebellion” als Aktionsverantwortlichen die Rede. Dies ist falsch, die Aktion wurde von der Gruppe „Letzte Generation” durchgeführt.

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Es gibt 3 Kommentare

“Aber mal ehrlich, habt ihr keine anderen Probleme?”
Schön, dass Sie “mal” ehrlich sind (sonst nicht?).
Schön, dass Sie, abseits des Krieges in der Ukraine (warum eigentlich nur dieser Krieg?) keine anderen Probleme haben.
Leider wieder sehr kurz gedacht, wie viele andere Menschen auch.
Wenn das Klima gekippt ist, dann gibt es keinen (schnellen) Weg zurück. Das ist ein langfristiges Thema.
Wenn Sie sich nur um eine Sache kümmern können, dann spricht das eher gegen Sie, anstatt gegen die Demonstranten. Man kann nämlich gegen den Krieg sein und trotzdem für das Klima und trotzdem für soziale Gerechtigkeit und gegen Rechts. Ja, das klappt alles wunderbar simultan.

Ich danke den wunderbaren Menschen, die gestern für Klimaschutz auf der Straße waren. Bleibt dran, bleibt mutig! 🥰

Dass es solche störenden Aktionen braucht ist schade. Seit Jahrzehnten warnen Wissenschaftler:innen. Für die meisten in Politik und Alltag war bisher „heute“ stets der falsche Moment. Mit jedem Tag des Zögerns wird es schwerer, eine Klinawende hinzubekommen.

Ich habe gespendet. Spenden und Vorträge in Leipzig: siehe https://letztegeneration.de

Super Aktion! Endlich auch hier! Aber mal ehrlich, habt ihr keine anderen Probleme? Nicht weit von hier tobt ein Krieg in dem Menschen sterben und ihr klebt Euch auf der Straße fest weil ihr den umwelttechnischen Untergang vor Augen habt?
Wenn alles schief läuft könnt ihr euch im kommenden Winter am Holzofen wärmen und den Strom für Eure Handys aus Solarzellen holen!
Sorry, der schnelle Untergang kommt eher von Atomraketen aber nicht von der Umwelt die ja jetzt kurz vorm kollabieren ist…

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