Nur zwei Tage nach einer ersten Scheinbesetzung ist das „Schiefe Haus“ in Halle erneut durch Aktivistinnen und Aktivisten okkupiert worden. Diesmal verschanzten sich aber tatsächlich Personen im Gebäude, die auch dauerhaft bleiben wollten. Die Besetzung wurde in der Nacht auf Montag bekannt. Neben einigen Unterstützenden vor dem Haus war schnell auch ein größeres Aufgebot der Polizei vor Ort. Die Hausbesetzer wurden am Montagnachmittag durch Einsatzkräfte geräumt.
Die Kundgebung vor dem Gebäude selbst verlief die Nacht hindurch ohne nennenswerte Zwischenfälle; es beteiligten sich in der Spitze bis zu 70 Personen. Gegen Mitternacht fing allerdings der Reifen eines in der Nähe geparkten Einsatzfahrzeugs Feuer. Man darf wohl von versuchter Brandstiftung ausgehen, die Polizei ermittelt in dieser Richtung. Der Entstehungsbrand wurde gelöscht, bevor größerer Schaden entstand.
Ab den Morgenstunden wurde den Demonstrierenden sogar gestattet, den Besetzern Nahrungsmittel durch ein Fenster im ersten Stock zukommen zu lassen. Fotos auf dem Twitteraccount der Besetzung zeigten einen am Vormittag bereits recht beträchtlichen Vorrat, mit dem es die Besetzer wohl eine Zeit lang aushalten hätten können.
Zweck der Besetzung sei es nach wie vor gewesen, im Haus eine selbstorganisierte und unabhängige Unterstützungsstruktur für Mieterinnen und Mieter aufzubauen, so der Versammlungsleiter der Unterstützerkundgebung vor Ort. Aus dem Haus sprach man zudem von einem „interkulturellen Begegnungsraum“, der dort entstehen hätte sollen.
Daraus wird jedoch, zumindest bis auf Weiteres, nichts werden: Gegen 14 Uhr am Montagnachmittag positionierten sich Kräfte der polizeilichen Beweis- und Festnahmeeinheit vor dem Gebäude, die drei Besetzer kamen nach einer entsprechenden Aufforderung selbstständig heraus.
Es folgte eine Begehung des Gebäudes durch die Polizei, der auch Landtagsabgeordnete Henriette Quade (Linke) als parlamentarische Beobachterin beiwohnte. Ihre Partei solidarisierte sich im Verlaufe der Besetzung mit den Aktivistinnen und Aktivisten und wies auch nach der Räumung darauf hin, dass „das politische Problem“ in Form von Entmietungsprozessen, steigender Mieten und Luxussanierungen bestehen bleibe.
Ähnlich äußerte sich einer der Besetzer, nachdem er aus der polizeilichen Maßnahme entlassen wurde. Das Haus habe die Aufmerksamkeit bekommen, die es verdiene. Auch sei es „ein Symbol für alle anderen Häuser, in denen mit Gewalt, Drangsalierung und Repression entmietet und bewohnbarer, dringend benötigter Wohnraum den Menschen weggenommen wird“, so der junge Mann nach der fast achtzehnstündigen Aktion.
Das Haus in der Breiten Straße ist nur eines von mehreren Beispielen für den Kampf von Mieterinnen und Mietern in Halle. Aufgrund des wachsenden Drucks auf dem Wohnungsmarkt und der zunehmenden Organisation zwischen Betroffenen darf man wohl davon ausgehen, in Zukunft weitere solcher und ähnlicher Aktionen zu sehen.
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