Wer am Mittwochnachmittag, den 27. April 2022 in der Leipziger Innenstadt unterwegs war, konnte sich selbst ein Bild davon machen, welchem Belastungs- und Stresslevel Erzieher/-innen tagtäglich ausgesetzt sind. Im Zuge der laufenden Tarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst hatte die Gewerkschaft Ver.di am internationalen Tag gegen Lärm in der Petersstraße ein „Lärmzelt“ aufgebaut, um die hohe Lärmbelastung spielender Kinder vorzuführen.

Ein permanenter Geräuschpegel von bis zu 90 dB, was in etwa der Geräuschbelastung einer Hauptverkehrsstraße entspreche, können zu bleibenden Schädigungen führen. Doch Kinder sind wild, laut und lebendig – Krach inklusive. Daher sei Entlastung der Mitarbeiter/-innen dringend notwendig, um sich langfristig der Erziehung, Bildung und Betreuung in den Einrichtungen widmen zu können, so der Tenor bereits in der Einladung zur Aktion am gestrigen Tag.

„Leider fehlt es hier an Personal“, so Michael Sommer, zuständiger Gewerkschaftssekretär für den Bereich Sozial- und Erziehungsdienst in Leipzig. Seit 2018 gelten bei den sogenannten Betreuungsschlüsseln für den Kindergarten-Bereich, dass immer eine vollbeschäftigte pädagogische Fachkraft für 12 Kinder und im Schulhort 0,9 pädagogische Fachkraft für 20 Kinder vorhanden sein müssen.

Ein seit Jahren kritisiertes Verhältnis, welches bundesweit mit zu den schlechtesten zählt.

Aktuell arbeitet die sächsische Landespolitik zwar auf eine Schlüsselverbesserung von zukünftig 1:11,5 und im Hort auf 0,9 Betreuer/-innen zu 18,5 Kindern hin, doch in der letzten Verhandlungsrunde habe die kommunale Arbeitgeberseite „erneut gezeigt, dass sie die Belastungssituation der Erzieherinnen und Erzieher immer noch nicht erkannt haben. Mehr Entlastung braucht mehr Fachkräfte. Und damit sind wir in einem Teufelskreis, denn um mehr Fachkräfte zu gewinnen, braucht es attraktive Arbeitsbedingungen“, so Sommer.

Juliane ist eine der Erzieherinnen, die mit dem „Lärmzelt“ in der Petersstraße streiken und Unterschriften für ihre Forderungen sammeln: „für mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen, für mehr Entlastung, weil wir einen Anspruch an unsere Arbeit haben und weil wir diesem Anspruch gerade nicht gerecht werden können, weil es zu wenig Personal gibt.“

Neben dem Schaffen von Bildungsangeboten oder den Kindern Dinge beizubringen, gebe es noch viel mehr Aufgaben, die unter den aktuellen Bedingungen zeitlich eigentlich gar nicht realisierbar seien, berichtet Claudia, ebenfalls Erzieherin. Auf einem Schild wird klargestellt, es handele sich bei Kitas eben nicht um „Aufbewahrung“, sondern gemeinsames Lernen und soziale Erfahrungen machen. Nur schwer zu leisten, wenn die Zeit für jedes einzelne Kind fehlt.

„Das ist unser Traumjob – den wollen wir eigentlich bis zur Rente machen, aber unter den aktuellen Bedingungen ist es halt tatsächlich sehr, sehr schwer, das irgendwie zu bewerkstelligen. Da kann man nur froh sein, wenn man gute Kollegen hat.“

Den Kindern möchten sie eine Chance auf Bildung und Betreuung geben: Bei der Forderung nach verbesserten Arbeitsbedingungen gehe es stellvertretend auch um die Kinder und deren Eltern. Da könne eigentlich nur der Staat was tun. „Das Geld ist da und wir hoffen, dass es besser verteilt wird“, ergänzt Juliane. Für mehr Kolleg/-innen und somit bessere Arbeitsbedingungen.

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