Anlässlich von Jom HaSchoa (dem jüdisch-israelischen Holocaust-Gedenktag) hatte die internationale Bewegung „Marsch des Lebens“ am Donnerstag, 28. April, in Leipzig eingeladen. Unter dem Thema „Mit Herz und zu Fuß – Erinnern, Versöhnen, ein Zeichen setzen!“ ist man gemeinsam auf die Straße gegangen.

„Judenhass und Antisemitismus haben ein alarmierendes Ausmaß erreicht. Antisemitismus ist längst wieder in den Alltag eingezogen und viele bleiben dabei gleichgültig“, so die Veranstalter/-innen. Die Detailauswertung der regelmäßigen Kleinen Anfragen von Kerstin Köditz Mitte März zu diesem Thema zeigte, dass auch in Sachsen die antisemitischen Taten gestiegen sind. Die Sprecherin für Antifaschistische Politik der Linksfraktion erklärt dazu:

„Den Angaben der Staatsregierung zufolge summiert sich die Zahl der polizeibekannten Fälle, die als judenfeindlich gelten, im Jahr 2021 auf insgesamt 189. Es handelt sich erneut um einen beschämenden Rekordwert. Bereits in den Vorjahren waren im Freistaat Höchststände erreicht worden: 2020 wurden 173 Fälle verzeichnet, 2019 waren es 156. Die Gesamtzahl wächst seit 2016 und damit seit mehr als einem halben Jahrzehnt kontinuierlich an, sie hat sich seitdem schon mehr als verdoppelt. Das ist eine beunruhigende Entwicklung.“

Gemeinsam erinnern und handeln

Ronald Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, rief in einer seiner letzten Reden nachdrücklich zum Handeln auf: „Wer ergreift das Wort? Wer traut sich vor?“ Wer sich von der Vergangenheit der eigenen Familie oder des eigenen Umfelds treffen lässt und darüber persönlich spricht, kann etwas verändern und Herzen bewegen, so Lauder.

Auch die heutige Veranstaltung wollte ein klares Zeichen gegen jede Form von Antisemitismus und für die Unterstützung jüdischen Lebens setzen. Um 17 Uhr startete die Gedenkveranstaltung auf der Dachterrasse des Ariowitschhauses, das jüdische Kultur- und Begegnungszentrum im Nordwesten Leipzigs.

Der Holocaust habe eine unvorstellbar schreckliche Zahl an Menschenleben genommen, so Thomas Feist (CDU), Beauftragter für jüdisches Leben in Sachsen. „Wir dürfen uns aber nicht nur an dieser Zahl festbeißen, sondern müssen auch die Schicksale dahinter sehen. Das ist sehr wichtig und es wird noch wichtiger, wenn Zeitzeugen nicht mehr zur Verfügung stehen. Dass wir für die unterschiedlichen Schicksale sprechen.“

„Marsch des Lebens“ zeitgleich in der Ukraine

Im Anschluss ging es auf dem „Marsch des Lebens“ durch die Innenstadt. Gegen 19 Uhr endete die Veranstaltung mit einer Kundgebung am Synagogendenkmal in der Gottschedstraße. Zeitgleich fanden auch in der Ukraine die „Märsche des Lebens“ statt: „Heute stammen bis zu 50 Prozent der Mitglieder jüdischer Gemeinden aus der Ukraine. Der Krieg in der Ukraine reißt viele alte Wunden wieder auf“, so Stefan Haas, Pastor der TOS Gemeinde Leipzig.

Am 8. Mai dann ruft das Netzwerk für Demokratische Kultur e. V. ab 9 Uhr zur Teilnahme am 23. Gedenktag für die Opfer der Todesmärsche auf. Die diesjährige Veranstaltung wird wie bereits im letzten Jahr als Fahrradtour stattfinden. Am 8. Mai 2022 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges und der Nazidiktatur in Europa zum 77. Mal.

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