Am 27. Januar 1945 hat die Rote Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz befreit. Mehrere tausend Menschen befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch dort; viele Zehntausende waren zuvor auf sogenannte Todesmärsche geschickt worden. Die Zurückgebliebenen konnten wohl nur dank der Roten Armee überleben. Bis zu 1,5 Millionen Menschen sollen in Auschwitz gestorben sein. Seit 1996 ist der 27. Januar der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Auch in Leipzig fanden mehrere Veranstaltungen statt.
Auf dem Marktplatz versammelten sich am späten Nachmittag etwa 150 Menschen. Im Rahmen einer Kundgebung wechselten sich Musik und Redebeiträge ab. Die antirassistische Amadeu-Antonio-Stiftung wies in einer Wortmeldung darauf hin, dass die Verbrechen der Nationalsozialisten heutzutage unter anderem durch Impfgegner/-innen verharmlost würden, indem diese sich mit den jüdischen Opfern gleichsetzen.Weitere Redebeiträge kamen von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, dem Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ und dem Stadtrat Michael Neuhaus (Linke). Letzterer betonte die Bedeutung Israels als Schutzraum für Juden und Jüdinnen.
BDS-Kontroverse
Er nahm zudem Bezug auf eine kürzliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Stadt München eine Veranstaltung der BDS-Bewegung in städtischen Räumen zulassen muss. Auch Antisemitismus sei von der Meinungsfreiheit gedeckt, urteilte das Gericht. Entscheidend sei, ob die Veranstaltungen „friedlich“ blieben. Neuhaus stellte infrage, was das für einen 2019 gefassten Beschluss des Leipziger Stadtrates bedeutet, BDS keine Räume zur Verfügung zu stellen.
Ein weiterer Redebeitrag widmete sich dem humorvollen Umgang mit dem Nationalsozialismus. Dieser sei in Deutschland deplatziert und würde hauptsächlich dazu dienen, von Schuld und Verantwortung abzulenken. Mit dem Hinweis auf angebliche Satire oder Ironie würden Comedians zudem Antisemitismus verbreiten.
Eine von Antisemitismus betroffene Person kam zum Schluss zu Wort. Sie berichtete von Beleidigungen im Alltag und einem Stich mit einem Messer in den Bauch, der – so die Aussage der Täter/-innen – verhindern sollte, dass sich Juden und Jüdinnen in Deutschland weiter vermehren.
Oberbürgermeister Jung gedenkt an drei Orten
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) beteiligte sich heute ebenfalls am Gedenken: an der Gedenkstätte in Abtnaundorf, am Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma am Schwanenteich und an der Gedenktafel für die ermordeten Stadtverordneten im Neuen Rathaus. Anwesend waren auch Vertreter/-innen des Stadtrates und des Jugendparlaments.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Landtagspräsident Matthias Rößler (beide CDU) erinnerten auf dem Gelände der Gedenkstätte Großschweidnitz im Landkreis Görlitz an die Opfer im Nationalsozialismus.
Sowohl in der Rede des Landtagspräsidenten als auch in den Beiträgen auf dem Leipziger Marktplatz stand eine Sorge immer wieder im Mittelpunkt: Dass bald die letzten Überlebenden der Vernichtungslager gestorben sind und damit auch die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten verblasst. Das zu verhindern, sei eine der wichtigsten Aufgaben der noch lebenden Generationen.
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