Für 2022 wünsche ich mir einen Aufbruch zu neuen Personalstrukturen in der Wissenschaft – gemeinsam mit den Hochschulleitungen. Wir brauchen endlich mehr Planungssicherheit für Wissenschaftler/-innen. Nach vielen Jahren der zähen Debatte hat sich beim Thema Befristung wenig getan. Im Schnitt vergehen zehn Jahre nach einer Promotion, bis der Ruf auf eine Professur erfolgt. Das heißt, Wissenschaftler/-innen bekommen durchschnittlich erst mit 42 Jahren eine unbefristete Stelle.
Es reicht nicht aus, beständig mehr Geld auf ein klappriges System zu kippen. Die Zahlen zeigen: Wissenschaftler/-innen hangeln sich von Vertrag zu Vertrag, nehmen viele Überstunden auf sich und bleiben doppelt so häufig kinderlos wie andere Hochschulabsolvent/-innen. Die Unsicherheit der Beschäftigung entlädt sich in Stress und belastet auf Dauer die psychische Gesundheit.
Viele meiner Kolleg/-innen sind bereits innerlich gebrochen auf der Strecke geblieben. Für die Produktion von neuem belastbarem Wissen brauchen wir aber gesunde Wissenschaftler/-innen, die stressfrei forschen können.
Die Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, das die umfangreichen Befristungen rechtlich ermöglicht, soll Mitte 2022 abgeschlossen sein. Dann soll das Gesetz reformiert werden. So steht es auch im neuen Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Das novellierte Berliner Hochschulgesetz sieht unter anderem vor, promovierte Wissenschaflter/-innen künftig nur noch mit Aussicht auf eine unbefristete Stelle zu befristen, auch Tenure-Track-Stellen genannt.
Dieses Gesetz hat gezeigt, dass Gesellschaft und Parlament weiter sind als die Hochschulleitungen. Die Hochschulleitungen müssen aufhören, die Reform zu blockieren und sie stattdessen mit Mut anpacken.
Die politische Unterstützung ist den Hochschulleitungen sicher – inhaltlich und finanziell. Sowohl im Bund als auch in Berlin und Sachsen habe ich die letzten Jahre stets sehr engagierte Politiker/-innen erlebt, die sich für mehr öffentliche Gelder für Forschung und Lehre starkgemacht haben.
Der Koalitionsvertrag zeigt: Diese Richtung wird beibehalten. Es soll mehr Mittel für den Zukunftsvertrag geben (damit haben wir in Sachsen 800 unbefristete Stellen geschaffen), das Tenure-Track-Programm soll ausgebaut werden und der Frauenanteil soll durch den Aufwuchs des Professorinnen-Programms erhöht werden. Geld für planbare Karrierewege ist also da. Zeit, dass auch die Hochschulleitungen die Verantwortung für ihre Beschäftigten übernehmen.
Mehr aktuelle Träume auf L-IZ.de, in der Coronakrise 2021 und aus den letzten Jahren
„Wenn Leipziger/-innen träumen: Hochschulleitungen müssen endlich Verantwortung für ihre Beschäftigten übernehmen“ erschien erstmals am 17. Dezember 2021 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 97 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.
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