Erwin fรผtterte jeden Abend die Tauben vor der Thomaskirche. โ€žGrundlos und blind vor Hass, Ignoranz und mangelnder Empathie stรผrzten sich fรผnf Personen auf den 69-Jรคhrigen, welcher blutend und flehend zurรผckgelassen wurdeโ€œ, schildert Motte die Situation vor einigen Wochen. Als Freiwillige unterstรผtzt sie Obdachlose in Connewitz, die nun auch vermehrt aus der Innenstadt vertrieben werden.

โ€žAus oft haltlosen Grรผnden wird gegen die Schwรคchsten der Gesellschaft vorgegangen, nicht nur von Passanten, wie bei Erwin, sondern vermehrt auch von Security und Polizeiโ€œ, erzรคhlt die junge Frau. Eric bestรคtigt dieses Bild. Er lebt seit seinem elften Lebensjahr auf der StraรŸe und hรคlt sich meist am Bahnhof auf: โ€žNeulich haben Polizisten bei einer Kontrolle meinen Rucksack einmal kopfรผber ausgekippt und nichts davon wieder eingepackt, obwohl sie nichts Illegales gefunden haben.โ€œStreetworkerin Kathrin berichtet, dass der verstรคrkte Einsatz von Sicherheitskrรคften zu einer Verdrรคngung der Obdachlosen rund um den Bahnhofsbereich fรผhrt: โ€žWir treffen derzeit im Vorbereich des Hauptbahnhofs regelmรครŸig etwa zehn Personen an. Das ist im Verhรคltnis zu der Zeit vor der Pandemie etwa ein Drittel.โ€œ

Doch wie kann solch eine massive Vertreibung gerechtfertigt werden? Marilu, eine Mitarbeiterin der Bahnhofsmission, erklรคrt: โ€žZum einen kann die Polizei am Hauptbahnhof verdachtsunabhรคngige Kontrollen durchfรผhren. Zum anderen erteilt die Security von der Deutschen Bahn und den Promenaden den Personen Hausverbote, die dann von der Polizei durchgesetzt werden.โ€œ

Eine Nachfrage bei der Deutschen Bahn (DB) ergab, dass Kund/-innen sich vermehrt รผber die Situation am Eingangsbereich des Hauptbahnhofes beschwert hรคtten. Dabei ging es um Alkoholkonsum, Abspielen von Musik und Campieren. Auf dem Gelรคnde, das zum grรถรŸten Teil den Promenaden gehรถrt, ist auch Bettelei verboten โ€“ und das, obwohl Betteln schon 1974 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurde. โ€žIn Absprache mit der Landes- und Bundespolizei, dem Centermanagement, dem Ordnungsamt sowie Sozialarbeitern fanden aus den genannten Grรผnden verstรคrkt Kontrollen in diesen Bereichen stattโ€œ, so eine DB-Sprecherin.

Weder die Bahnhofsmission noch die Streetworker/-innen vor Ort bestรคtigen solch eine Zustimmung โ€“ man wurde lediglich darรผber informiert, dass das Urinieren unterbunden werden mรผsse. Daraufhin habe man die kostenlosen Toiletten in der Bahnhofsmission sogar verdoppelt. Eine Rรผckfrage an die DB blieb unbeantwortet, von welchen Sozialarbeiter/-innen hรคufige Kontrollen abgesegnet wurden.

Der Innenbereich der Bahnhofsmission ist geschรผtzter Bereich. Foto: Antonia Weber

Die Bahnhofsmission und einige Betroffene berichten derweil von mindestens fรผnf Kontrollen pro Woche. Dabei werden oftmals dieselben Personen kontrolliert. So auch Steven, der die Beamt/-innen schon gut kennt: โ€žAls ich neulich wieder von einem Polizisten kontrolliert wurde, habe ich ihn gefragt, warum sich das in letzter Zeit so hรคuft und die Kontrollen teils aggressiver werden. Der Polizist hat mir gesagt, wir mรผssten uns auf hรคufigere Kontrollen einstellen, weil die Deutsche Bahn, die Promenaden und die Stadt uns nicht hier haben wollen.โ€œ

Eric kann darรผber nur lรคcheln: โ€žSeit letztem Jahr April habe ich auf dem groรŸen Zeltplatz hinter dem Hauptbahnhof gewohnt. Nachdem der Zeltplatz Ende letzten Jahres abgerissen wurde, sind natรผrlich viel mehr Menschen vor und neben dem Bahnhof. Und die DB wundert sich, warum.โ€œ

Fragwรผrdiger Einsatz

Man sei nun auf die Westseite des Bahnhofs ausgewichen, auf der Bahnhofsmission und Parkhaus sich eine StraรŸe teilen. Doch auch dieser Bereich stellt laut Bundespolizei โ€žeinen von mehreren aktuellen Einsatzschwerpunktenโ€œ dar. Hier wรผrden des ร–fteren Autos an der Zu- und Abfahrt zum Parkhaus gehindert, so eine Pressesprecherin der Bundespolizeiinspektion Leipzig. โ€žDaher wurde durch die Einsatzgruppe auch am 18. Juni 2021 eine KontrollmaรŸnahme durchgefรผhrt.โ€œ

Michelle, eine Mitarbeiterin der Bahnhofsmission, war am selben Tag auch vor Ort und malt ein ganz anderes Bild: โ€žAm 18. Juni wurde mehreren unserer Klient/-innen von der Bundespolizei ein Hausverbot fรผr den ganzen Bahnhofsbereich ausgesprochen, die Personalien aufgenommen und eine Taschenkontrolle durchgefรผhrt. Einzig aus dem Grund, weil sie auf der Wiese vor dem Parkhaus der Westseite saรŸen, nicht im StraรŸenbereich.โ€œ Die Personen wollten sich auf der schattigen Grรผnflรคche Schutz vor der Sonne suchen. โ€žDie Personen haben den Betrieb des Parkhauses nicht gestรถrt. Wir sehen das als vรถllig unverhรคltnismรครŸig an.โ€œ

Die Leipziger Zeitung, Ausgabe 93. Seit 30. Juli 2021 im Handel. Foto: LZ

Neben der Behinderung des Parkhausbetriebs fรผhrt die Bundespolizei als weiteren Grund fรผr das Hausverbot vom 18. Juni die Verrichtung der Notdurft sowie hohen Alkoholkonsum an. Eric, der ebenfalls von dem Hausverbot betroffen ist, erzรคhlt: โ€žMich und meine Freunde stรถrt es auch, wenn es hier nach Urin riecht. Ich weise Leute immer zurecht, die sich auf diesen Gemeinschaftsplรคtzen entleeren wollen.โ€œ

AuรŸerdem erzรคhlt er, dass er und einige andere keinen Tropfen Alkohol getrunken hรคtten. Eine Person habe sogar einen Alkoholtest von der Bundespolizei eingefordert. Auf Nachfrage erklรคrt diese: โ€žAufgrund der vorangenannten Stรถrungen der รถffentlichen Sicherheit und Ordnung war die KontrollmaรŸnahme am 18. Juni verhรคltnismรครŸig, auch wenn dann eine der Beschuldigten aus der Personengruppe einen Atemalkoholwert von 0,0 Promille hatte.โ€œ

โ€žGrundlos werden hier am Standort keine Hausverbote ausgesprochenโ€œ, beantwortet Thomas Oehme, der Center Manager der Promenaden, die Frage, weshalb alle am 18. Juni ausgesprochenen Hausverbote weiterhin gelten. Diese wรผrden immer die letzte Mรถglichkeit bei wiederholtem Fehlverhalten darstellen.

BuรŸgeldbescheide fรผrs Maskenverteilen

Falsch verhalten hat sich demnach auch ein Mitarbeiter eines Obdachlosenhilfe-Vereins. Dieser hatte im Frรผhjahr Lebensmittel und Masken an neun obdachlose Personen im Bereich des Hauptbahnhofs verteilt. Dabei wurden er und die Bedรผrftigen von der Polizei kontrolliert. Nun hat der Mitarbeiter einen BuรŸgeldbescheid erhalten. Der Vorwurf: VerstoรŸ gegen die Corona-Schutzverordnung, weil er sich zu zehnt mit sechs anderen Haushalten im รถffentlichen Raum aufgehalten habe. Wie er mรผssen nun auch die Bedรผrftigen 250 Euro BuรŸgeld zahlen.

Rechtsanwalt Jรผrgen Kasek erklรคrt in einem รถffentlichen Statement hierzu: โ€žMan muss wissen, dass bei dem Erlass von BuรŸgeldbescheiden das Opportunitรคtsprinzip gilt, das heiรŸt, dass die Bescheide erlassen werden โ€škรถnnenโ€˜. Es ist also eine Einzelfallentscheidung vorzunehmen.โ€œ In diesem Fall habe man sich also dazu entschieden, BuรŸgeldbescheide zu erlassen, weil ein Verein FFP2-Masken an Hilfsbedรผrftige verteilt hat, um sie und andere Menschen vor COVID-19 zu schรผtzen.

Dreckig, bettelnd, saufend

โ€žWenn daraufhin auch noch Hausverbote erteilt werden, verwehren sie den Leuten ihre Sozialberatungโ€œ, so Michelle von der Bahnhofsmission. โ€žDenn die Personen dรผrfen zwar in den Rรคumlichkeiten der Bahnhofsmission sein, als geschรผtzter Bereich, aber nicht davorstehen.โ€œ Die rรคumlichen Kapazitรคten der Bahnhofsmission sind schon ohne die Corona-MaรŸnahmen stark begrenzt.

โ€žDas allgemeine Bild eines Obdachlosen ist dreckig, verlaust, bettelnd, pennend, saufend, drogenkonsumierendโ€œ, sagt Julien, der vergangenen November aus seiner Wohnung geschmissen wurde und seitdem auf der StraรŸe lebt. Diese gesellschaftlichen Stereotype spiegeln sich auch in der derzeitigen Vertreibung wider. โ€žAber wir rรคumen unseren Mรผll weg, wir waschen uns. Ich trinke weder Alkohol, noch nehme ich Drogen. Und wenn jemand mit dem Fahrrad in die Weichen kommt oder jemand hinfรคllt, sind wir sofort da und helfen. Wir achten auf unsere Umgebung und unsere Mitmenschen und bekommen dafรผr so etwas.โ€œ

Eric pflichtet ihm bei: โ€žEs gibt รผberall Arschlรถcher. Es gibt Obdachlose, die nicht korrekt sind. Es gibt aber auch Polizisten und andere Menschen, die nicht in Ordnung sind. Aber irgendwie werden meist wir als Arschlรถcher betitelt.โ€œ Da sowohl der Bahnhof als auch der umliegende Bereich Privateigentum der Promenaden sind, kรถnne die Stadt Leipzig wenig ausrichten, so die Bahnhofsmission. โ€žNormalerweise werden diese Menschen einfach nicht gehรถrt. Diese Sachen passieren zwar mittendrin, aber irgendwie abseits der Gesellschaft. Deshalb braucht es ร–ffentlichkeit.โ€œ

โ€žAm Rande der Gesellschaft: Wie Obdachlose vom Hauptbahnhof vertrieben werdenโ€œ erschien erstmals am 30. Juli 2021 in der aktuellen Printausgabe der LEIPZIGER ZEITUNG. Unsere Nummer 93 der LZ finden Sie neben GroรŸmรคrkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehรคndlern.

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Es gibt 20 Kommentare

> Sie denken, Sie haben die Menschen am Bahnhof durchschaut? Irrtum. Sie haben keine Ahnung, nicht die geringste. Das merkt man in jedem einzelnen Ihrer รผberheblichen Sรคtze.

Das war nicht mal gut gebrรผllt, in der Aufregung. Ich habe nicht behauptet jemanden โ€œdurchschautโ€ zu haben, Ihr konstruierter Irrtum ist anmaรŸend.
รœber die Diskussion, ob man nun zwangslรคufig oft etwas fรผr Obdachlosigkeit kann oder nicht, ist nun eine Verbindung zum โ€œBleiberechtโ€ an dieser Stelle entstanden. Das hat damit aber nichts zu tun!

Wer sich anders verhรคlt als die Masse fรคllt erst mal auf. Wenn es so stark anders ist, dass die Masse daran AnstoรŸ nimmt, wird es halt zu viel. Ich weiรŸ nicht, warum ich dafรผr so angegriffen werde, dass ich keine Extremente in meiner Umgebung sehen mรถchte, oder krassen (!) Kรถrpergeruch riechen oder vรถllig sinnfreies Gebrรผll hรถren, das alles mitunter auch kombiniert.
Das geht mir zu weit und dazu darf man auch stehen. Wenn ich sage, dass harte Mittel an dieser Stelle nicht meins sind heiรŸt es, die Katze wรคre aus dem Sack, es wird รผber Grundrechte debattiert usw.
Es ging aber nie darum, dass diese Leute nicht so leben sollen dรผrfen!
Anders als mir hier in vรถlliger Emotionalitรคt vorgehalten wird, setze ich meine Erfahrungen nicht als das MaรŸ der Menschheit an. Genau das schreibe ich auch, aber es ist wahrscheinlich einfach nur sinnlos.

>Die hart arbeitende Bevรถlkerung fรผhlt sich vom Anblick dieser Menschen angewidert und belรคstigt, ich weiรŸ. Aber warum eigentlich? Weils das Bild von der schรถnen heilen Welt stรถrt, das man sich selbst zurechtgelegt hat?

Das hat mich schon als ALG2 Empfรคnger gestรถrt, und es wird wahrscheinlich auch den ein oder anderen gering Beschรคftigten stรถren. Oder die Mutti in Elternzeit. Es ist sicher auch nicht toll, da mit Kinderwagen vorbei zu mรผssen.
Ihre Wortwahl hat ja schon Stefan mit den โ€œArbeitsplatzbesitzernโ€ aufgegriffen, aber der Ekel hat damit nichts zu tun. Engagierte nennen diese Art zu diskutieren heute gern โ€œwhataboutismโ€. Ein unsinniger Nebenkriegsschauplatz. Es geht um offene FรผรŸe, es geht um Ausscheidungen,es geht um Dinge die privat sind aber รถffentlich gemacht werden.

Ich mรถchte gern unterstรผtzen,dass diesen Leuten geholfen wird, ich habe tatsรคchlich auch schon fรผr solche Aktionen gespendet, aber ein Recht auf genau diesen Ort als Lebenort sehe ich auch nicht. Und MUSIK ist und bleibt tatsรคchlich eines der geringsten รœbel, die man da ansetzen kann. Hรถrt doch bitte auf damit, dass das das Schlimmste ist, was man tun konnte.

Und um mal wieder zum Thema zurรผckzukehren: Verdrรคngung bedeutet in dem Fall auch immer Gefahr, egal ob nun โ€œsanfter Druckโ€ oder auf die harte Tour. Die Menschen aus dem Stadtbild zu vertreiben macht sie unsichtbar, sie sind Gefahren dann schutzlos ausgeliefert.

Erst vor ein paar Tagen wurde wieder ein Obdachloser in einem der Randgebiet verprรผgelt, in die sich die Menschen in letzter Zeit vermehrt zurรผckziehen, seit der โ€œsanfte Druckโ€ in der Stadt steigt (der รผbrigens alles andere als sanft ist). Und das war keine Ausnahme. Auch medizinische Notfรคlle bleiben so oft unentdeckt. Aus den Augen, aus dem Sinn. Funktioniert in unserer Welt der Selbsttรคuschung immer noch wunderbar.

Die hart arbeitende Bevรถlkerung fรผhlt sich vom Anblick dieser Menschen angewidert und belรคstigt, ich weiรŸ. Aber warum eigentlich? Weils das Bild von der schรถnen heilen Welt stรถrt, das man sich selbst zurechtgelegt hat? Weil man sehen muss, dass die Welt gar nicht so heile ist wie man gern glauben mรถchte? Weil man sich schlecht fรผhlt, dass man an hilfesuchenden Menschen angeekelt vorbeilรคuft?

Und was ist denn mit den Menschen, die durch eigene โ€œSchuldโ€ in dieser Situation sind? Haben diese das Recht auf Menschlichkeit verwirkt? Darf man auf sie runtersehen und ohne schlechtes Gewissen sich selbst รผberlassen? Wenn ein Mensch Hilfe braucht, muss er dann erst mal beweisen, dass er sie verdient hat, sind wir da angekommen?

Allein die Diskussion unter dem Artikel ist beschรคmend. Ich hรคtte da einen Vorschlag: Streitet doch mal MIT den Menschen, und nicht รผber sie. Geht hin, diskutiert mit ihnen, fragt sie warum sie da sind, sagt ihnen, was euch stรถrt und hรถrt ihnen zu, was sie zu sagen haben. Das wรคr nur fair.

โ€œIch muss es noch mal betonen: โ€žselbst schuld, dass Du obdachlos bist!โ€œ war NICHT meine Grundaussage! โ€

Nicht wรถrtlich vielleicht, aber alles was Sie schreiben klingt danach. Ein Beispiel:

โ€œRechnungen stapeln sich, aus Krรผmelbetrรคgen werden groรŸe Summen? Ja, so kann das sein. Wenn man Rechnungen nicht รถffnet sondern hinter die Couch wirft. Wenn man รผber seine Verhรคltnisse lebt, vergisst Dinge zu kรผndigen. โ€

Und der Rest klingt nicht besser. Ja, Ihnen gings auch mal dreckig, und Sie haben es geschafft, sich da selbst rauszuziehen. Glรผckwunsch. Aber vielleicht sollten Sie sich nicht so wichtig nehmen und denken, Sie wรคren der MaรŸstab fรผr den Rest der Menschheit.

Sie denken, Sie haben die Menschen am Bahnhof durchschaut? Irrtum. Sie haben keine Ahnung, nicht die geringste. Das merkt man in jedem einzelnen Ihrer รผberheblichen Sรคtze.

Ich habe mir schon heute mittag vorgenommen, nur noch beim Artikelinhalt zu bleiben.

Da kommen Sie weiterhin mit Ihrem Smartsprech:

>Natรผrlich ist es nur sanfter Druck, wenn zum Beispiel Leute hรคufiger als nรถtig kontrolliert werden. Wie wรผrden Sie denn sonst Schlagstรถcke, Reizgas und Mannschaftswagen bezeichnen?

Die Katze ist aus dem Sack. Nicht mehr Frontex, aber immerhin noch aufgerรผstete Polizei.

Beschรคftigen Sie sich mit den Grundrechten, die Sie und auch die pinkelnden und pรถbelnden Menschen voraussetzungslos innehaben. Ihre Wortwahl stellt die Grundrechte in Frage.

Danke, es reicht mir. Ich lasse Sie jetzt allein.

> Fรผr mich schreiben Sie in Totalitรคt โ€žalle dort nichtsโ€œ โ€“ also 100% -, und fรผr Sie schreiben Sie so halbgar โ€žstimmen kรถnnte, allerdings nicht mussโ€œ โ€“ also so lala 40% vs 60%. Merken Sie jetzt die argumentative Lรผcke, die Sie sich fein und still herauszureservieren versucht haben?

Nein! Denn ob jemand verschuldet oder nicht selbst verschuldet in die Obdachlosigkeit geraten ist, ist nicht ausschlaggebend oder wichtig dafรผr, dort am Bahnhofseingang zu sein und sich so zu verhalten, wie sich viele dieser Leute eben dort verhalten. Deswegen ist โ€œfein und stillโ€, โ€œversuchenโ€, โ€œLรผckeโ€ usw. alles kein Hebel in Ihren Worten, denn mir ging es im Kern nicht um eine Verurteilung dieser Leute und ihrer Lebensumstรคnde, sondern um deren hรคufiges Verhalten an diesem Ort. Sie kritisierten ursprรผnglich die โ€œFunktionstrรคgerโ€, ich finde es gut, dass dort Druck ausgeรผbt wird.

Ja, die Sparquote ist bei H4 nicht gerade รผppig. Wir rutschen hier gerade in eine Richtung ab, bei der wir uns รผber die Frage bekriegen, ob H4 reicht oder gerecht ist, aber darum ging es nicht. Wir bewegen uns weg, Sie sagen es schon selbst.
Ich erwรคhnte die Beispiele nur um zu zeigen, dass es auch mit Schicksalsschlรคgen nicht zwangslรคufig so ist, dass man in Obdachlosigkeit landet oder gar notwendigerweise am Bahnhofseingang. Ich als minderschwerer Fall habe es mit H4 geschafft, und die zwei anderen Beispiele auch. Das sollte reichen um zumindest die vรถllige Ausweglosigkeit Ihrer geschilderten Abwรคrtsspirale zu entkrรคften.

> Die Mutter *muss* aber die Waschmaschine ersetzen. Was macht Sie? Jajaja, sie leiht sich Geld. Peng. Die Abwรคrtsspirale hat sich um 1 Schritt weitergedreht.

Genau da hat man mal wieder die Wahl, was man macht. Ich habe mir damals, als es echt knapp war mit dem Geld (ich war gerade mal Absolvent, vorher Student mit BaFรถG, kein Auto, nur ein Fahrrad, definitiv kein โ€œVermรถgenโ€!), bei eBay eine gebrauchte, alte Miele Waschmaschine besorgt. Neue Motorkohlen, neue StoรŸdรคmpfer eingebaut. Die lรคuft heute noch, รผbrigens ohne dass ich das mit einem Hashtag bei Twitter kundtun muss, wie grรผn ich jetzt bin.
Ich hรคtte mich aber auch verschulden kรถnnen und fรผr 600 Euro ein nagelneues Gerรคt kaufen kรถnnen โ€“ die benannte mir bekannte Mutter hรคtte das sicher nicht getan! Das ist รผberhaupt nicht zwangslรคufig so, dass sich da die Spirale weiterdreht und die Gosse zwangslรคufig der รผbernรคchste Schritt ist. Es kann so laufen, tut es aber nicht so oft! Weil die meisten Menschen eben Angst haben so weit abzurutschen.
Womit Sie aber natรผrlich Recht haben ist, dass Investitionen wirklich รคtzend sind, wenn man H4 bezieht. WaMa ist fast der Gau, Klamotten und Mรถbel nerven dann auch schon gewaltig.

> Sie bringen immer nur Ihre eigene Erfahrung an und stellen sie als ureigenste voraussetzungslose Leistung dar.
Das stimmt nicht. Ich habe meine Erfahrungen immer wieder, Zitate spare ich uns jetzt, relativiert und auch anderer Leute Erfahrungen eingebracht.

> Natรผrlich ist Ihr โ€žMilieu von Vorteilโ€œ gewesen:
Das kann doch jetzt nicht wahr seinโ€ฆ
Es kam von Ellen das Detail, dass die Meldegesetze streng seien und das es deswegen schnell mal weitergeht mit der Spirale Richtung Obdachlosigkeit. Ich entgegne, dass es mitnichten so sein mรผsse, schlieรŸlich habe ich selbst schon mal jemandem eine Meldeadresse gegeben. Sie werfen mir danach vor, dass mir mein Milieu offenbar von Vorteil war, beim Thema Untermietvertrag. (โ€œWenn ich was von โ€žUntermietvertragโ€œ leseโ€ฆ Ihr Milieu war ganz offensichtlich Ihr Vorteil.โ€)
Und als ich nicht verstehe, wieso mir als Geber dieser Meldeadresse ein Vorteil im Milieu entsteht, konfrontieren Sie mich mit der zweifelslos groรŸen Leistung von Leuten, die es von ganz unten wieder in die Normalitรคt geschafft haben? (โ€œWollen Sie Ihre eigene Leistung [โ€ฆ] ernsthaft vergleichen mit der Leistung von [โ€ฆ]โ€
Also fรผr mich wird es gerade nicht einfacher zu verstehen, was Sie eigentlich gerade damit sagen wollen!

> Von psychischen Problemen noch gar nicht die Rede. Vermutlich haben sozial Schwache kein Recht auf Krankheit oder eine Depression.
Ich finde, jetzt fangen Sie wirklich an zu รผbertreiben. Auch Depression sorgt nicht automatisch dafรผr, dass man am Bahnhof gegen die Wand pinkelt oder sich bei klรคffenden Hunden gegenseitig anbrรผllt, so dass viele Leute einen Bogen machen.

> Und im รผbrigen ist es mitnichten โ€žsanfter Druckโ€œ, den die Funktionstrรคger da hinten anrichten. Das sind reine Schikanen mit der Absicht, die Wรผrde dieser Menschen zu verletzen.

Natรผrlich ist es nur sanfter Druck, wenn zum Beispiel Leute hรคufiger als nรถtig kontrolliert werden. Wie wรผrden Sie denn sonst Schlagstรถcke, Reizgas und Mannschaftswagen bezeichnen?

Sie nervt es so langsam und aus meiner Sicht sind die Argumente so langsam auch ausgetauscht.

Wir drehen uns nicht im Kreis. Sie argumentieren einfach unsauber. Die Pointe liefern Sie ja selbst:

>Sie weisen darauf hin, dass die dort alle nichts dafรผr kรถnnen wie es lief, und ich sage weiterhin, dass das ja stimmen kรถnnte, allerdings nicht muss, aber deswegen muss es nicht dort stattfinden.

Fรผr mich schreiben Sie in Totalitรคt โ€œalle dort nichtsโ€ โ€“ also 100% -, und fรผr Sie schreiben Sie so halbgar โ€œstimmen kรถnnte, allerdings nicht mussโ€ โ€“ also so lala 40% vs 60%. Merken Sie jetzt die argumentative Lรผcke, die Sie sich fein und still herauszureservieren versucht haben?

Die mit H4 wirtschaftende Mutter taucht auch gar nicht am Hauptbahnhof auf. Sie wird รผbrigens langfristig nicht gegen den langsamen Abstieg ihres Haushalts wirtschaften kรถnnen. Weil Sie das ja nicht wahrnehmen wollen, hier mal Denkvorschlรคge: Irgendwann geht die Waschmaschine kaputt, oder es fallen Reparaturen an. Oder es muss ein neues Leuchtmittel gekauft werden โ€“ bei LED oft gleich eine ganze neue Leuchte. Alles so Punktausgaben, die ins Kontor hauen. Die H4-Verfechter sind ja der Ansicht, man kรถnne da ja vorab ansparen. Sehr witzig โ€“ ich habe dunkel was von einem einstelligen Eurobetrag in Erinnerung, der in Ansatz fรผr den monatlichen H4-Satz gebracht wird.
Weiter gedacht: Die Mutter *muss* aber die Waschmaschine ersetzen. Was macht Sie? Jajaja, sie leiht sich Geld. Peng. Die Abwรคrtsspirale hat sich um 1 Schritt weitergedreht.

In Ihren 9 Monaten haben Sie mutmaรŸlich nicht an derartige Anschaffungen denken mรผssen, und eine kaputt gegangene Waschmaschine hรคtten Sie mit Ihrem kleinen oder weniger kleinen freigebliebenen Vermรถgen sogar noch abfangen kรถnnen.

Natรผrlich ist Ihr โ€œMilieu von Vorteilโ€ gewesen: Wollen Sie Ihre eigene Leistung in satten 9 Monaten, sich aus H4 herausgearbeitet zu haben, ernsthaft vergleichen mit der Leistung von den sehr wenigen anderen Menschen, die aus prekรคren Milieus stammen und sich herausgeholt haben? Wo bereits die Eltern Sozialfรคlle waren, wo es eine Drogenproblematik gibt โ€“ auch schon bei den Eltern oder im Freundeskreis?

Von psychischen Problemen noch gar nicht die Rede. Vermutlich haben sozial Schwache kein Recht auf Krankheit oder eine Depression. Wรผrde mich nicht wundern, wenn in der Filterblase โ€œArbeitsplatzinhaberโ€ so gedacht wird. โ€œLustigโ€, wenn abhรคngig beschรคftigte Bรผrojobler die Welt erklรคren wollen.

Jeder lebt in seiner Blase. Aber er kann sich von sich aus kundig machen, wie es in andern Lebenswirklichkeiten zugehen kann.

Und hier, Sebastian, verweigern Sie sich weiterhin, mit den Lebenslรคufen dieser prekรคr lebenden Menschen zu beschรคftigen. Sie bringen immer nur Ihre eigene Erfahrung an und stellen sie als ureigenste voraussetzungslose Leistung dar.

Und im รผbrigen ist es mitnichten โ€œsanfter Druckโ€, den die Funktionstrรคger da hinten anrichten. Das sind reine Schikanen mit der Absicht, die Wรผrde dieser Menschen zu verletzen. Allein die Wortwahl! Und dann gleich zu sagen, das ist ja nicht โ€œFrontexโ€. Prima!

Vom Artikelinhalt wird hier in der Kommentarspalte weiterhin weggeschrieben. Langsam nervt das.

Ich muss es noch mal betonen: โ€œselbst schuld, dass Du obdachlos bist!โ€ war NICHT meine Grundaussage! Es ging um den Eingangsbereich des Hauptbahnhofes, der von den von Ihnen so genannten Funktionstrรคgern per โ€œHassโ€ von Obdachlosen mรถglichst frei gehalten wรผrde.
Ich bin der Meinung: Armut macht nicht automatisch verwahrlost oder asozial! Auch mit Hartz 4 muss es nicht so enden wie es dort oftmals zu sehen ist.

> Wenn ich was von โ€žUntermietvertragโ€œ leseโ€ฆ Ihr Milieu war ganz offensichtlich Ihr Vorteil.
Welchen Vorteil hatte ich denn davon, dass ich damals jemandem mit einem Untermietvertrag aus der Patsche geholfen habe, um jemandem aus der (Melde-) Patsche zu helfen?
Und gilt โ€œMilieu von Vorteilโ€ aus Ihrem Mund ungefรคhr so negativ wie โ€œArbeitsplatzbesitzerโ€?

> Auf lange Frist deckt H4 die Lebenskosten nรคmlich nicht. Der Lebensstandard sinkt und sinkt fortwรคhrend. Das Endniveau ist schon sehr niedrig, und man selbst schon kaputt [โ€ฆ]
Warum nicht mit dem planen, was man an Einkรผnften erwarten kann? Warum dieser linksromantische automatisch verlaufende Lebensentwurf?
Die Fixkosten sind doch klar, dementsprechend Wohnung und/oder Nebenerwerb ausrichten, damit man nicht รผber seine Verhรคltnisse lebt. Alles nicht einfach, ich will das keinesfalls behaupten, aber eben alles so im Bekanntenkreis erlebt. Die Mutti, die von der Stรผtze lebte, weil ihr Ausbildungsberuf aus der DDR nicht mehr gefragt war und der alkoholkranke Mann sich das Hirn weggesoffen hat. Sie kam durch geschicktes Wirtschaften klar. Der kleine Rebell, dem kein Job gut genug war und sich mit Flohmarkt- / eBay-Handel was dazu verdiente. Und auch manch andere Leute.

Wahrscheinlich drehen wir uns da weiter im Kreis. Sie weisen darauf hin, dass die dort alle nichts dafรผr kรถnnen wie es lief, und ich sage weiterhin, dass das ja stimmen kรถnnte, allerdings nicht muss, aber deswegen muss es nicht dort stattfinden.

H4 โ€œfunktioniertโ€ gut fรผr Leute, die in geordneten Verhรคltnissen leben und noch so etwas wie Haltung bewahren kรถnnen, wenn sie vom Jobcenter mal getriezt werden.

Beschรคftigen Sie sich lieber mal wirklich mit den Lebenslรคufen dieser obdachlosen Menschen, die tagtรคglich on the spot von irgendwelchen Funktionstrรคgern willkรผrlich getriezt werden, wie im Artikel weiterhin lesbar. Da geht es nicht um hinter das Sofa geschmissene Krรผmelbetrรคge.

Nur weil Sie es โ€œgeschafftโ€ haben, mรผssen das auch nicht โ€œalle anderenโ€ kรถnnen. Wenn man in einem intakten Sozialmilieu lebt, psychisch gesund ist und sich mit den Behรถrden verstรคndigen kann, fรคllt man auch nicht so leicht runter (s.o.).

Wenn ich was von โ€œUntermietvertragโ€ leseโ€ฆ Ihr Milieu war ganz offensichtlich Ihr Vorteil.

Malen Sie sich mal aus, wenn Sie nicht 9 Monate, sondern 2 Jahre keine Arbeit gefunden hรคtten. Dann nรคmlich geht es an die materielle und psychische Substanz.

Auf lange Frist deckt H4 die Lebenskosten nรคmlich nicht. Der Lebensstandard sinkt und sinkt fortwรคhrend. Das Endniveau ist schon sehr niedrig, und man selbst schon kaputtโ€ฆ so dass man sich krankschreiben und frรผhverrenten lassen kann. Aber hat man so ein Leben gewollt, als man jung war?

Es ist schon richtig, dass es solche Schicksale gibt. Ich finde es aber ein Nebenthema, wie es dazu kam, denn der Grundtenor war nicht โ€œselbst schuld! was seid ihr auch obdachlos!โ€ sondern โ€œdort soll es nicht stattfindenโ€.

Aber ok, Nebenthema: Ich kann nur den Eindruck nicht nachvollziehen, dass das immer so zwangslรคufig lรคuft und niemand dort etwas fรผr seine Situation kann. Dort laufen auch Leute rum, die Sticker vom Stil โ€œArbeit ist kackeโ€ tragen. Muss nicht die ureigenste Erfindung oder Einstellung sein, aber auch das gehรถrt zur Szene der Obdachlosen dazu.
Diese Darstellung, dass aus A eben gleich B folgt, und dann ist C unvermeidbar. Am Ende dieser Kette steht jedenfalls sicher nicht, dass Leute mit diesem Schicksal zwangslรคufig am Bahnhof landen und zwar genau im Eingangsbereich, entsprechendes Milieu ausstrahlend und ausbreitend, mit allem was dazugehรถrt.

Ja, die Gesetze sind streng, aber ich hab auch schon mal einen Untermietvertrag (ist verjรคhrt, keine Sorge ๐Ÿ˜‰ ) fรผr jemanden erstellt, der einen brauchte. Klar geht das im Notfall. Und die LWB gibt nur fรผr Leute mit glasklarer Schufaauskunft eine Wohnung? Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich 2009 und 2012 รผberhaupt eine abgeben musste. Die Arge streckt auch mal Geld vor, hab es selbst erlebt, wenn es einen Hรคrtefall gibt und man den begrรผnden kann. Es gibt fรผr schwere Fรคlle auch Fallmanager, die mehr Befugnisse zum Budget haben als normale Sachbearbeiter.

Rechnungen stapeln sich, aus Krรผmelbetrรคgen werden groรŸe Summen? Ja, so kann das sein. Wenn man Rechnungen nicht รถffnet sondern hinter die Couch wirft. Wenn man รผber seine Verhรคltnisse lebt, vergisst Dinge zu kรผndigen. Ungefรคhr sowas meinte ich ja mit der Bemerkung โ€œ9 Monate Hartz 4โ€, denn genau solche Situationen habe ich selbst erlebt.

Der Kehrmaschinenfahrer fuhr laut herum? Hatte er unterlassen auf den โ€œleiseโ€ Knopf zu drรผcken, um in Ihnen vielleicht den Fluchtinstinkt zu erwecken?
Kehrmaschinen sind leider laut, das weiรŸ jeder der mal in der Innenstadt gewohnt hat, und wahrscheinlich macht es dem *Fahrer/(:in auch nicht so viel SpaรŸ nachts zu arbeiten und dort den Unrat nebst Aerosolen der tollen Sachen, die dort abgeladen werden, aufzunehmen. Immerhin hat er die Maschine und muss es nicht selbst machen.

Guter Anfang. Mal รผber die Ursachen von Obdachlosigkeit nachzudenken.
(Das mit dem โ€œWildpinkelnโ€, jahrelang bestรคtigte Vorurteile meinerseits: Wenn ein Mann eine Lokalitรคt mit WC verlรคsst, fรคllt ihm spontan ein, dass er JETZT mal muss, auch wenn er ein sicheres Zuhause in kรผrzester Entfernung hat ^^)

Wenn ich es vor Corona richtig verstanden habe, gab es so 2000 Zwangsrรคumungen in Leipzig pro Jahr.
Krankenkassenschulden etc., Konto gesperrt, nicht mehr gehende Krรผmelabbuchungen werden zu GroรŸschulden.. etc.
Hilfesuchend, Jobcenter bewilligt Bedรผrftigkeit, Miete.. lรคsst sich aber soviel Zeit mit Prรผfung, dass Mietrรผckstand doch zur Zwangsrรคumung fรผhrt.
Wenn es zur Zwangsrรคumung kommt, fliegen deine nicht in eine kleine von dir zu bezahlende Aufbewahrungsbox passenden Dinge in einen von dir zu bezahlenden Mรผllcontainer.
Die dazu notwendige โ€œUmzugsfirmaโ€, vom Sozialamt empfohlen, kostet dann auch noch mal heftig.
Aber was sollโ€™s, in deinem Nur-รœbernachtbett/-zimmer hรคttest du eh keinen Platz fรผr deine Bรผcher, mit denen du dein Leben gelebt hast.
(Mit Kindern bekommst du eine Notwohnung, jeweils fรผr vier Wochen, auf Antrag.)
So und nun hast du einen Schufa-Eintrag. In einer Hรถhe, wo du eine neuen Mietvertrag vergessen kannst.
Frรผher konnte man sich dann wenigstens noch bei jemanden anmelden โ€“ mit den neuen Meldegesetzen geht das nur รผber den Vermieter, also keine Anschrift, um wieder auf die Beine zu kommen.
Bedenken sollte man auch, ehe man urteilt und richtet, dass, so aus dem Leben geworfen zu werden,
traumatisch ist und dass die Hรถchstleistung des/derjenigen schon ist, einfach zu รผberleben.
Alkohol wรคre dann nur ein kleiner, falscher Trost.

Deshalb finde ich so Projekte wie โ€œHousing firstโ€ schon sehr gut, aber es dauert bis die letzten Jahrzehnte aufgearbeitet sind.
Und der/diejenige muss auch erstmal lernen, sich von seinem bisherigen Umfeld abzugrenzen, also auch nicht einfach fรผr die anderen Mitbewohner im Haus โ€ฆ Und bezahlbare Wohnungen fรผr alle โ€ฆ

Zum Bahnhof zurรผck. Habe da selbst desnรคchtens auf die Bahn (3:33 Uhr) wartend mal einen Kaffee getrunken, zum Rauchen vor die Tรผr gegangen. Da fuhr ein sehr bรถse blickender FuรŸwegkehrmaschinen-Fahrer laut im Kreis herum, irgendwie wollte der alles da โ€œwegfahrenโ€. Will mal sagen, der Ton macht auch hier die Musik.

Sehr โ€œschรถnโ€, da haben sich jetzt einige mal so richtig auf den mit Schostakowitsch untermalten Uringestank eingeschossen und somit sich ganz sanft und unauffรคllig um eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Artikels gedrรผckt. Da geht es nicht um die Frage, wie die Toilettensituation denn so istโ€ฆ -.-

Nur mal kurz โ€“ @Sebastian: Recht haste! (Keine Ironie, ist ernst gemeint)

Bei Ihnen lieber Stefan, da klingt โ€œArbeitsplatzinhaberโ€ schon fast wie ein Schimpfwort.

Ich kenne jetzt die Toilettensituation am Bahnhof nicht, aber es gibt doch bestimmt andere, vor allem hygienischere, Mรถglichkeiten seine Notdurft zu verrichten, als im Eingangsbereich.
Viele ekeln sich nunmal davor und dem Sandstein tut der Urin sicher auch nicht gut.

Wenn man dieses Problem lรถst, wรคre es wahrscheinlich nicht mal nรถtig, die Obdachlosen von dort zu verscheuchen.

โ€œSanfter Druckโ€ hรถrt sich natรผrlich viel cooler an als โ€œVergrรคmenโ€. Im Artikel werden noch ganz andere Sachen beschrieben, aber das spielt wohl keine Rolle mehr.

>Deswegen gibt es mehr oder minder subtile Methoden des Drucks, weil das nicht gewollt ist, was sich dort abspielt.

Warum und vor allem wer โ€œwillโ€ es nicht, dass sich das dort abspielt?

Mein Antwortvorschlag: Arbeitsplatzinhaber, die sich wรผnschen, dass auf allen ihren Wegen (FuรŸ-, Rad- und Autoweg) es aufgerรคumt zu sein hat.

Es werden nicht einmal Straftaten in Ansatz gebracht, sondern bislang nur ekelerregende Gerรผche. Sorry, es gibt echt andere Probleme.

Nehmen Sie einfach den Mitteleingang zum Hauptbahnhof, und gut ist. Ist sowieso der schnellste Weg.

Man wird dort mit Leuten vom Rand der Gesellschaft und ihrer Art in unterschiedlicher Ausprรคgung konfrontiert. Als jemand, der das sonst nicht kennt, der Toiletten benutzt und eher formale Wege geht sein Leben zu unterhalten, der fรผhlt sich damit doch in aller Regel konfrontiert! Was haben Sie da jetzt wieder gegen, das auch so zu formulieren?

Viele Leute fรผhlen sich angeekelt, wenn sie da durch den Geruch und das soziale Umfeld durchmรผssen. Deswegen gibt es mehr oder minder subtile Methoden des Drucks, weil das nicht gewollt ist, was sich dort abspielt. Und es gibt nach wie vor verschiedenste Angebote, damit den Leuten auch geholfen wird. Man muss auch keine Schulbildung haben, damit man bei der ARGE einen Antrag auf ALG2 ausgefรผllt bekommt mit entsprechender Hilfe.

โ€œGerade mal 9 Monate ALG2โ€ sind sicher keine traumatische Lebensgeschichte, aber direkt nach dem Hochschulabschluss in Hartz IV, das wรคre durchaus auch eine Art gewesen, รผber die manche Menschen abrutschen. Da sind viele Tage dabei, bei denen man die freie Wahl hat morgens aufzustehen und den Tag nach Krรคften zu strukturieren, oder einfach auszuschlafen. Nur mal als ein Beispiel. Es ist nicht so, dass es zwangslรคufig so laufen muss. Und es ist hart genug da den Kopf oben zu halten. Auch bei den Themen Alkohol oder Schulden, denn viel Geld gibt es bekanntermaรŸen nicht gerade vom Amt. Aber ne Bude gibt es. Nein, nicht in der Sรผdvorstadt, aber es gibt sie.

Aber abgesehen von der Begrรผndung, wie man in solche Lebensumstรคnde hineingerรคt und wieviel man dagegen selbst in der Hand hat, ging es um den Ort. Der Eingang vom Hauptbahnhof, oder auch das Umfeld der Gewandhauskasse sind keine Orte, an denen ich das Privatumfeld, mit allem was dazu gehรถrt, von DORT lebenden Menschen vorgehalten bekommen mรถchte.

Das war der Ursprung, warum ich auf Ihren Kommentar mit dem โ€œHass der Funktionstrรคgerโ€ antworten wollte. Meines Erachtens tun die mit den geschilderten MaรŸnahmen ziemlich genau das, was erwartet wird. Natรผrlich ist es dennoch wichtig, dass auch mal darauf hingewiesen wird, was es mit den Menschen macht und was dazugehรถrt.
Selbstverstรคndlich macht es den Ordnungskrรคften รผberhaupt nichts aus da stรคndig Leute zu nerven. In der Welt vieler LZ-Leser dรผrfte es zumindest so aussehenโ€ฆ

Und nur zum Festhalten: Sie reden von Vergrรคmen, ich von sanftem Druck. Das sind MaรŸnahmen weit weg von Gewalt, Sondereinsatz oder sonstwas, was ich an dieser Stelle รผberhaupt nicht gutheiรŸen wรผrde.

โ€œKonfrontationโ€, โ€œbekรคmpftโ€โ€ฆ was fรผr Wรถrter.

Die Leute, die da mรผffelnd hausen und einfach nicht weggehen wollen, kรถnnen auch ganz andere Lebensgeschichten haben als mal gerade 9 Monate ALG2 bei intakter Schulbildung.

Reden Sie einfach mal mit den Leuten zwei-drei Sรคtze. Sie brauchen ja auch gleich nicht den stรคrkst Riechenden anzusprechen. Es gibt auch Leute, die noch halbwegs aufgerรคumt โ€œaussehenโ€. Sie brauchen am Ende auch kein Geld zu geben, beim Anbetteln ist ein freundliches โ€œNein.โ€ vรถllig okay. Seien Sie mal bitte ein bisschen menschenfreundlicher.

Ich rede auch nicht vom Entzug der Rechte dieser Leute. Wirklich, die sollen das mit der Art zu Leben halten wie sie mรถgen (ich weiรŸ, nicht Jeder ist da frei in der Entscheidung).

Aber einen Anspruch darauf, dass genau dort mรผffelnd und bettelnd gehaust wird, wo viele Leute tรคglich vorbeimรผssen, den sehe ich auch nicht.

Ich war selbst 9 Monate lang ALG2-Empfรคnger. Man muss erstens auch im Zustand der Not / Lebensumstรคnde nicht SO leben und wie gesagt, auch nicht zwingend DORT. Bei aller Freizรผgigkeit ist das halt immer ein schmaler Grat, welches MaรŸ an Konfrontation man politisch noch fรผr zumutbar findet, und was man dann eher bekรคmpft.

Auch Menschen โ€œam Randโ€ haben Bรผrger-, Grund- und Menschenrechte.

Der Arbeitsplatzinhaber hat keinen Anspruch darauf, dass ihm der Weg von diesen Subjekten โ€œfreiโ€gerรคumt wird.

Das Wort โ€œHassโ€ hรคtte ich nicht verwendet, aber wenn Leute dort betteln, dem Geruch nach auch urinieren, sich besoffen anbrรผllen usw., wo die Masse der normalen Leute (damit ist eben nicht der im Artikel verwendete Rand gemeint, sondern die Mehrheit) durch mรถchte auf dem Weg zu Arbeit, Freunden, Ferienziel, was auch immer, dann finde ich das nicht in Ordnung. Das ist eher eine Abneigung, im Extremfall vielleicht auch Angewidertsein, aber kein Hass.

Die โ€œFunktionstrรคgerโ€ handeln mit dem sanften Druck auf diese Leute genau in (bei weitem nicht nur) meinem Sinne. Harte MaรŸnahmen und die hรคsslichen Bilder dazu lassen sich womรถglich nicht im Grenzbereich beim Thema Frontex und Co. vermeiden, aber am Hauptbahnhof muss es nicht sein. Da finde ich eine Mischung aus Schostakowitsch und Kontrollen tatsรคchlich sehr kreativ und auch sanft, damit der Bahnhof etwas von dem Ruf verliert, den leider viele Bahnhรถfe und ihre Viertel inne haben.

Wo kommt eigentlich dieser Hass auf die Obdachlosen her, den so eine ganze Reihe von Funktionstrรคgern in sich trรคgt?

Das geht weit รผber die Peinlichkeit der sog. Musikstadt Leipzig hinaus, mit klassischer Musik Menschen von den Eingรคngen zu vergrรคmen wie lรคstige Stadttauben.

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