Die Geschichte des ehemaligen AfD-Politikers André Poggenburg, der in Leipzig große Reden schwingen möchte, könnte bald um ein Kapitel reicher sein. Die „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ hat Poggenburg für ihre Demonstration am Montag, dem 7. Juni, als Gast angekündigt. Auf seinen Social-Media-Kanälen hat sich der sachsen-anhaltische Landtagsabgeordnete noch nicht zu einer möglichen Teilnahme geäußert. Sein bislang letzter Auftritt in Leipzig war am 25. Januar 2020 am Rande der Indymedia-Demonstration.
Zuvor hatte Poggenburg einige Zeit lang erfolglos versucht, in Connewitz zu demonstrieren. Immer wieder hatte die Stadt entsprechende Anmeldungen nicht zugelassen und dabei auf Gefahren für die öffentliche Sicherheit verwiesen. Im August 2019 wurde ihm schließlich eine Kundgebung auf der Richard-Lehmann-Straße erlaubt.Poggenburg zählte bis zu seinem Parteiaustritt Anfang 2019 zum völkischen „Flügel“ der AfD. Anschließend gründete er die Partei „Aufbruch deutscher Patrioten“. Aus dieser trat er wenige Monate später wieder aus, weil der Großteil der übrigen Parteimitglieder sich geweigert hatte, einem kurzfristigen Antrag zur Unterstützung der AfD zuzustimmen.
Derzeit ist Poggenburg parteilos, ob er am 7. Juni 2021 nach dem Wahlgang am Tag zuvor noch Teil des Landtages in Sachsen-Anhalt ist, mehr als fraglich.
Rassismus und NS-Vokabular
Dass die „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ ihn nun bei einer Demonstration als Gast präsentiert, dürfte die letzten Zweifel zerstreuen, dass es sich dabei um eine rechtsradikale Gruppierung handelt. Poggenburg fiel unter anderem mit Rassismus und NS-Vokabular auf. Zudem tritt er öffentlich immer wieder mit dem Leipziger Neonazi Alexander Kurth in Erscheinung.
Die politische Ausrichtung der „Bürgerbewegung“ offenbart sich vor allem in deren Telegram-Kanal. Dort bezeichnete man Deutschland in Reichsbürger-Manier als Firma, sprach sich für die „Rückabwicklung der Migration seit 2015“ aus und forderte „den Erhalt und die Wahrung der deutschen Kultur, Traditionen und Sitten“.
Selbst die Leipziger Ortsgruppe von „Querdenken“ bezeichnete die „Bürgerbewegung“ als „rechts“. Poggenburg hingegen zeigte noch nie Berührungsängste zur rechtsextremen Vereinigung „Pro Chemnitz“.
Nazipublikum
Auf den Kundgebungen, die aktuell montags auf dem Richard-Wagner-Platz stattfinden, leugneten Redner/-innen nicht nur die Corona-Pandemie, sondern auch den Klimawandel. Bei einigen Demonstrationen waren Teilnehmende mit Nazibekleidung anwesend, ebenso prominente Personen aus Legida-Zeiten.
Dass die „Bürgerbewegung“ nun Poggenburg als Gast ankündigt, ist plausibel, schließlich gehört die Coronakrise aktuell zu den Lieblingsthemen des Ex-AfD-Politikers. Auf seinem Facebook-Account kündigte er kürzlich an, sich nicht impfen lassen zu wollen, weil er „kein Statist dieses ganzen Polit-Schauspiels“ sein wolle.
Sollte die „Bürgerbewegung“ darauf hoffen, mit Poggenburg neue Zielgruppen zu erschließen, könnte sich das möglicherweise als Irrtum herausstellen. Lediglich eine niedrige zweistellige Zahl an Personen besuchte bislang die Versammlungen von Poggenburg in Leipzig. Bei den letzten Demonstrationen Poggenburgs in Leipzig kamen teils noch exakt gezählte 21 Teilnehmerinnen.
Zudem könnte einigen bisherigen Teilnehmer/-innen der Auftritt eines prominenten Rechtsradikalen zu weit gehen.
Demo über den Ring möglich
Einen mobilisierenden Effekt könnte hingegen ein anderer Faktor haben. Nachdem das Verwaltungsgericht am Dienstag gegen den Willen der Stadt entschieden hatte, einen Aufzug am „Tag der Jugend“ zu erlauben, dürfte ähnliches auch für die „Bürgerbewegung“ im Bereich des Möglichen liegen, zumal die Inzidenz weiter sinkt.
Denkbar ist am kommenden Montag also ein Aufzug über den Innenstadtring, eben jenes Ziel hat auch die Bürgerbewegung selbst schon genannt.
Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hat bereits reagiert und nach eigenen Angaben für 18 Uhr einen Aufzug aus dem Süden der Stadt angemeldet. Nachdem der Protest gegen die „Bürgerbewegung“ zuletzt bei einigen dutzend Personen stagnierte, dürfte es am kommenden Montag wieder deutlich mehr Beteiligung geben.
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