Das Erzgebirge zählt mit einer 7-Tage-Inzidenz über 250 derzeit zu den Corona-Hotspots in Deutschland. Dementsprechend sind die Einschränkungen härter als in anderen Teilen des Freistaates, wo die Inzidenz teilweise schon unter 100 gefallen ist. In mehreren Städten im Erzgebirge kommt es immer wieder zu Demonstrationen gegen diese Einschränkungen. Weil diese Demos meistens verboten sind, entstehen Konflikte mit der Polizei – welche zunehmend eskalieren.

Besonders die Ausschreitungen in Zwönitz sorgen aktuell für Aufsehen. Dort hatten am Montagabend, 10. Mai, laut Angaben der Polizei etwa 80 Menschen einen verbotenen Aufzug durchgeführt. Im Laufe des Polizeieinsatzes sollen fünf Personen die Beamten mit Pfefferspray angegriffen haben. Später soll eine Frau einen Polizisten gebissen haben.

Videos zeigen unter anderem, wie dutzende Personen die klar unterlegenen Polizisten einkesseln und zumindest verbal angreifen. Teilweise sind aber auch körperliche Angriffe zu sehen. Das alles geschieht vor laufender Kamera und teilweise ohne Vermummung.

Laut Beobachtungen von Szenekennern spielten die NPD und andere Neonazis eine wesentliche Rolle bei dem Geschehen, darunter Michael Brück, der lange Zeit in Nordrhein-Westfalen für „Die Rechte“ aktiv war, aber mittlerweile nach Chemnitz gezogen ist.

Sebastian Walter, Bundestagskandidat für die Grünen im Erzgebirgskreis, schrieb dazu auf Twitter: „Liebe Mitmenschen in Zwönitz und im Erzgebirge, dies hier ist ganz offensichtlich keine Demonstration friedlicher Bürgerinnen und Bürger, sondern eine von Neonazis angestachelte Menschenmenge, die offenbar niemals im Leben Anstand und Respekt gelernt hat.“Kerstin Köditz, die Sprecherin für antifaschistische Politik der Linkspartei im sächsischen Landtag, schrieb, dass die Geschehnisse in Zwönitz die Folge einer jahrzehntelangen „Ignoranz“ gegenüber rechten Aktivitäten in Sachsen seien.

Stadtrat kritisiert Polizei

Eine solche Ignoranz ließe sich durchaus auch dem Stadtrat von „Zwönitz“ unterstellen. Dieser hatte am vergangenen Freitag ein „sofortiges Ende des Einkesselns friedlicher Bürger“ durch die Polizei gefordert. Die „Argumente der Demo-Teilnehmer“ könne man „zum Großteil nachvollziehen“. Dabei war es offenbar nicht erst diesen Montag in Zwönitz zu Gewalt gegen die Polizei gekommen. Bereits vor einer Woche meldete die Polizei mehrere Vorfälle.

Rico Gebhardt, der Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, schrieb zu den Vorkommnissen ironisch: „Alles friedliche Bürger, die auf die ‚Missstände‘ in der Corona-Politik aufmerksam machen wollen.“

Das Erzgebirge habe ein „gewaltiges Problem“, ergänzte Gebhardt nun ernsthaft und verwies dabei auch auf die Vorfälle in Schwarzenberg am Wochenende.

Dort hatten am Samstagabend etwa 150 Personen eine regelrechte Corona-Party veranstaltet – mit Gesängen und Pyrotechnik. Einige Anwesende sollen zudem rechtsradikale Parolen gerufen haben. In einem Video war zu sehen, wie die Teilnehmer/-innen jubelnd auf eine Geste aus einem Polizeiauto reagieren.

Dabei handelte es sich offenbar um eine Sympathiebekundung für die illegale Party. Später löste die Polizei die Versammlung auf.

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