Seit einem Jahr ermöglicht das Projekt „Hardware for Future“ (HfF), das von der Dezentrale e.V. und dem Referat Digitale Stadt der Stadt Leipzig ins Leben gerufen wurde, Menschen die Teilnahme am digitalen Leben. Die Mitglieder von HfF bereiten PCs und andere technische Geräte auf und vergeben diese an Personen, die sich die Technik anderweitig nicht leisten können. Vor wenigen Tagen ging der 1000. Computer über die „Theke“.
Mitten in den Anfängen der Pandemie, am 29. April 2020, begannen die Vorbereitungen für das Projekt. Zu Beginn musste vor allem Platz geschaffen werden für mehrere Geräte, um die sich die Mitglieder täglich kümmern. Etwa 2,7 PCs wurden im vergangenen Jahr pro Tag repariert, von Daten befreit und für die Weiterverwendung aufgearbeitet. Rund 100 Anfragen erhält das Team in der Woche. Ein Gerät erhalten können Personen mit Leipzig-Pass oder anderem Bedürftigkeitsnachweis.Wie wichtig die Initiative ist, verdeutlichte die Krise. Dass die Schulen, bedingt durch Corona, so lange würden schließen müssen, konnte zum Startzeitpunkt von HfF niemand absehen. Umso bedeutender wurde das Projekt für Haushalte, in denen kein Computer vorhanden war. Kinder, denen der Zugang zur Digitalwelt fehlte, konnten nur sehr eingeschränkt am Unterricht teilnehmen.
„Trotz der Herausforderungen, vor die uns die Pandemie – wie alle anderen auch – gestellt hat, konnten wir in diesem einen Jahr, das unser Projekt nun existiert, über 1000 PCs aufbereiten und dadurch über 800 Haushalten die Möglichkeit zur digitalen Teilhabe sowie zur Teilnahme am Unterricht in Zeiten des Homeschoolings geben“, freut sich der Verein. Dennoch: Die Nachfrage ist nach wie vor enorm. Rund 2000 noch ausstehende Anfragen verzeichnet das Projekt, die Tendenz ist steigend.
„Diese Zahlen wären ohne unsere Sponsoren und vor allem ohne das Engagement unseres Teams samt aller neuen Mitstreiter/-innen, die wir im Rahmen des Projektes gewonnen haben, […] niemals möglich gewesen.“
Den Großteil der Geräte erhält HfF, dessen zehn Mitglieder ohne Ausnahme in ihrer Freizeit für das Projekt arbeiten, durch Spenden von Unternehmen sowie der Stadtverwaltung. Auch einige wenige private Spender/-innen gibt es.
Eine Kooperation, die funktioniert
Dass HfF so schnell an Fahrt aufnahm, war keinesfalls selbstverständlich. „Vergleichbare Projekte haben ein Vielfaches an Zeit – also Jahre – gebraucht, um solche Wachstumszahlen zu erreichen. Dies wurde vor allem dank des sehr großen Engagements im Verein Dezentrale e. V. möglich“, erklärt die Stadtverwaltung auf unsere Anfrage.
Auch der Verein freut sich über die gute Zusammenarbeit: „Die Zusammenarbeit mit der Stadt, insbesondere dem Referat digitale Stadt Leipzig, der LECOS und dem Medienpädagogischen Zentrum ist wirklich gut. Sie unterstützen, hören uns auch mit unseren Wünschen und Notwendigkeiten. Die Kooperationen sind immens wichtig, um Spenden, Aufbereitung, Akzeptanz und Bedarf im Gleichgewicht zu halten“, macht HfF-Mitglied Karin deutlich.
Sie verrät auch: „Es gibt einige Pläne hinsichtlich dem Aufbau neuer Kooperationen. Da das Jobcenter ja auch Antragsteller/-innen unterstützt, schafft das für uns Freiräume, neben Kindern auch in die Richtung Jobsuchender oder gar Senioren zu schauen.“
Die Wiederaufarbeitung der Computer hat neben der sozialen Komponente auch ganz klar einen ökologischen Hintergrund. Die Schonung von Ressourcen und der kreative Umgang mit „Altem“ gehören zu den Grundsätzen des Hackerspace Dezentrale e.V. in der Dreilindenstraße in Leipzig-Plagwitz.
Durch die finanzielle Unterstützung durch die Stadt, welche kurz nach Ausrufung des Klimanotstands an den Verein herantrat, konnten die Ideen vereint und umgesetzt werden.
Noch lange nicht fertig!
Mit dem Beschluss des Leipziger Doppelhaushalts für die Jahre 2021 und 2022 hat der Stadtrat weiterhin grünes Licht für die Förderung des Projekts gegeben. „Und auch weitere Technik-Spenden soll es geben. Gemeinsam suchen die Stadt Leipzig und der Verein darüber hinaus nach weiteren Finanzierungsmöglichkeiten und Verstetigungsansätzen. Weitere Unternehmen und Leasing-Firmen sind jederzeit eingeladen, sich am Projekt zu beteiligen“, heißt es vonseiten der Stadt.
Denn klar ist: Auch wenn alles, was bisher erreicht werden konnte, ein großer Erfolg ist, sollen zukünftig noch mehr Menschen den Zugang zu Technik und damit Teilhabe an der digitalen Welt erhalten.
Karin zieht Bilanz: „Natürlich sind wir stolz auf das Erreichte und die Freude über die Hilfe, die wir Leipziger Familien geben können. Zufrieden sein können wir nicht, uns macht die Gesamtsituation auch betroffen. Wir sind mit dem Projekt nahe am Puls der Digitalisierung, insbesondere in den Schulen und Familien und haben einen viel besseren Einblick erhalten, welche Schwachstellen es gibt. Genauso ist es mit dem Ursprung des Projekts – einer nachhaltigen Initiative als Antwort auf die Ausrufung des Klimanotstandes in Leipzig. Wir verstehen das einzuordnen, als ein Schritt auf dem Weg. Dieser Weg muss aber noch viel umfassender definiert, geplant und durchgeführt werden.“
Wer sich ebenfalls beteiligen und/oder spenden oder selbst ein Gerät beantragen möchte, findet alle weiteren Informationen hier.
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