Die selbsternannte โ€žBรผrgerbewegung Leipzig 2021โ€œ wรคchst. Etwa 125 Personen versammelten sich am Montagabend, dem 19. April, auf dem Richard-Wagner-Platz, um die Corona-Pandemie anzuzweifeln und zahlreiche MaรŸnahmen als รผbertrieben zu kritisieren. Nur wenige Meter entfernt standen rund 200 Antifaschist/-innen und protestierten gegen diese Kundgebung. In der Vorwoche waren es noch circa 75 beziehungsweise 100 Teilnehmer/-innen.

Erneut waren bei der โ€žBรผrgerbewegungโ€œ mehrere Personen zu sehen, die klar dem rechtsradikalen, teils sogar dem Neonazispektrum zuzuordnen sind. Einer der Anwesenden trug Kleidung der Marke Thor Steinar, ein anderer einen Pullover mit der Aufschrift โ€žWeisse Wรถlfeโ€œ.

Dabei handelt es sich offenbar um einen Verweis auf die verbotene Gruppe โ€žWeisse Wรถlfe Terrorcrewโ€œ, die sich zum Nationalsozialismus bekannte und Gewalt gegen Linke und Migrant/-innen ausรผbte.Anwesend waren auรŸerdem Dirk R., ein ehemaliger Bannertrรคger bei den rechtsradikalen Legida-Demonstrationen, und Erhard K., eine der Schlรผsselfiguren bei der kurzlebigen Legida-Abspaltung โ€žOffensive fรผr Deutschlandโ€œ (OfD). Auch Mitglieder des Orgateams der lokalen โ€žQuerdenkenโ€œ-Gruppe โ€žBewegung Leipzigโ€œ waren vor Ort.

Diese hatte im vergangenen Jahr regelmรครŸig samstags Kundgebungen organisiert.

Rednerin mit Kontakten zum Leipziger Neonazi Alexander Kurth

"Schwester Anja" auch wieder mit dabei am 19. April 2021. Foto: LZ
โ€œSchwester Anjaโ€ auch wieder mit dabei am 19. April 2021. Foto: LZ

Wรคhrend sich diese Personen allesamt im Hintergrund hielten, trat โ€žSchwester Anjaโ€œ ans Mikrofon. Im vergangenen Jahr hatte sie bereits bei einer Demonstration der โ€žBewegung Leipzigโ€œ geredet. Die angebliche Krankenschwester ist zudem immer wieder bei โ€žUngetrรผbt Mediaโ€œ zu sehen und zu lesen.

Dabei handelt es sich um ein Medienprojekt des Leipziger Neonazis Alexander Kurth โ€“ der ebenfalls bei der โ€žOffensive fรผr Deutschlandโ€œ und vorher bei der NPD aktiv war.

Die Redebeitrรคge am heutigen Montag setzten die bekannten Akzente: Eine Pandemie gebe es nicht, die MaรŸnahmen seien รผberzogen, das Leid der Kinder werde nicht beachtet und dass โ€žQuerdenkerโ€œ zunehmend ins Visier des Verfassungsschutzes geraten, sei nicht gerechtfertigt.

Protest und unรผbersichtliche Lage

Ebenfalls auf dem Richard-Wagner-Platz protestierten rund 200 Personen gegen die Kundgebung der Corona-Verharmloser/-innen. Das Aktionsnetzwerk โ€žLeipzig nimmt Platzโ€œ hatte dazu aufgerufen. In Redebeitrรคgen ging es um Solidaritรคt wรคhrend der Corona-Pandemie, linke Kritik an den MaรŸnahmen und die Situation von Geflรผchteten.

Insgesamt blieb es zwar weitgehend friedlich, doch die Situation auf dem groรŸen Platz war zeitweise angespannt und unรผbersichtlich. Immer wieder gab es verbale Unmutsbekundungen in die jeweils andere Richtung oder in Richtung von Unbeteiligten, die keine Maske trugen; dazwischen befanden sich Jugendliche, die nur herumsaรŸen oder sich auf der Skate-Anlage bewegten.

Hin und wieder griff sich die Polizei einzelne Teilnehmer/-innen aus den Kundgebungen heraus. Eine wirkliche Verfolgung der etwa zur Hรคlfte maskenfrei und eng beisammenstehenden Versammlungsteilnehmerinnen war jedoch nicht zu erkennen.

Dem polizeilichen Hinweis einen Maske aufsetzen zu mรผssen, begegnete ein Ordner der โ€žBรผrgerbewegung Leipzig 2021โ€œ mit der Aussage, ein Attest zu haben, also keine Maske tragen zu mรผssen. Einen Nachweis dafรผr verlangte der Beamte nicht, der Zustand hielt bis zum Ende der Versammlung an.

Zudem brach ein Teilnehmer der Kundgebung der โ€žBรผrgerbewegung Leipzig 2021โ€œ ohne Fremdeinwirkung zusammen. Er wurde daraufhin medizinisch betreut und erholte sich nach wenigen Minuten wieder.

Erst rennen die einen, dann die anderen

Gelegentlich kam es zu Situationen, in denen Antifaschist/-innen losrannten und Polizist/-innen ihnen folgten. Der Anlass war hรคufig nicht zu erkennen. Sie hatten wohl Personen ausgemacht, die sie dem Lager der โ€žQuerdenkerโ€œ zuordneten oder als Neonazis identifizierten. Die Polizei verstรคrkte an den entsprechenden Stellen jeweils schnell ihre Prรคsenz. Kรถrperliche Auseinandersetzungen waren nicht zu erkennen.

Dass die โ€žBรผrgerbewegungโ€œ diesmal leichten Zuwachs hatte, kรถnnte unter anderem daran liegen, dass die โ€žFreien Sachsenโ€œ ihren mehr als 30.000 Telegram-Abonnent/-innen diese Veranstaltung explizit empfohlen hatten.

Erst einen Tag zuvor hatten die โ€žFreien Sachsenโ€œ, die auch von Leipziger โ€žQuerdenkernโ€œ gerne geteilt werden, eine Kundgebung der NPD in Dresden beworben.

Impressionen vom 19. April 2021 auf dem Wagner-Platz

Video: LZ

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Es ist schon erstaunlich, dass eine faschistische und neonazistische Bewegung, wie es die Bรผrgerbewegung Leipzig 2021 meiner Meinung nach ist, in Leipzig eine Demonstration genehmigt bekommt. Dagegen werden der friedlich agierenden BewegungLeipzig sรคmtliche angemeldete Demonstrationen verboten. So sollte am 10.04.2021 eine Demonstration fรผr Kinder, Lehrer und Erzieher stattfinden, auf der diese von ihren Problemen berichten und sich vernetzen wollten. Unter fadenscheinigen Grรผnden wurde diese Veranstaltung jedoch verboten, und ein massives Polizeiaufgebot aufgefahren.
Die BewegungLeipzig hat im vergangenen Jahr mehrere Kundgebungen und Spaziergรคnge in der Innenstadt durchgefรผhrt. Dabei kam es nie zu Gewaltaktionen seitens der Demonstranten. So gelangte auch die Polizei in der Stellungnahme des Ordnungsamtes zum Demoverbot fรผr den 10.04.21 zu der Einschรคtzung, dass Gewalt bisher nur von den linksextremistischen Gegendemonstranten ausging, wie insbesondere am 21.11.2020 geschehen, als ein Demo-Teilnehmer fast zu Tode geprรผgelt wurde. Zudem bescheinigte das Gesundheitsamt, dass am 10.04.21 im Freien aufgrund der Wetterlage keine Ansteckungsgefahr besteht. Trotzdem wurde die fรผr 500 Teilnehmer angemeldete Demo verboten.
Am Montag, dem 19.04.21 waren auf der von der Bรผrgerbewegung Leipzig 2021 angemeldeten Demo auf dem Richard-Wagner-Platz auch Mitglieder des Orgateams der BewegungLeipzig anwesend, um sich ein Bild von der Veranstaltung, den Teilnehmern und den Organisatoren zu machen. Es entstand der Eindruck, dass friedliche Bรผrger, denen die MeinungsรคuรŸerung verboten wurde, somit in die Arme dieser Rattenfรคnger getrieben wurden. Sollte sich die neonazistische Bรผrgerbewegung Leipzig 2021 radikalisieren und es kommt zu Gewaltakten, dann ist das dem Lavieren unserer Stadtverwaltung zuzuschreiben.

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