So exemplarisch, wie ihn offenbar der Generalbundesanwalt Dr. Peter Frank hรคlt, so exemplarisch wird der Fall Lina E. zunehmend in der linken Szene Leipzigs empfunden. Ist die junge Frau nun die gefรคhrliche Terroristin, die auch nach der heutigen Haftprรผfung in der Untersuchungshaft verblieb, eine 27-jรคhrige Leipzigerin, die sich womรถglich mit Gewalt gegen Neonazis stellte oder gar nichts von alledem? Auch vor diesem Hintergrund verlรคuft lรคngst eine Auseinandersetzung, ob hier das schรคrfste Schwert der Strafverfolgung, der Paragraf 129 wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, angemessen ist oder nicht. In Leipzig Connewitz kรถnnte es noch heute aus Anlass der noch unbegrรผndeten Entscheidung, Lina E. in der Chemnitzer U-Haft zu behalten, eine spontane Demonstration geben.
Der Bereich โLinksextremistischer Terrorismusโ auf den Seiten der Generalbundesanwaltschaft ist thematisch dรผnn. In der Aufgabenbeschreibung greifen die hรถchsten deutschen Strafverfolger auf das Schreckgespenst der alten BRD schlechthin zurรผck, wenn sie zeigen wollen, wogegen sie vorgehen mรผssen. Die RAF, ihre Entstehung und Morde fรผllen nahezu die gesamte Beschreibung in diesem Teil der Aufgaben.Hรคtte es sie nicht gegeben, wรคre spannend zu sehen, was stattdessen unter dem Terrorismusverdacht, unter welchem nun Lina E. in Untersuchungshaft sitzt, sonst gestanden hรคtte. Neben der RAF finden sich hier nur Hinweise auf den G20-Gipfel in Hamburg (2017) und die 2015er Ausschreitungen anlรคsslich der Erรถffnung der Europรคischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt.
Dimensionen, die der Fall um die Leipzigerin und ihren untergetauchten Freund kaum zu erreichen vermag, das Ganze wirkt in Konfrontation mit solchen Groรereignissen oder dem tatsรคchlichen RAF-Terror samt Entfรผhrungen, Morden, Bombenattentaten und Waffentrainings eher lรคcherlich.
Haftgrรผnde heute unklar
Lina E. befindet sich nach wie vor in U-Haft, so die Auskunft der Bundesanwaltschaft gegenรผber der Leipziger Zeitung heute kurz vor 17 Uhr. Weitere Auskรผnfte wรผrden nicht erteilt. Dem Vernehmen nach wurde der Untersuchungshaftbefehl aufrechterhalten, die richterliche Haftprรผfung war fรผr den heutigen 21. April 2021 etwa 10 Uhr anberaumt und somit fรผr Lina E. erfolglos.
Heute wird #freelina einem Gericht vorgefรผhrt. Es wird รผber ihre weitere HAft entschieden.
"Sollte heute die Entscheidung gefรคllt werden, dann sehen wir uns um 20 Uhr im Herderpark in Connewitz und bundesweit auf der Straรe."https://t.co/jnINtZ5FPO
Heute 20:00 in #Connewitz! https://t.co/OcBAWG2oTf
โ leipzigbesetzen (@leipzigbesetzen) April 21, 2021
Noch haben sich ihre Anwรคlte nicht geรคuรert und auch die Begrรผndung fรผr die unausgesetzte Untersuchungshaft steht weiter aus. Grรผnde fรผr eine Beibehaltung sind meist, neben der Schwere der Schuld, Flucht- und Verdunklungsgefahr durch die Betroffenen. Weshalb in regelmรครigen Abstรคnden durch Richter zu prรผfen ist, ob Personen trotz noch laufender Ermittlungen wieder aus der U-Haft entlassen werden mรผssen.

Im Kern lauten somit die gleichen Vorwรผrfe gegen die 27-jรคhrige Leipzigerin wie bereits seit dem 6. November 2020, dass sie sich bei der Bildung einer linksextremistischen, kriminellen Vereinigung federfรผhrend beteiligt haben soll und wortfรผhrend in dieser aktiv gewesen zu sein. Auch nach Lina E.s Freund wird bis heute per Strafbefehl gefahndet.
Konkretere Vorwรผrfe wurden bislang im Kern nur zu einem รberfall einer Gruppe โ darunter laut Strafverfolgungsbehรถrden Lina E. und ihr Freund โ am 19. Oktober 2019 auf das โBulls Eyeโ, einer Eisenacher Neonazi-Kneipe, bekannt. Das vorgeblich geheime Untergrundleben der Leipzigerin hingegen wurde bereits in mehreren Artikeln als eher unauffรคllig und harmlos beschrieben.
Seit dem Bekanntwerden des weiteren Verbleibs von Lina E. in der Chemnitzer Haftanstalt waren im Netz vermehrt Stimmen aufgetaucht, die von einer heutigen Spontandemonstration in Leipzig Connewitz sprachen. Aktuell sammeln sich immer mehr Menschen an der Wolfgang-Heinze-Straรe Hรถhe Herderpark.
Die LZ ist vor Ort.
Update 21:40 Uhr: Lage ruhig, die ersten gehen nach Haus
Auf Hรถhe Herderpark liegen ein paar Straรenschilder auf der Heinze-Sraรe herum, die Polizei ist im Viertel und wie es nunmehr aussieht, findet da heute nichts mehr statt. Offenbar haben auch, so ist vor Ort zu hรถren, manche keine Lust darauf, sich letztlich wegen Corona-Vorschriften von der Polizei einsammeln zu lassen โ in der Tat sind die Verfรผgungsmรถglichkeiten der Polizei derzeit wegen des Virus weit gefasst.
Alles in Allem ist ein hohes Journalist/-innen-Aufkommen bei wenig Aktivitรคten zu beobachten gewesen und die, die gekommen waren, haben sich auch genau so schnell wieder zerstreut.
Bislang ein ruhiger Abend im Leipziger Sรผden mit hohem Blauanteil und wenigem, worรผber man berichten kรถnnte. Und es wird wohl auch so bleiben.
Update 21:20 Uhr: Helikopter und keine Demo
Seit rund 20 Minuten kreist der Helikopter der Polizei รผber Connewitz und ob es zu einer wirklichen Demo kommt, ist unklar. Bislang ist eine noch nicht nรคher bestimmbare Zahl unterwegs, anfangs sammelten sich kurz nach 20 Uhr grรถรere Gruppen im Herderpark, um sich dann wieder zu zerstreuen.
Die Polizei ist mittlerweile im Leipziger Sรผden unterwegs, Richtung Conne Island liegen umgeworfene Straรenschilder auf der Straรe. Die Lage ist unรผbersichtlich.
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