Der Sächsische Flüchtlingsrat (SFR) hat eine Spendenkampagne gestartet, um über den 31. März hinaus seine Presse- und Öffentlichkeitsarbeit finanzieren zu können. Wie wichtig diese ist, hat sich erst kürzlich wieder gezeigt, als der SFR gemeinsam mit anderen Akteur/-innen die Abschiebung eines Pakistaners aus Dresden verhindern konnte. Geschäftsleiterin Angela Müller hat der Leipziger Zeitung (LZ) einige Fragen zur Spendenkampagne und der Arbeit des Vereins beantwortet.
Der Sächsische Flüchtlingsrat benötigt 15.000 Euro bis zum 31. März, um seine Öffentlichkeitsarbeit zu sichern. Diese wurde bisher „durch unabhängige Stiftungen finanziert“, heißt es in einem Spendenaufruf.
Warum fehlt dieses Geld aktuell?
Bisher haben unabhängige Stiftungen unsere Öffentlichkeitsarbeit getragen. Das heißt, das Geld kam nicht aus dem Landeshaushalt oder aus staatlichen Töpfen. Es ist sehr wichtig, dass diese unabhängige Finanzierung weiter möglich ist, denn nur so können wir den Finger in die Wunde legen, wenn staatliche Stellen wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die sächsischen Ausländerbehörden und das Innenministerium fahrlässiges und grundrechtswidriges Verhalten an den Tag legen.Nun haben wir ganz erfreuliche Nachrichten zu verkünden: Die UNO-Flüchtlingshilfe, die auch bisher ein maßgeblicher Förderer der Öffentlichkeitsarbeit war, hat uns nun kurz vor Auslaufen des Projekts eine Weiterfinanzierung bestätigt. Die Erleichterung bei uns ist riesig.
Dennoch müssen wir als Projekt Eigenmittel zur Umsetzung einfließen lassen. Und genau deshalb hängen wir weiterhin von unserem Spendenaufruf ab: ohne Eigenanteil keine Öffentlichkeitsarbeit.
Wofür genau werden diese 15.000 Euro benötigt?
Unsere kritische Stimme erheben wir in der sächsischen Öffentlichkeit stets mit dem Ziel, uns bedingungslos für menschenrechtliche Standards im Bereich Asyl und Migration einzusetzen. Wir wollen weiterhin auf menschenrechtliche Missstände im Bereich Asyl und Migration in Sachsen hinweisen.
In den letzten Jahren haben wir dabei beweisen: Wir können Pressearbeit, wir vernetzen und wir informieren. Wir möchten weiterhin Informationen über die Situation von Geflüchteten in die Presse vermitteln. Unsere Informationen erscheinen regelmäßig in regionalen, manchmal sogar bundesweiten Medien. Zudem vermitteln wir Interviews mit schutzsuchenden Personen an Berichterstatter/-innen.
Was die Vernetzung angeht, haben wir seit 2016 ein umfassendes Netzwerk an Akteur/-innen sachsenweit im Bereich Asyl und Flucht aufgebaut. Und schließlich informieren wir über unseren Newsletter, unsere Kanäle in den sozialen Medien und das jährlich erscheinende Magazin „Querfeld“ die sächsische Zivilgesellschaft.
Welche Konsequenzen hätte es sowohl für den Flüchtlingsrat selbst als auch für andere Akteur/-innen, wenn es nicht gelingt, ausreichend Geld zu sammeln?
Durch die Förderzusage der UNO-Flüchtlingshilfe können wir gerade aufatmen. Wenn wir nun noch die Spendenkampagne erfolgreich zum Abschluss bringen, kann unsere Öffentlichkeitsarbeit weitergehen. Ohne die finanziellen Mittel wäre eine wichtige kritische Stimme in Sachsen für die Rechte von Geflüchteten verstummt.
Wir sind eingebettet in eine tolle Struktur aus Landesflüchtlingsräten und Pro Asyl, dem Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Selbstorganisationen von Migrant/-innen wie „Welcome United“, zivilgesellschaftlichen Akteur/-innen und Bündnissen wie der „Seebrücke“ und „unteilbar“.
Diese Arbeit kann nun weitergehen. Wir werden progressive Bündnisse schmieden und stärken und für die Grundrechte aller hier lebenden Menschen einstehen.
Zahlreiche Vereine blicken wegen der finanziellen Auswirkungen der Coronakrise mit Sorge in die Zukunft. Wie ist gerade generell die Situation beim Sächsischen Flüchtlingsrat?
Nach mehreren haarsträubenden Monaten ist die Situation bei uns zunächst entschärft. Von der Sächsischen Aufbaubank haben wir eine Zusage von Landesmitteln für unsere Asylberatung angekündigt bekommen, wobei wir noch nicht wissen, wie die finale Summe aussieht. Unsere Beratungsstellen laufen gerade auf Sparflamme, bis der finale Bescheid da ist.
Das hat vor allem mit den verzögerten Haushaltsverhandlungen auf Landesebene zu tun. Andere Vereine stehen wesentlich schwieriger da, so zum Beispiel die „Villa“ in Leipzig oder „Bon Courage“ im Landkreis Leipzig. Hier werden Strukturen, die über Jahre mühsam aufgebaut wurden, einfach so in den Boden gestampft. Dabei ist der Beratungsbedarf weiterhin hoch.
Was kann man tun, wenn man helfen möchte, aber kein Geld spenden kann?
Ganz einfach: den Spendenaufruf an andere Personen weiterleiten. Irgendjemand hat bestimmt ein paar Euro übrig.
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