Wie eigentlich in jedem Jahr ist am frühen Nachmittag des letzten Tages unklar, was wohl bei diesem Übergang zu den 365 unbenutzten Tagen geschehen wird. So, wie noch im Jahreswechsel 2019/20 die Lage am Connewitzer Kreuz eskalierte, gab es auch schon ruhigere Jahre – dann allerdings mal mit Attacken auf ein Verbindungshaus einer Burschenschaft oder Angriffen auf Justizgebäude in der Stadt. 2020 ist nun alles ein wenig anders, das Augenmerk dieser Nacht liegt nach Böller-Verkaufsverbot, pandemischer Versammlungseinschränkung und regelrechten No-Go-Areas auf drei Leipziger Plätzen auf der Polizei.
02:30 Uhr: Der Einkaufswagen ist zurück und ein positives Fazit
Wieder im Warmen, wieder am Rechner bleibt in der ersten Rückschau auf das diesjährige Silvester 2020/21 ein hohes Maß an Eigenverantwortung der Leipziger/-innen zu konstatieren. Praktisch keine Befürchtung hat sich bewahrheitet, noch nie war das Connewitzer Kreuz so leer wie in diesem Jahr. Auch nach 0 Uhr sammelten sich bis zirka 2 Uhr in der Spitze vielleicht 200 bis 300 Menschen entlang der Wolfgang-Heinze-Straße bis auf Höhe Herderpark, um einen friedlichen Jahresübergang zu feiern.
Gedämpft in der Stimmung aufgrund der Corona-Einschränkungen, trafen die Anwohner auf eine defensive Polizei und Einsatzbeamte, die auch keine volle Einsatzmontur trugen. Ein Fakt, auf den bereits frühzeitig auch Polizeisprecher Olaf Hoppe hinwies, um den deeskalativen Ansatz in diesem Jahr zu verdeutlichen.
Video L-IZ.de: Der Jahreswechsel am Connewitzer Kreuz 2021 + Statement von Polizeisprecher Olaf Hoppe.
Dafür hatte sich das Geschehen zumindest ein wenig Richtung Leipziger Osten verlagert.
Hier fand sich dann auch der konsumkritisch entzündete Einkaufswagen wieder, der in diesem Jahr ohne weitere Folgen oder polizeiliche Großeinsätze auf der Straßenkreuzung Hermann-Liebmann, Ecke Eisenbahnstraße brannte. Ein jährliches Ritual vom Connewitzer Kreuz sagen viele, andere fragen sicher auch in diesem Jahr wieder nur: warum?
Egal – am Ende kam niemand zu Schaden und auch die Polizei nahm es vor Ort eher defensiv und ließ die Situation ohne harte Intervention ausrollen. Insgesamt betrachtet war es wohl in dieser Nacht an der Eisenbahnstraße am lautesten unter allen Stadtvierteln Leipzigs.
Video L-IZ.de: Die rituelle Entzündung eines Einkaufswagens hatte sich Richtung Osten verschoben.
Das Fazit des Polizeisprechers Hoppe zum Verlauf der Silvesternacht konnte gegen 1:30 Uhr auf dem Kreuz dann auch mangels Feiermasse und defensivem Konzept gleichermaßen positiv ausfallen (siehe Video), auch wenn wegen anderer Vorkommnisse dieser Nacht die ersten Ermittlungen anliefen.
Denn Ziel eines mutmaßlich bewusst herbeigeführten Brandes waren sechs Bundeswehrfahrzeuge, welche an der Torgauer Straße in einer dortigen Mercedes-Niederlassung geparkt waren. Vor Ort am Connewitzer Kreuz ging weit nach Mitternacht zudem das unbestätigte Gerücht um, es könnte einen weiteren Brand an Bundeswehrfahrzeugen auf dem Gelände der General Olbricht Kaserne in Leipzig Nord gegeben haben.
Genaueres werden wir als Redaktion und die Leipziger/-innen wohl erst im Laufe des 1. Januar 2021 dazu erfahren, die Informationslage ist zur Stunde noch zu dünn.
Beide Situationen – sofern es zwei waren – wurden jedoch rasch unter Kontrolle gebracht, an der Torgauer fanden sich die ersten Feldjäger der Bundeswehr ein. Zur Stunde hat die Feuerwehr über beide Vorgänge noch nicht unterrichtet.
Die vielleicht stillste Silvesternacht der letzten Jahrzehnte neigt sich damit endgültig dem Ende zu. Viele blieben zu Hause, manche versuchten ein wenig Buntes an den Himmel zu zaubern, die meisten kamen ohne Böllerei aus. So ein ruhiges Silvester hat Leipzig wirklich lange nicht mehr erlebt.
Am Rande eher schon Diskussionen darüber, wie man den Jahresübergang 2021/22 vielleicht mit Kultur und Livemusik auf dem Kreuz gestalten könnte.
23:45 Uhr im Leipziger Süden
Still ruht der See. Am Connewitzer Kreuz und in der Wolfgang-Heinze-Straße, Höhe Herderpark, ist gähnende Leere. Stattdessen sollen laut Meldung der „Bild“ auf dem Gelände der Leipziger Mercedes-Hauptniederlassung in der Torgauer Straße Bundeswehr-Fahrzeuge brennen.
23:10 Uhr: Connewitzer Kreuz – leer wie noch nie …
Video: L-IZ.de
22:35 Uhr: Erste Videoimpressionen bis 22 Uhr
Video: Connewitzer Kreuz und ein Blick auf Paunsdorf. L-IZ.de
22:30 Uhr: Stihiielle Nacht?
Natürlich nicht. Man wundert sich schon hier und da, was einige entweder für Reserven an Knallgewerk angehäuft haben oder sich aus allen Herren Länder schicken ließen. Es rumst hier und da doch mächtig in den Wohnvierteln, dennoch nicht in der Intensität der vergangenen Jahre.
Auf den großen Plätzen hingegen ist die Polizei derzeit ziemlich allein mit sich und dem Auftrag der Verhinderung von Ansammlungen oder Massenknallereien. Am Connewitzer Kreuz ist dominantes Gerät aufgefahren (Bilder von 21:15 Uhr), der traditionelle Feier-, aber auch letztjähriger Randaleort zu Silvester wirkt in diesem Jahr wie ein etwas überdimensionierter Polizeiparkplatz samt Absperrgittern so weit das Auge in der Nacht reicht. Dazwischen flanierende Beamte mit und ohne Warnwesten beim Anhäufen von Einsatzstunden.
Doch die Frage bleibt und wird wohl erst ab 0 Uhr im neuen Jahr entschieden werden: stehen die Beamten vor einer ruhigen Nacht, werden sie zu einem anderen Einsatzort gerufen oder ist das hier tatsächlich Silvester 2020 am Connewitzer Kreuz. Vereinzelt wurden im Vorfeld Stimmen laut, dass man sich ja auch am Herderpark treffen oder eben die Beamten in diesem Jahr allein am Kreuz lassen könne. Derzeit kommen etwa fünf Beamte auf eine Passantin.
Noch deutlich ruhiger ist es hingegen am Lindenauer Markt und auf dem Augustusplatz. Beide sind praktisch menschenleer, bis auf Polizeigerät und Beamte. Offenbar halten sich die Leipziger/-innen hier penibel an die pandemiebegründeten Betretungs- und Ansammlungsverbote und werden in ihren Quartieren, Wohnungen und Vierteln feiern.
Ab jetzt folgen zur Silvesternacht hier weitere kleine Bilderstrecken, Videoimpressionen und einige kurze Updates von vor Ort. Wir wünschen allen einen friedlichen Jahreswechsel.
16:15 Uhr: Leipzig vor einem Stille-Rekord
Seit einigen Stunden lauschen so manche Leipziger/-innen aus ihren Fenstern, ob es denn irgendwo böllert und rumst. Und hören meist wenig oder nichts. Bis auf wenige Ausnahmen ist nichts wie in all den Jahren zuvor, es ist merklich stiller in der Stadt, in welcher sonst gern schon Tage vor der Silvesternacht geballert und geknallt wird. Die Debatten um das Für und Wider des Verkaufsverbotes für Knallwaren sind geführt, wer wollte und nicht anders konnte, fuhr nach Polen oder durchwühlte alle Schränke und Keller nach Resten aus den Vorjahren.
Wie viel sich dabei trotz fehlender Neuware ansammelte, wird man heute zudem eher tiefer in den Stadtvierteln und entlang großer Zufahrtsstraßen erleben – Augustusplatz, Lindenauer Markt und Connewitzer Kreuz wurden kraft Verbotsverfügung der Stadt komplett gesperrt und sollen entsprechend polizeilich überwacht werden. Zudem untersagt eine Allgemeinverfügung der Stadt Leipzig bis zum 1. Januar 2021, 6 Uhr, sich irgendwo im Gebiet der Stadt Leipzig zu versammeln. Ãœber allem schwebt die Corona-Pandemie mit Krankenhäusern unter hohem Arbeitsdruck, ersten Impfkampagnen und der Hoffnung auf eine wiederkehrende Normalität.
Zu erwarten ist, dass sich die überwiegende Mehrheit heute wohl eher zurückhalten wird. Teils aus Eigenschutz, denn noch grassiert das SARS-Cov-2-Virus weitgehend ungehemmt angesichts der gerade erst gestarteten Impfungen, teils aus seit Jahren gewachsenen Überzeugungen, dass das ganze Knallen und Schießen irgendwie wenig verträglich für Umwelt, Tiere und die Luft zum Atmen ist.
Stiller wird es angesichts der weniger vorhandenen Knallgerätschaften und der leiseren Ouvertüre der vergangenen Stunden so oder so werden, Alkohol gibt es dank geschlossener Kneipen auch keinen, manche Kulturstätten bieten zumindest ein Onlineprogramm und Versammlungen bis zu 200 Personen sind im Vorfeld ebenfalls keine angemeldet worden.
Bliebe also die Frage, ob sich in Connewitz, am Augustusplatz und in Lindenau die Polizei heute „allein zu Haus“ wiederfindet oder es Proteste gegen das gestrenge Regiment vor Ort oder anderswo geben wird. Dann bekäme Torsten Schultze als amtierender Polizeipräsident dieser Stadt seine zweite Chance zu zeigen, wie man – wie seine Vorgänger im Amt – auch zu Silvester deeskalierend arbeiten kann.
Vorstellbar ist, dass die ausgesprochenen teils willkürlich wirkenden Verbote exakt dreier Plätze zu Verschiebungen im Leipziger Geschehen führen werden. Warum sich am Silvesterabend die geballte Staatsmacht am Connewitzer Kreuz ansehen gehen, wenn man sich natürlich maskiert und mit Sicherheitsabstand beispielsweise auf der Eisenbahnstraße oder diversen anderen Kreuzungen treffen kann. Anders als Dresden und Chemnitz hat sich die Stadt Leipzig nicht entschieden, das Abbrennen von Pyrotechnik in der gesamten Stadt zu untersagen.
Voraussagen zu treffen, ist in diesem Jahr wohl noch komplizierter als jemals zuvor. Bliebe also die Hoffnung angesichts der gewalttätigen Bilder vom letzten Jahresübergang, dass es mit dem Herunterfahren der Gesellschaft als eine Art Kollateralnutzen auch ein friedlicheres Silvester mit weniger Verletzten und so manchem entspannt schlafenden Haus- oder Wildtier in Leipzig gibt.
Die L-IZ.de wird, wie in jedem Jahr, unterwegs sein, nachsehen, was sich auf den Straßen tut und hier zu späterer Stunde (ab ca. 22:30 Uhr) in Form von Videosequenzen, Bildern und kurzen Eindrücken berichten. Zur Stunde wünschen wir allen unseren Leser/-innen einen guten Start ins neue Jahr und möglichst entspannte Stunden bis dahin. Vielleicht ja mit einem Online-Theaterstück des Schauspiel Leipzig (Start 16 Uhr) oder Verdi in einer Inszenierung der Oper Leipzig (17 Uhr)?
Der nackte Wahnsinn: Das Schauspiel Leipzig streamt am 31. Dezember seine Silvesterinszenierung von 2015
Silvester 2019/20 am Kreuz: Die Spirale dreht sich (2) + Videos
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Keine Kommentare bisher
Dankeschön für’s Berichten, ihr Lieben <3 Und den friedlichen Ãœbergang ins Neue Jahr von Herzen zurück.
Damit ihr bei Bild "Kreuz2.jpg" unter der Alu-Folie (^^) nicht investigativieren müsst,
hab ich mal geschaut.
Also die wollen da tauchen gehen.
Und mit der "Come up winch" irgendwas aus dem Wasser ziehen (Bild anhängend).
Das Sonderfahrzeug gibt's hier:
https://unterwegs-auf-der-autobahn.de/news/sonderfahrzeuge-daf-cf-fuer-die-bereitschaftspolizei-5050.html