Die Grundlage sozialarbeiterischen Handelns ist die Wahrung der Menschenrechte und der Auftrag sozialer Ungerechtigkeit entgegen zu wirken. Die Wรผrde des Menschen ist unantastbar!
Im Mittelalter als Nรคchstenliebe gegenรผber der Familie, Armen und Kranken beschrieben, entwickelte sich Soziale Arbeit รผber Jahrhunderte zu einem akademischen Beruf. In der Gegenwart angekommen, arbeiten Sozialarbeiter*innen mit vulnerablen Gruppen.
Das sozialpรคdagogische Handeln basiert dabei auf einer eigenstรคndigen Fachlichkeit und wissenschaftlichen Grundlagen. Auf individueller und struktureller Ebene setzen sich Praktiker*innen so fรผr die Themen und Bedรผrfnisse ihrer Adressat*innen ein.
Jedoch schรผtzt akademisches Wissen nicht vor Fehlverhalten oder sogar vor Menschenrechtsverletzungen. Die Geschichte zeigte, dass sich eine Vielzahl von Sozialarbeiter*innen, Mediziner*innen, Jurist*innen, Polizist*innen oder Lehrer*innen als Teil einer menschenverachtenden Ideologie verstanden.
Entgegen dem Ziel, Menschen in prekรคren und bedrohlichen Lebenssituationen zu schรผtzen oder zu begleiten, verletzten diese Praktiker*innen die Wรผrde der ihnen in Obhut befindenden Personen.
Dies verdeutlicht, dass sich diese Berufsgruppen in einem besonderen Spannungsfeld zwischen Menschenrechtsbildung und Menschenrechtsverletzung bewegen. Im Zuge einer immer stรคrkeren Verankerung der Menschenrechte in Politik und Gesellschaft, erklรคrte die UN-Dekade (1995-2004) Soziale Arbeit sowie die oben genannten Berufsgruppen zu Menschenrechtsprofessionen.
Die Menschenrechte bilden so eine weitere Legitimationsgrundlage Sozialer Arbeit. Folglich orientiert sich sozialpรคdadgogisches Handeln an den Artikeln der UN-Menschenrechtskonventionen (zum Beispiel Anti-Rassismuskonvention, Frauenrechtskonvention, Kinderrechtskonvention), der Europรคischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder der Allgemeinen Erklรคrung der Menschenrechte.
Die dort aufgefรผhrten Artikel beschreiben nicht nur Menschenrechtsverletzungen. Gleichzeitig verdeutlichen sie, welche strukturellen Rahmenbedingen benรถtigt werden, um einer Menschenrechtsverletzung entgegenwirken. In der Praxis fungieren die Menschenrechte so als Analyseinstrument und Orientierungshilfe.
Die Annahme, dass Menschenrechtsverletzungen nur in so genannten โEntwicklungslรคndernโ oder autokratisch regierten Gebieten zu finden sind, ist nicht nur falsch sondern auch ein lรคngst รผberholtes Vorurteil. Berichte von beispielsweise Amnesty International oder Human Rights Watch verdeutlichen dies.
Auch ein detaillierter Blick auf die von uns verรถffentlichten Thesen zeigt, dass hierzulande ebenso Menschenrechte verletzt werden. So sind unsere Anstrengungen zum Erhalt der Deutungshoheit des รถffentlichen Raumes, das Eintreten fรผr das Recht auf soziale Teilhabe. Mit der Forderung nach besseren Rahmenbedingungen und fairen Strukturen an Schulen, stehen wir fรผr das Recht auf Bildung ein.
Fรคlle von Ausgrenzung, Demรผtigung oder Missachtung begegnen wir mit dem Appell, dass โalle Menschen frei und gleich an Wรผrde und Rechten geboren werden.โ (Artikel 1 โ Allgemeine Erklรคrung der Menschenrechte). Beim Lesen der Menschenrechte wird deutlich, dass sie die Grundlage fรผr ein Leben in Wรผrde beschreiben.
Die zugrundeliegende Wertvorstellung der Wรผrde, die jeder Mensch unabhรคngig seiner Hautfarbe, Sexualitรคt, Herkunft, Religion, Sprache oder seines Alters besitzt, ist die fundamentale Grundlage Sozialer Arbeit. Folglich ist es unsere Aufgabe, fรผr die Menschenrechte einzustehen und diese politisch geltend zu machen. Tun wir dies nicht, missachten wir das Ethos unserer Arbeit und die Wรผrde der Menschen, mit denen wir tรคglich arbeiten.
Quellen:
Prof. Dr. Nevedita Prasad, Materialien und Inhalte Modul A1.2 Soziale Arbeit und Menschenrechte)
Ruth Groรmaร,Gudrun Perko; Einteilung der Ethik und ihre Bedeutung fรผr Soziale Berufe, In: Ethik fรผr Soziale Berufe, 2011
Menke, Christoph: Kapitel II: Begriffe, Begrรผndungen, Systematisierung: Menschenwรผrde, In: Pollmann, Arnd; Lohmann, Georg; Menschenrechte. Ein interdiziplinรคres Handbuch, J.B. Metzler 2012)
Silvia Staub-Bernasconi, Menschenwรผrde- Menschenrechte- Soziale Arbeit -Die Menschenrechte vom Kopf auf die Fรผรe stellen, 2019
Institut fรผr Menschenrechte: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/
Infos zur Thesen-Aktion: Anlรคsslich seines 25-jรคhrigen Bestehens hat der Mobile Jugendarbeit Leipzig e.V. einen Kalender mit 25 Thesen aus der Praxis zusammengestellt. Diese beziehen sich auf aktuelle Gegebenheiten und Entwicklungen in Gesellschaft und Jugendarbeit, auf die die Streetworker des Vereins in ihrer tรคglichen Arbeit stoรen. Die Thesen sollen zum Nachdenken und zur Diskussion anregen โ und im Idealfall den Anstoร fรผr einen Verรคnderungsprozess geben.
Mehr Infos zur Mobilen Jugendarbeit Leipzig e.V.:
www.kuebelonline.de
These #24: Das politische Motto unserer Zeit ist: โEs muss etwas geschehen โ aber es darf nix passierenโ.
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