Fast alles konzentriert sich auf die „Querdenken“-Großdemonstration, die mit mutmaßlich 20.000 Teilnehmer/-innen am Samstag auf dem Augustusplatz stattfinden soll. Doch bereits ab Freitagabend sind zahlreiche weitere Kundgebungen angekündigt. Unter anderem der wegen Volksverhetzung verurteilte Aktivist Michael Stürzenberger möchte nach Leipzig kommen. Antifaschist/-innen aus dem bürgerlichen und autonomen Spektrum wollen sämtliche Veranstaltungen verhindern.

Die Leipziger Innenstadt und angrenzende Gebiete werden sich ab Freitagabend in einen Hotspot für Pandemie-Verharmloser/-innen und deren Kritiker/-innen verwandeln. Das zeichnet sich in Anbetracht der bereits veröffentlichen Aufrufe zu Kundgebungen und Störaktionen bereits ab.

Den Auftakt soll am Freitag, den 6. November, eine Kundgebung „für Recht und Freiheit“ durch die Initiative „Köln ist aktiv“ bilden. Sie hat für die Veranstaltung auf dem Marktplatz unter anderem einen Bundespolizisten und die Youtuberin Miriam Hope angekündigt. Letztere veröffentlichte kürzlich gemeinsam mit einer Vielzahl rechtsradikaler Medienaktivist/-innen ein Werbevideo für die „Querdenken“-Großdemonstration in Leipzig.

Jene soll am Samstag, den 7. November, auf dem Augustusplatz starten. Eigentlich wollten die „Querdenker“ in Anlehnung an die Friedliche Revolution über den Ring laufen, doch die sächsische Corona-Schutzverordnung erlaubt nur stationäre Versammlungen. Die „Querdenker“ klagen nach eigenen Angaben gegen diese Einschränkung. Die gerichtliche Entscheidung, wo und wie deren Demonstration stattfindet, könnte im Extremfall erst Samstag fallen.

Augustusplatz offenbar zu klein

In einem auf Youtube veröffentlichten Interview äußerte Demoanmelder Nils Wehner, dass die Stadt den Augustusplatz als zu klein erachtet, um die erwarteten 20.000 Teilnehmer/-innen inklusive Mindestabständen unterzubringen. Im Gespräch sei angeblich eine Verlegung an den Stadtrand gewesen. Laut Wehner soll sich die Veranstaltungsfläche nun jedoch vom Augustusplatz bis zum Neuen Rathaus ziehen.

Wehner gab zudem bekannt, dass in der Nähe weitere Kundgebungen geplant seien: auf dem Bayrischen Platz, an der Moritzbastei, auf dem Simsonplatz und vor der Thomaskirche.

Ebenfalls für Samstag ruft der unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilte Aktivist Michael Stürzenberger zu einer Kundgebung auf dem Marktplatz auf. Dort möchte er nach eigenen Angaben über den politischen Islam „aufklären“. Zu erwarten sind jedoch rassistische Hetzreden. Eine ähnliche Veranstaltung ist bereits für Freitag in Halle geplant. Zudem soll es am Samstagvormittag einen Korso mit Traktoren und Fahrrädern von der Alten Messe in die Innenstadt geben.

Gegenprotest wohl so groß wie nie

Anders als bei den bisherigen Veranstaltungen von „Querdenken 341“ beziehungsweise „Bewegung Leipzig“ ist diesmal mit einem großen Gegenprotest zu rechnen. Bislang waren es höchstens einige hundert Personen, die gegen die Verschwörungsideologien auf die Straße gegangen sind.

Diesmal ruft jedoch nicht nur das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ zum Protest auf (ab 13 Uhr auf dem Augustusplatz), sondern auch die linksradikale Gruppe „Prisma“, die früher unter anderem gegen Legida-Aufmärsche und Neonazi-Demonstrationen aktiv war.

„Zu Beginn der Proteste der Corona-Leugnerinnen in Leipzig dominierte bei uns die Einschätzung, diese werden sich aufgrund der großen inhaltlichen Unterschiede bald von selbst erledigen“, schreibt Prisma in einem Aufruf. „Deshalb sahen wir nicht die Notwendigkeit, in größerem Umfang gegen sie vorzugehen.“ Diese Einschätzung habe sich jedoch „nicht bewahrheitet“. Der Aufmarsch am Samstag müsse „verhindert“ werden. Treffpunkt ist ebenfalls ab 13 Uhr der Leuschnerplatz.

Sitzblockaden gegen Pandemie-Verharmloser/-innen?

Neben dem organisierten Protest ist diesmal auch mit Aktionen von autonomen Antifa-Gruppen zu rechnen. Entsprechende Aufrufe kursieren seit Tagen unter anderem auf Indymedia und Social-Media-Plattformen. Dabei ist unter anderem davon die Rede, die „Querdenken“-Demonstration „anzugreifen“. Konkret dürfte es vor allem darum gehen, einen möglichen Aufzug – ob angemeldet oder spontan – durch Sitzblockaden zu verhindern.

Bei vergangenen Nazidemonstrationen in Leipzig kam es zudem wiederholt zu direkten Angriffen auf Teilnehmende. Ob so etwas diesmal wieder passieren wird, ist schwer einzuschätzen, da Neonazis wohl nur eine Nebenrolle spielen werden und das gesamte Geschehen unter Pandemie-Bedingungen stattfindet.

Der deutsche Journalistenverband sprach unterdessen eine Empfehlung an die Kolleg/-innen auf der Straße aus, vorsichtig zu sein. Aus Reihen der bürgerlichen Pandemie-Verharmloser/-innen und organisierten Neonazis hatte es bei vergangenen Demonstrationen mehrmals Angriffe gegeben.

In einem aktuellen Beitrag namens „Nagelt den Wichser an ein Kirchentor“ des Tagesspiegel kann man zudem lesen, wie die Bewegung mit Polizeibeamten umgeht, wenn diese sich nicht ihrem Willen beugen wollen und ihre Arbeit machen.

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„Querdenker“-Demo erhält Rückendeckung vom Freistaat und Motel One storniert

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